Rz. 35

[Autor/Stand] Die in § 178 Abs. 2 Satz 1 BewG enthaltene Formulierung, nach der Grundstücke, auf denen sich Gebäude befinden, die auf Dauer keiner Nutzung zugeführt werden können, als unbebaut gelten, folgt in Teilen der Formulierung in § 145 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 BewG. Entscheidend ist, dass die Nutzung am Bewertungsstichtag nicht nur vorübergehend, sondern auf Dauer ausgeschlossen ist.

 

Rz. 36

[Autor/Stand] Wird ein Gebäude am Bewertungsstichtag umgebaut, modernisiert oder fehlen einzelne wesentliche Ausstattungsmerkmale (z.B. Heizung, Wohnungstüren, Badezimmer), ist nur vorübergehend kein benutzbarer Raum vorhanden, so dass das Grundstück weiterhin als bebaut gilt[3]. Vgl. zu Baumängel, Bauschäden und aufgestautem Reparaturbedarf die Erläuterungen unter Rz. 49.

 

Rz. 37

[Autor/Stand] Ein zugemülltes Haus gilt nicht ohne weiteres als auf Dauer nicht bewohnbar[5]. Auch wenn im Zuge der Entrümpelung u.a. große Mengen Papier- und Essensreste, verschmutzte Wäsche und Geschirr, alte Konservendosen, Papier und Zeitungen sowie vertrocknete Pflanzen und durch einen Wasserschaden verfaulte Möbel aus dem Gebäude geschafft werden, führt die Lebensweise entsprechender Bewohner grds. nicht zu einer dauerhaften, sondern nur zu einer vorübergehenden Nutzungseinschränkung des Gebäudes. Die Bausubstanz dürfte im Regelfall nicht beeinträchtigt sein. Nur wenn die Lebensweise sich auch auf die Bausubstanz des Gebäudes ausgewirkt hat, beispielsweise durch Schimmelbefall, nicht mehr funktionstüchtige Fenster und Türen, defekte Heizungsanlage, Sanitärinstallationen, Wasserversorgung, Abwasserentsorgung und elektrische Installation, kann im Einzelfall auch die Bewertung als unbebautes Grundstück in Betracht kommen.

 

Rz. 38

[Autor/Stand] Die Frage, ob es zumutbar ist, ein Gebäude zu benutzen, richtet sich nach seinem tatsächlichen Zustand. Ein Raum bzw. eine Wohnung ist auf Dauer nicht benutzbar, wenn ein zu seiner Benutzung erforderlicher Gebäudeteil zerstört oder abgerissen ist (z.B. bei einem Teilabriss eines Gebäudes). Gleiches gilt, wenn der Raum oder der Gebäudeteil sich in einem Zustand befindet, der aus anderen Gründen der Bau- oder Gesundheitsaufsicht eine dauernde, der Zweckbestimmung entsprechende Benutzung des Raums nicht gestattet[7].

 

Rz. 39

[Autor/Stand] Ist das Gebäude am Bewertungsstichtag entkernt, d.h. es wurden bspw. Decken und Innenwände abgerissen, beinhaltet es keinen nutzbaren Raum und das Grundstück gilt als unbebaut[9]. Hintergrund ist, dass infolge der Entkernung keine bestimmungsgemäß benutzbaren Räume mehr enthalten sind. Dies gilt auch, wenn dies nur vorübergehend der Fall ist. Sind jedoch noch Kellerräume vorhanden, die am Bewertungsstichtag zu gewerblichen oder zu Wohnzwecken ausgebaut und deshalb auf Dauer benutzbar sind, ist das Grundstück noch weiter als bebautes Grundstück anzusehen.

 

Rz. 39.1

[Autor/Stand] Bei einer sog. Kernsanierung wird ein Gebäude in einen Zustand versetzt, der nahezu dem eines neuen Gebäudes entspricht. Dazu wird bei dem Gebäude zunächst alles außer der tragenden Substanz entfernt. Decken, Außenwände, tragende Innenwände und ggf. der Dachstuhl bleiben ggf. erhalten. Voraussetzungen für das Vorliegen einer Kernsanierung sind insb. die komplette Erneuerung der Dacheindeckung, der Fassade, der Innen- und Außenwände mit Ausnahme der tragenden Wände, der Fußböden, der Fenster, der Innen- und Außentüren sowie sämtlicher technischer Systeme wie z.B. der Heizung einschließlich aller Leitungen, des Abwassersystems einschließlich der Grundleitungen, der elektrischen Leitungen und der Wasserversorgungsleitungen, sofern diese technisch einwandfrei als neuwertig anzusehen sind. Für die Zeit der Kernsanierung bis zur Wiederherstellung der Bezugsfertigkeit stellen solche Objekte unbebaute Grundstücke dar.

 

Rz. 40

[Autor/Stand] Hat der Verfall oder die Zerstörung eines Gebäudes am Bewertungsstichtag ein solches Maß erreicht, dass auf Dauer eine Nutzbarkeit ausgeschlossen ist, gilt das Grundstück (wieder) als unbebautes Grundstück (vgl. dazu Rz. 46).

 

Rz. 41

[Autor/Stand] Das FG Münster hat mit dem zur Einheitsbewertung ergangenen Urteil vom 4.2.2021[13] entschieden, dass ein Grundstück trotz eines aufstehenden Gebäudes als unbebautes Grundstück zu bewerten ist, wenn das Gebäude aufgrund seines baulichen Zustands zum Stichtag nicht für den bestimmungsgemäßen Zweck benutzt werden kann. Das Urteil ist rechtskräftig. Die Entscheidungsgrundsätze gelten für die Grundbesitzbewertung entsprechend[14].

 

Rz. 42

[Autor/Stand] Im Streitfall, der dem Urteil des FG Münster zugrunde lag, handelte es sich um ein Grundstück eines ehemaligen Kasernengeländes (früheres Unteroffiziersheim (Wohngebäude)), auf dem sich ein Gebäude ohne sanitäre Einrichtungen und ohne Strom-, Wasser- und Wärmeversorgung befand. Die vorbezeichnete Versorgung wurde in 2001 komplett gekappt und erst in 2014 erfolgte nach Renovierung und Umbau zu einem Fort- und Weiterbildungszentrum ein Wiederanschluss an die Versorgung mit Strom, Wasser un...

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