Rz. 37

[Autor/Stand] Das Finanzamt ist grundsätzlich nicht an das vom Steuerpflichtigen vorgelegte Sachverständigengutachten gebunden. Vielmehr unterliegt das Gutachten der freien Beweiswürdigung durch das Finanzamt.[2] Bei der Würdigung des Gutachtens wird das Finanzamt insbesondere prüfen, ob im Gutachten alle wertbeeinflussenden Umstände berücksichtigt worden sind. Dazu gehören auch werterhöhende Umstände. Somit wird das Finanzamt das Gutachten auf Schlüssigkeit und Richtigkeit prüfen. Bei methodischen Mängeln oder unzutreffenden Wertansätzen wird das Finanzamt das Gutachten zurückweisen. Regelmäßig wird das Finanzamt kein Gegengutachten erstellen.

 

Rz. 38

[Autor/Stand] Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung muss der Steuerpflichtige den Nachweis so durch ein Sachverständigengutachten führen, dass ihm von Gerichten ohne Bestellung weiterer Sachverständiger gefolgt werden kann.[4] Mit dieser Rechtsprechung wird letztlich sichergestellt, dass der Steuerzahler seine Nachweislast nicht dadurch umgehen kann, dass er – von vornherein – ein mangelhaftes Gutachten vorlegt und innerhalb des finanzgerichtlichen Verfahrens die Kosten für ein vom Gericht in Auftrag gegebenes Gutachten im Falles seines Obsiegens auf die Finanzverwaltung abwälzen kann.

 

Rz. 38.1

[Autor/Stand] Mit Urteil vom 11.9.2013[6] geht der BFH noch einen Schritt weiter. Er vertritt die Auffassung, dass der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts gemäß § 146 Abs. 7 BewG a.F. nur durch ein Gutachten erbracht werden kann, das der örtlich zuständige Gutachterausschuss oder ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für die Bewertung von Grundstücken erstellt hat. Damit hebt der BFH im Ergebnis auf eine formelle Qualifikation der nachweisenden Person ab.[7] Zwar betrifft das Urteil des BFH noch die Rechtslage des § 146 Abs. 7 BewG a.F. Allerdings hat die Entscheidung ebenso Bedeutung für die Vorschrift des § 198 BewG, weil inhaltlich keine Unterschiede bestehen.

 

Rz. 38.2

[Autor/Stand] Für die Auffassung des BFH spricht, dass den Steuerzahler die Nachweislast eine niedrigeren gemeinen Wert trifft und nicht eine bloße Darlegungslast (so auch R B 198 Abs. 1 Satz 2 ErbStR). Daraus hat der BFH abgeleitet, dass der Steuerzahler den Nachweis durch Sachverständigengutachten regelmäßig nur dann erbracht hat, wenn das Gutachten vom örtlich zuständigen Gutachterausschuss oder von einem Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken erstellt wurde. Dabei betont der BFH ausdrücklich, dass der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Wertes nur durch ein Gutachten erbracht werden kann, das der örtlich zuständige Gutachterausschuss oder ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für die Bewertung von Grundstücken erstellt hat.

 

Rz. 38.3

[Autor/Stand] Der BFH führt hierzu aus:

  „31 aa) Nach § 146 Abs. 7 BewG ist ein niedrigerer Wert festzustellen, wenn der Steuerpflichtige einen niedrigeren gemeinen Wert nachweist. Der Steuerpflichtige trägt insoweit die Nachweislast. Er kann den Nachweis durch Sachverständigengutachten regelmäßig nur durch ein Gutachten des örtlich zuständigen Gutachterausschusses oder eines Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken führen (BFH-Urteil vom 10. November 2004 II R 69/01, BFHE 207, 352, BStBl II 2005, 259). Bei dem Sachverständigen muss es sich um einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen handeln. Aufgrund der Nachweislast obliegt es dem Steuerpflichtigen nämlich, den Nachweis durch Sachverständigengutachten so zu führen, dass ihm das FG regelmäßig ohne Bestellung weiterer Sachverständiger folgen kann. Dieses Ziel würde verfehlt, wenn Gutachten anderer Personen für den Nachweis durch den Steuerpflichtigen zugelassen würden, weil das FG zunächst Feststellungen zur fachlichen Eignung dieser Personen treffen und zur Überprüfung der Feststellungen ggf. sich eines weiteren Sachverständigen bedienen müsste. Damit träfe den Steuerpflichtigen im Ergebnis entgegen der gesetzlichen Wertung nicht mehr die Nachweislast, sondern allenfalls noch eine Darlegungs- und Feststellungslast (BFH-Urteil in BFHE 207, 352, BStBl II 2005, 259; Knobel in Viskorf/Knobel/Schuck/Wälzholz, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, 4. Aufl., § 198 BewG Rz 7).
  32 bb) Ob das Gutachten inhaltlich den geforderten Nachweis erbringt, unterliegt der freien Beweiswürdigung des Finanzamts und ggf. der Gerichte (BFH-Urteile vom 3. Dezember 2008 II R 19/08, BFHE 224, 268, BStBl II 2009, 403, und vom 5. Mai 2010 II R 25/09, BFHE 230, 72, BStBl II 2011, 203). Der Nachweis ist erbracht, wenn dem Gutachten ohne Einschaltung bzw. Bestellung weiterer Sachverständiger gefolgt werden kann. Einem Gutachten, das bei Fehlen bewertungsrechtlicher Sonderregelungen den Vorgaben der Wertermittlungsverordnung (bzw. für Bewertungsstichtage ab 1. Juli 2010 den Vorgaben der Immobilienwertermittlungsverordnung vom 19. Mai 2010, BGBl I 2010, 639) entspricht und plausibel ist, wird regelmäßig zu folgen sein (BFH-Urteile i...

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