Rz. 79

[Autor/Stand] Paradebeispiel eines synallagmatischen Zusammenhangs zwischen Leistung und Gegenleistung ist der Kaufvertrag, ein gegenseitiger Vertrag (§§ 320326 BGB), bei dem die vertragstypischen Hauptleistungspflichten der Beteiligten – des Verkäufers zur Besitzübergabe und Eigentumsverschaffung der Sache (§ 433 Abs. 1 BGB) und des Käufers zur Kaufpreiszahlung (§ 433 Abs. 2 BGB) – final miteinander verknüpft, also Entgelt i.S.d. § 10 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 UStG der jeweils eigenen Leistung sind.[2] Die Vertragspartner sind einander zugleich Gläubiger und Schuldner, die ihre Leistungspflichten übernommen haben um die Gegenleistung zu erhalten/beanspruchen.[3] Ob und inwieweit ein derart entgeltlicher Leistungsaustausch vorliegt, ist daher insbesondere anhand der maßgeblichen schuldrechtlichen Vereinbarungen zu prüfen.[4] Beachten Sie: Geht es um Leistungsbeziehungen zwischen Gesellschaftern und ihren Gesellschaften,[5] können selbstverständlich auch die gesellschaftsvertraglichen Regelungen relevant sein.[6]

 

Rz. 80

[Autor/Stand] Wesentlich für das Gegenseitigkeitsverhältnis ist dabei das Recht jedes Partners die eigene Leistung bei Nichterbringung der Gegenleistung verweigern zu dürfen und die Pflicht sie zu erbringen, wenn der andere Partner seinerseits vorgeleistet hat (Zug-um-Zug-Prinzip; §§ 320323 BGB). Vorleistungen sind, falls vertraglich erlaubt, selbstverständlich entgeltlich.[8] Sie führen dann nicht zu einer unentgeltlichen Bereicherung des Empfängers, wenn und soweit er die ihm obliegenden Leistungen alsbald vertragsgemäß vornimmt und damit seinerseits den Erfüllungsanspruch des Vorleistenden in entgeltlicher Weise tilgt (§ 362 Abs. 1 BGB).[9] Auch beim bloßen Ausbleiben der Gegenleistung muss die Leistung noch nicht unentgeltlich sein.[10] Verzichtet der (vor)leistende Partner jedoch auf seine Gegenleistungsforderung, wirkt sich die damit verbundene Korrektur des Entgelts nicht nur ggf. umsatzsteuerlich aus (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG).[11] Im Umkehrschluss hieraus hat der Verzichtende seinerseits nunmehr auch konsequent objektiv unentgeltlich geleistet (s. auch Rz. 31, 416).[12] Erst recht gilt dies, wenn der Leistungserbringer von einer Entgeltvereinbarung absieht ("konkludente Schenkungsabrede")[13] oder ein außergewöhnlich niedriges, lediglich symbolisches Entgelt verlangt.[14]

 

Rz. 81

[Autor/Stand] Nachträgliche[16] und zusätzliche[17] Leistungen werden unentgeltlich erbracht, soweit sie vertraglich nicht geschuldet sind,[18] wobei – im Hinblick auf die Freigebigkeit – regelmäßig davon auszugehen ist, dass jeder Partner seine Vertragspflichten kennt.[19] In Zweifelsfällen hilft die Frage, ob der Vorteilsempfänger im Falle des Ausbleibens der (Gegen-)Leistung eine Entschädigung verlangen kann oder seine eigenen Leistungspflichten reduzieren darf.[20] Heißt die Antwort Ja, besteht ein synallagmatischer Zusammenhang. Ein Nein bestätigt die Unentgeltlichkeit der Vorteilsgewährung; die Vermögensmehrung beruht insoweit nicht auf einem entgeltlichen Rechtsanspruch des Erwerbers gegenüber dem Schenker.[21] Ob die Beteiligten einander nahe stehen oder nicht, darf grds. nicht allein ausschlaggebend sein (s. Rz. 110 f.).[22]

 

Rz. 82

[Autor/Stand] Ein Leistungsaustauschverhältnis fehlt auch bei Ungewissheit über den Erhalt eines Entgelts. Deutlich wird dies insbesondere bei Preisgeldern und Spielgewinnen an Teilnehmer von Fernsehshows[24] oder Wettbewerben.[25] Da nicht umsatzsteuerbar, unterliegen solche Einnahmen folgerichtig der Schenkungsteuer; ob sie zusätzlich ertragsteuerlich erfassbar sind, hängt davon ab, wie weit man den Begriff der wirtschaftlichen Veranlassung ausdehnen will.[26]

[Autor/Stand] Autor: Hartmann, Stand: 01.06.2023
[2] Beim Mietvertrag geht es um die Gebrauchsgewährung gegen Miete (§ 535 Abs. 1 u. 2 BGB), beim Darlehen um die Überlassung von Geld/Sachen gegen Zins/Darlehensentgelt (§ 488 Abs. 1, § 607 Abs. 1 BGB); beim Dienst-/Arbeitsverhältnis sowie beim Werkvertrag stehen sich Dienstleistungspflicht bzw. Herstellungspflicht und Vergütungspflicht gegenüber (§§ 611 Abs. 1, 612, 631, 632 BGB); für Werklieferungsverträge gilt grundsätzlich Kaufrecht (§ 650 Abs. 1 Satz 1 BGB).
[5] Hinzuweisen ist auf UStAE 1.6.
[6] Beispiel: BGH v. 5.7.2018 – IX ZR 139/17, DB 2018, 2172; s. auch UStAE 1.6 Abs. 4 Sätze 6, 8, 13.
[Autor/Stand] Autor: Hartmann, Stand: 01.06.2023
[12] Im Falle eines Grundstückskaufvertrags greift damit § 3 Nr. 2 GrEStG; s. aber auch § 16 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG. Zur Lohnzahlung unter Verzicht auf die Arbeitsleistung BAG v. 14.10.2020 – 5 ...

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