Rz. 54

[Autor/Stand] Kennzeichnend für die Schenkung i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ist eine Vermögensverschiebung:[2] Die Bereicherung des Bedachten muss durch eine auf Kosten des Zuwendenden verwirklichte Zuwendung geschehen sein. Dies erfordert nach maßgebender Interpretation des BFH eine "(objektiv) unentgeltliche"Leistung aus dem Vermögen des damit individualisierten Schenkers (s. Rz. 95 ff.).[3]

 

Rz. 55

[Autor/Stand] Die Unentgeltlichkeit der Zuwendung ist ein im Wortlaut der Vorschrift nicht erwähntes, ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Vielleicht mag es daran liegen, dass der II. BFH-Senat sich zum objektiven Tatbestand mehr oder weniger sibyllinisch äußert. So verlangt er – kumulativ(?) – die Bereicherung des Bedachten bzw. eine Vermögensverschiebung und die (objektive) Unentgeltlichkeit der Zuwendung.[5] Zugleich fordert er für die objektive Unentgeltlichkeit, dass der Empfänger frei über das Zugewendete verfügen könne,[6] verneint aber eine steuerbare Bereicherung, wenn dies nicht der Fall sei (s. Rz. 48).[7] Mit Hinweis auf seine ständige Rechtsprechung[8] betont er allerdings auch, "der Erwerb des zugewendeten Gegenstands, auf den kein Rechtsanspruch besteht", müsse unentgeltlich sein.[9] Dies lässt sich durchaus so verstehen, dass es um die Unentgeltlichkeit des Erwerbsvorgangs geht, der, gesetzlich als freigebige Zuwendung beschrieben, durch die Vermögensverschiebung verwirklicht und erst mit ihrer Endgültigkeit ausgeführt wird.[10]

 

Rz. 56

[Autor/Stand] Unentgeltlichkeit bedeutet dabei Unabhängigkeit der Leistung von einer Gegenleistung im Verhältnis zwischen Schenker und Erwerber.[12] Hierzu ist im Einzelnen zu prüfen,[13]

  • ob und inwieweit die Leistung des Zuwendenden (des Schenkers)
  • nach den grundsätzlichen Regeln des Zivilrechts in Anwendung der höchstrichterlichen Zivilrechtsprechung
  • rechtlich – d.h. synallagmatisch, konditional oder kausal – verknüpft ist mit einer Gegenleistung bzw. einem entsprechenden Rechtsanspruch des Bedachten,
  • der dadurch in geldwerter Weise tatsächlich belastet sein muss (§ 7 Abs. 3 ErbStG – s. Rz. 402 f., 407 f.)[14].
 

Rz. 57

[Autor/Stand] Die Unentgeltlichkeit des Erwerbs/der Zuwendung wird über die Gegenleistung determiniert.[16] Dies zeigt sich vor allem daran, dass eine Leistung bei Fehlen einer(s) Gegenleistung(sanspruchs) stets unentgeltlich[17] und bei Vorhandensein einer(s) Gegenleistung(sanspruchs) entgeltlich nur insoweit erfolgt, als sich die beiden wechselseitig voneinander abhängigen Leistungen wertmäßig entsprechen (ggf. gemischte Schenkung – s. Rz. 64).[18]

 

Rz. 58

[Autor/Stand] Funktionell betrachtet stellt das Merkmal der objektiven Unentgeltlichkeit die notwendige Verbindung her zwischen der Bereicherung des Erwerbers und der Zuwendung des Schenkers. Es dient damit gleichzeitig der Personifizierung der Steuerschuldner und außerdem als entscheidendes Kriterium zur Beurteilung der Freigebigkeit des Schenkers, die regelmäßig nach dem Ausmaß des Ungleichgewichts von Leistung und Gegenleistung zu bestimmen ist (s. auch Rz. 114).[20]

 

Rz. 59

[Autor/Stand] Einstweilen frei.

[Autor/Stand] Autor: Hartmann, Stand: 01.06.2023
[Autor/Stand] Autor: Hartmann, Stand: 01.06.2023
[8] Insb. das "grundlegende" BFH-Urteil v. 2.3.1994 – II R 59/92, BStBl. II 1994, 366 (unter II.1.).
[Autor/Stand] Autor: Hartmann, Stand: 01.06.2023
[13] BFH v. 2.3.1994 – II R 59/92, BStBl. II 1994, 366; R E 7.1 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Sätze 2, 3 ErbStR 2019.
[14] Zuletzt BFH v. 1.9.2021 – II R 40/19, Rz. 10, 13/16, BStBl. II 2023, 146 = ErbStB 2022, 109 (Heinrichshofen).
[Autor/Stand] Autor: Hartmann, Stand: 01.06.2023
[16] S. auch BGH v. 5.9.2017 – X ZR 119/16, juris; BGH v. 13.2.2014 – IX ZR 133/13, DB 2014, 592.

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