Rz. 39

[Autor/Stand] Die Bewertung der Sonderfälle i.S. des § 147 BewG wird häufig als Parallele zu einem Sachwertverfahren verstanden, das bereits 1964 im Rahmen der Einheitsbewertung für Zwecke der Grundsteuer vorgesehen ist. Eine Parallele zwischen einem am Wert der Sache orientierten Bewertungsverfahren und dem ausschließlich an Steuerbilanzwerten ausgerichteten Bewertungsverfahren des § 147 BewG besteht jedoch allenfalls hinsichtlich der Abfolge der Rechenschritte. Im Übrigen sind die Unterschiedlichkeiten so erheblich, dass im Ergebnis bei der Bewertungsvorschrift des § 147 BewG nicht ernsthaft von einem "Sachwertverfahren" ausgegangen werden kann.

 

Rz. 40

[Autor/Stand] Die Einheitsbewertung auf den 1.1.1964 kennt neben der Bewertung nach dem Jahresrohmietenverfahren eine Bewertung im Sachwertverfahren unter getrenntem Ansatz des Bodenwerts, des Gebäudewerts und des Werts der Außenanlagen, ermittelt nach den Wertverhältnissen auf den 1.1.1964 (§ 83 BewG). Der so ermittelte Ausgangswert ist durch eine Wertzahl (§ 90 BewG) an den gemeinen Wert anzugleichen.

Mit der Entscheidung des BVerfG vom 18.4.2018[3] ist die Einheitsbewertung mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes unvereinbar. Dem Gesetzgeber stehen vielfältige Möglichkeiten zur Schaffung eines verfassungsgemäßen Zustandes zu Verfügung. Mit Blick auf drohende Vollzugsprobleme sowie die erhebliche finanzielle Bedeutung der Grundsteuer hat das BVerfG die Fortgeltung der beanstandeten Regelungen zunächst bis zum Ergehen einer Neuregelung, insoweit längstens bis zum 31.12.2019, angeordnet. Darüber hinaus hat das BVerfG aufgrund der besonderen Sachgesetzlichkeiten der Grundsteuer (Umsetzungsaufwand einer Neubewertung) eine weitere Fortgeltung der beanstandeten Normen für fünf Jahre nach Verkündung der Neuregelung, längstens aber bis zum 31.12.2024, angeordnet.

 

Rz. 41

[Autor/Stand] Im Sachwertverfahren bewertet werden

  • aufwändig gestaltete bzw. ausgestattete Ein- und Zweifamilienhäuser,
  • Geschäftsgrundstücke, für die weder eine Jahresrohmiete noch eine übliche Miete vorliegt, sowie
  • sonstige bebaute Grundstücke.
 

Rz. 42

[Autor/Stand] Das Sachwertverfahren kommt bei den Geschäftsgrundstücken insb. für Fabrikgrundstücke, Theatergrundstücke, Kinos, Sanatorien, Kliniken, Privatschulen, Grundstücke mit größeren Verwaltungsgebäuden, Bank- und Versicherungsgebäude, Werkstätten, Garagengrundstücke, Tankstellengrundstücke, Molkereigrundstücke, Kühlhäuser, Trockenhäuser, Markthallen, Verkaufsstände, Ausstellungs- und Messehallen, Trinkhallen, Hallenbäder, Badehäuser, Transformatorenhäuser, Hotelgrundstücke, Warenhausgrundstücke und Lagerhäuser in Betracht. Hinsichtlich der Frage, in welchen Fällen das Sachwertverfahren der Einheitsbewertung anzuwenden ist, besteht eine gewisse Parallele zur Anwendbarkeit des Bewertungsverfahrens für Sonderfälle nach § 147 BewG.

 

Rz. 43

[Autor/Stand] Der Grund und Boden ist bei der Einheitsbewertung (§ 84 BewG) mit dem Wert anzusetzen, der sich ergeben würde, wenn das Grundstück unbebaut wäre. Maßgebend sind die Wertverhältnisse vom 1.1.1964. Lässt sich der Wert des Grund und Bodens nicht aus Verkaufspreisen für vergleichbare benachbarte Grundstücke ableiten, sind zur Wertermittlung die von den Gutachterausschüssen aufgestellten Bodenrichtwertkarten heranzuziehen. Individuelle Eigenschaften des zu bewertenden Grundstücks sind bei der Wertfindung durch Korrekturen des Bodenrichtwerts zu berücksichtigen.

 

Rz. 44

[Autor/Stand] Der Gebäudewert errechnet sich aus dem umbauten Raum nach der DIN 277 (1950) und den nach den Baupreisverhältnissen von 1964 hochgerechneten durchschnittlichen Raummeterpreisen (§ 85 Sätze 1 und 2 BewG; vgl. Anlagen 13 bis 15 zu den Bewertungsrichtlinien v. 19.9.1966). Als Ergebnis erhält man den Gebäudenormalherstellungswert, der dem Neuwert des Gebäudes entspricht. Bei Gebäuden, die vor dem 1.1.1964 errichtet worden sind, ist der Gebäudenormalherstellungswert um die bis zum 1.1.1964 eingetretene Alterswertminderung zu kürzen. Maßgebend für die Alterswertminderung ist neben dem Alter des Gebäudes am 1.1.1964 die gewöhnliche Lebensdauer, wobei von einer jährlich gleichbleibenden Wertminderung auszugehen ist (§ 86 Abs. 1 BewG). Als Wertminderung darf insgesamt kein höherer Betrag abgezogen werden, als sich bei einem Alter von 70 % der Lebensdauer ergibt (§ 86 Abs. 3 BewG).

 

Rz. 45

[Autor/Stand] Der um die Alterswertminderung gekürzte Gebäudenormalherstellungswert ist in besonderen Fällen noch um Zu- oder Abschläge zu korrigieren. Ein Abschlag kann insb. wegen baulicher Mängel und Schäden in Betracht kommen (§ 87 BewG). Darüber hinaus ist der Gebäudenormalherstellungswert zu ermäßigen wegen

  • Berg-, Wasser- und Erschütterungsschäden,
  • ungewöhnlich starker Beeinträchtigung durch Lärm, Rauch und Gerüche,
  • Altlasten,
  • wirtschaftlicher Überalterung,
  • unorganischen Aufbaus,
  • der Notwendigkeit baldigen Abbruchs und
  • Stilllegung bei Fabrikgrundstücken.
 

Rz. 46

[Autor/Stand] Der Wert der Außenanlagen bemisst sich ebenfalls nach den Normalherstellung...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge