I. Gewöhnliche Lebensdauer (Abs. 1 Satz 1)

1. Typisierende Betrachtung

 

Rz. 16

[Autor/Stand] Nach § 86 Abs. 1 Satz 1 BewG bestimmt sich die Wertminderung wegen Alters nach dem Alter des Gebäudes im Hauptfeststellungszeitraum und der "gewöhnlichen Lebensdauer von Gebäuden gleicher Art und Nutzung". Das Bewertungsgesetz bringt durch den Hinweis auf die gewöhnliche Lebensdauer von Gebäuden gleicher Art und Nutzung zum Ausdruck, dass es bei der Ermittlung der Wertminderung wegen Alters primär nicht auf die individuelle Lebensdauer des einzelnen Gebäudes ankommt, sondern maßgeblich auf eine gewöhnliche Lebensdauer nach allgemeinen Erfahrungssätzen abzustellen ist. Eine derart typisierende Betrachtung begründet sich durch die besonderen Erfordernisse eines die Feststellung des Einheitswerts darstellenden Massenverfahrens. Bei der Vielzahl der dabei insb. im Rahmen einer Hauptfeststellung durchzuführenden Bewertungen wäre eine Berücksichtigung der jeweiligen Lebensdauer nach den individuellen Verhältnissen des einzelnen Gebäudes praktisch nahezu nicht möglich.[2] Eine Höchstlebensdauer wird durch das Bewertungsgesetz nicht vorgeschrieben.

 

Rz. 17– 20

[Autor/Stand] Einstweilen frei.

[Autor/Stand] Autor: Knittel, Stand: 01.11.2023
[2] Krit. hierzu Halaczinsky in Rössler/Troll, § 86 BewG Rz. 7.
[Autor/Stand] Autor: Knittel, Stand: 01.11.2023

2. Zeitlicher Maßstab: Gewöhnliche Lebensdauer

 

Rz. 21

[Autor/Stand] Als zeitlichen Maßstab zur Berechnung der Wertminderung würde sich gewöhnlicherweise die Verwendung der

  • betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer (erfahrungsgemäß mindestens erreichbare Dauer der Einsatzfähigkeit),
  • wirtschaftlichen Nutzungsdauer (Dauer des Einsatzes unter Berücksichtigung wirtschaftlicher bzw. finanzwirtschaftlicher Ziele) oder
  • technischen Nutzungsdauer (Zeitraum, in dem das Gebäude technisch in der Lage ist, seinen Verwendungszweck zu erfüllen)

anbieten. Das Bewertungsgesetz verwendet jedoch abweichend davon nicht den Begriff der Nutzungsdauer, sondern den der "Lebensdauer". Mit der Verwendung des Begriffs Lebensdauer intendiert der Gesetzgeber, dass es hinsichtlich der Ermittlung des Bewertungsabschlages in erster Linie auf die Dauer der Verwendung des Gebäudes sowie die Bauart und somit technische Gesichtspunkte ankommt.[2]

 

Rz. 22

[Autor/Stand] Die gewöhnliche bzw. übliche[4] Lebensdauer eines Gebäudes wird erfahrungsgemäß von den zwei Komponenten Bauart des Gebäudes bzw. Nutzung des Gebäudes bestimmt. Erfahrungsgemäß bedeutet insoweit, dass hinsichtlich des unterstellten Zusammenhangs zwischen der angenommenen gewöhnlichen Lebensdauer und den Merkmalen Bauart sowie Nutzung kein eindeutiger bzw. zwingender Zusammenhang ex ante, d.h. zum Zeitpunkt der Festlegung der gewöhnlichen Lebensdauer, bestehen muss. Es kann aber insoweit unter normalen Umständen von einem solchem Zusammenhang ausgegangen werden.

 

Rz. 23

[Autor/Stand] Bei der Bauart kommt es im Wesentlichen auf die Baustoffe (z.B. Holz, Lehm, Steine, Stahlbeton, Metall), auf die Ausstattung (gering-, mittel bzw. hochwertig), auf die Bauweise (z.B. Holzbauten, Holzfachwerk-, Stahlfachwerk-, Ziegelmauerwerk-, Stahlbetonbauten, Bauten aus vorgefertigten Betonplatten) sowie auf die Baustatik (Tragfähigkeit von Decken und Wänden, Verhältnis von Grundfläche und Höhe etc.) an. So ist z.B. der Verschleiß von Bauteilen eines Holz- oder Holzfachwerkgebäudes gewöhnlich größer als im Falle eines Massivgebäudes.

 

Rz. 24

[Autor/Stand] Die Nutzung eines Gebäudes kann ebenfalls von besonderer Bedeutung für die gewöhnliche Lebensdauer sein. Z.B. können das Zusammenwirken von Wasser und Dampf mit Chemikalien, erhebliche Druckbelastungen sowie starke Erschütterungen die gewöhnliche Lebensdauer eines Gebäudes auch bei normaler laufender Unterhaltung erheblich herabsetzen. Auch wird z.B. der Verschleiß eines Massivgebäudes, in dem sich ein einfacher Montagebetrieb befindet, nicht derart groß sein wie bei einem vergleichbaren Massivgebäude, in dem sich ein sog. Nassbetrieb befindet. Von der wirtschaftlichen Verwendung eines Gebäudes geht im Allgemeinen ein ganz wesentlicher Einfluss auf die zu festzulegende gewöhnliche Lebensdauer aus.

 

Rz. 25

[Autor/Stand] Der Umstand, dass § 86 BewG für die Bemessung der Wertminderung wegen Alters auf die technische Lebensdauer des Gebäudes abstellt, schließt es regelmäßig aus, dass ein neu errichtetes Gebäude kurz nach seiner Errichtung bewertungsrechtlich als wirtschaftlich überaltert i.S.d. § 88 Abs. 2 BewG zu behandeln ist.[8]

 

Rz. 26– 35

[Autor/Stand] Einstweilen frei.

[Autor/Stand] Autor: Knittel, Stand: 01.11.2023
[2] Amtliche Begründung des Gesetzesentwurfs, BT-Drucks. IV/1488, 70 – s. die Kommentierung zu § 53c BewG; BFH v. 23.5.1980 – III R 117/78, BStBl. II 1980, 561, unter 2.
[Autor/Stand] Autor: Knittel, Stand: 01.11.2023
[Autor/Stand] Autor: Knittel, Stand: 01.11.2023
[Autor/Stand] Autor: Knittel, Stand: 01.11.2023
[Autor/Stand] Autor: Knittel, Stand: 01.11.2023

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