Rz. 61

[Autor/Stand] § 90 BewG bzw. die Verordnung enthält in Zusammenhang mit den Tatbestandsmerkmalen Fabriken und Werkstätten des Handwerks keine Begriffsdefinition. Es kann davon ausgegangen werden, dass der Anwendungsbereich für Fabriken und Werkstätten weit zu ziehen ist. Unter den Begriff der Fabrik lassen sich nach allgemeinem Sprachgebrauch alle Formen von Produktionsstätten im industriellen Maßstab fassen, die eine größere Anzahl unterschiedlicher Arbeitsvorgänge vereinigt und wesentlich mit Hilfe von Maschinen, Personal und einer Betriebsführung Erzeugnisse herstellen. In Abgrenzung dazu ist bei Werkstätten die maschinelle Ausrüstung meist nur geringfügig und vor allem durch Handarbeit mit unterschiedlichen Formen der Ausprägung von Arbeitsteilungen gekennzeichnet. Inhaltlich deckungsgleich mit dem Begriff Werkstatt ist eine Manufaktur.

 

Rz. 62

[Autor/Stand] Die Wertzahlen sind bei Grundstücken von Fabriken und Werkstätten des Handwerks für alle Industriezweige gleich hoch. Es erfolgt lediglich eine Abstufung nach der Höhe des Ausgangswerts und bei einem Ausgangswert bis zu 1 Mio. DM nach Altbauten, Neubauten und Nachkriegsbauten. Bei einem Ausgangswert

  • bis zu 500.000 DM beträgt die Wertzahl für Altbauten 70, für Neubauten 75 und für Nachkriegsbauten 80;
  • über 500.000 DM bis zu 1 Mio. DM sind die entsprechenden Wertzahlen für Altbauten 70, für Neubauten 75 und für Nachkriegsbauten 75;
  • von über 1 Mio. DM besteht für alle Fabriken und Werkstätten des Handwerks eine einheitliche Wertzahl von 70.
 

Rz. 63

[Autor/Stand] Die Abstufung der Wertzahlen kann dazu führen, dass sich bei Ausgangswerten bis zu 500.000 DM höhere Einheitswerte ergeben als bei Ausgangswerten über 500.000 DM bis zu 1 Mio. DM. Ebenso können sich bei Ausgangswerten von 500.000 DM bis 1 Mio. DM höhere Einheitswerte als bei Ausgangswerten über 1 Mio. DM ergeben. Das Ergebnis, dass bei niedrigeren Ausgangswerten höhere Einheitswerte entstehen als bei vergleichsweise höheren Ausgangswerten, tritt bei Ausgangswerten ein, die nahe an den Grenzen der in der WertVO für die Abstufung der Wertzahlen festgelegten Ausgangswerte liegen.

 

Rz. 64

 

Beispiele

Beispiel 1: Der Ausgangswert (d.h. Wert im Hauptfestellungszeitpunkt 1.1.1964) für ein Fabrikgrundstück, dessen Gebäude nach dem 20.6.1948 bezugsfertig geworden sind – Nachkriegsbauten –, beträgt 500.000 DM.

Die anzuwendende Wertzahl beträgt gem. § 2 Buchst. A. Nr. 1 WertVO demnach 80 (Ausgangswert bis zu 500.000 DM; Nachkriegsbau). Es ergibt sich somit ein Einheitswert von

.

Beispiel 2: Der Ausgangswert ist in Abweichung zu Beispiel 1 jedoch 500.001 DM.

Es ist gem. § 2 Buchst. A. Nr. 1 WertVO die Wertzahl 75 anzuwenden (Ausgangswert bis zu 1 Mio. DM; Nachkriegsbau). Es ergibt sich somit unter Berücksichtigung der Abrundungsvorschrift (§ 30 BewG) ein Einheitswert von

.

Beispiel 3: Der Ausgangswert für ein Fabrikgrundstück, dessen Gebäude in der Zeit v. 1.4.1924–20.6.1948 bezugsfertig geworden sind – Neubauten – oder dessen Gebäude nach dem 20.6.1948 bezugsfertig geworden sind – Nachkriegsbauten –, beträgt 1. Mio. DM.

Es ist gem. § 2 A. Nr. 1 WertVO sowohl für die Neubauten als auch für die Nachkriegsbauten die Wertzahl 75 anzuwenden. Es ergibt sich somit ein Einheitswert von

.

Beispiel 4: Der Ausgangswert beträgt in Abweichung zu Beispiel 3 bei einem Fabrikgrundstück 1.000.001 DM.

Es ist gem. § 2 A. Nr. 1 WertVO die Wertzahl 70 anzuwenden. Es ergibt sich ein Einheitswert von

.

 

Rz. 65

[Autor/Stand] Die Beispiele zeigen, dass sich an der Grenze eines Ausgangswerts von 500.000 DM Überschneidungen bis zur Höhe von 25.000 DM (vgl. die Beispiele 1 und 2) und an der Grenze eines Ausgangswerts von 1 Mio. DM Überschneidungen bis zur Höhe von 50.000 DM (vgl. die Beispiele 3 und 4) ergeben. Hinsichtlich der Überschneidungen, die sich durch die Abstufungen der Wertzahlen für Fabriken und Werkstätten des Handwerks nach der WertVO ergeben, wurden Höchstbeträge für den Einheitswert für die Fälle festgelegt, in denen sich der Ausgangswert der Grenze von 500.000 DM oder 1 Mio. DM nähert. Entsprechend wurden folgende Begrenzungen festgelegt[5]:

  • bei Nachkriegsbauten mit einem Ausgangswert zwischen 468.875 DM und 500.000 DM auf 375.000 DM,
  • bei Neubauten und Nachkriegsbauten mit einem Ausgangswert zwischen 933.466,67 DM und 1.000.000 DM auf 700.000 DM.
 

Rz. 66

[Autor/Stand] Im Gegensatz zu der gegenwärtigen Regelung wurde bei der Hauptfeststellung 1935 für Fabrikgrundstücke die Wertangleichung an den gemeinen Wert auf der Grundlage von Nutzungsziffern und Wertzahlen vorgenommen. Die Nutzungsziffern wurden durch Beurteilung der Kapazitätsausnutzung bei den einzelnen Industriezweigen festgelegt. Dieses Nutzungsziffernsystem hat das BewG 1965 nicht übernommen. Gegen die Abstellung der Wertangleichung auf die Ausnutzung der Kapazität des einzelnen Industriezweigs bestanden Bedenken. Zutreffend wurde dabei darauf hingewiesen, dass im Gegensatz zur Kapazitätsauslastung die Nutzungsmöglichkeit bei der Veräußerung für die Käuferinteressen – und da...

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