Rz. 86

[Autor/Stand] Die Ertragswertmethode kommt zur Ermittlung des gemeinen Werts aller Wirtschaftsgüter in Betracht, welche zukünftige Erträge erwirtschaften. Die Methode stellt auf das Ertragspotential eines Wirtschaftsguts ab. Der gemeine Wert ist durch Kapitalisierung der Erträge zu ermitteln, sofern für die Vergleichswertmethode relevante Verkäufe nicht oder zu selten erfolgt sind bzw. die veräußerten Wirtschaftsgüter nicht oder nicht vollständig vergleichbar sind.[2] Grundsätzlich ist der Ertragswert mit dem gemeinen Wert gleichzusetzen, d.h. der Ertragswert entspricht dem gemeinen Wert.[3] Veräußerungspreis und Ertragswert eines Wirtschaftsgutes können voneinander abweichen, wenn sich auf dessen gemeinen Wert neben dem erwarteten Ertrag zusätzlich andere Umstände auswirken (z.B. spekulative, subjektive oder strategische Faktoren).[4] Gewöhnlicherweise liegen in erster Linie Unternehmen – unabhängig von der Rechtsform – und Immobilien im Anwendungsbereich der Ertragswertmethode. Bei Grundstücken kommt das Ertragswertverfahren insb. in Betracht, wenn der nachhaltig erzielbare Ertrag für die Wertschätzung am Markt wesentlich ist (z.B. bei Miet- und Geschäftsgrundstücken sowie gemischt genutzten Grundstücken).

 

Rz. 87

[Autor/Stand] Aufgrund der Zukunftsorientierung der Ertragswertmethode sind nicht Zahlungsüberschüsse oder Gewinne vergangener Perioden, sondern erwartete Zukunftserfolge des Wirtschaftsgutes zu berücksichtigen. Vor diesem Hintergrund ist zur Ermittlung des gemeinen Werts im Bewertungszeitpunkt die Zukunftserfolgsreihe mit Hilfe eines Zinsfußes auf den Barwert zu diskontieren. In Anbetracht der Unsicherheit der zukünftigen Erträge erfolgt im Allgemeinen eine Diskontierung der Erwartungswerte mit einem risikoangepassten Zinsfuß. Für die Ermittlung zukünftiger Erträge können die in der Vergangenheit erzielten Ergebnisse als Orientierungshilfe herangezogen werden (vgl. hierzu auch § 201 Abs. 1 BewG).

Für die Ermittlung des Zukunftserfolges sind lediglich die am Stichtag erkennbaren zukünftigen Entwicklungen und Umstände bewertungsrelevant. Wertaufhellende Umstände sind auf solche Erkenntnisse begrenzt, deren Ursprung im Zeitraum bis zum Bewertungsstichtag liegt. Als die zukünftige Ertragsreihe abschließende Größe ist in Abhängigkeit vom Einzelfall auch ein möglicher Veräußerungserlös in die Ertragswertermittlung einzubeziehen. Unabhängig von den praktischen Schwierigkeiten bei der Ermittlung des Zukunftserfolges und des Kalkulationszinssatzes sowie der Berücksichtigung von Unsicherheiten besteht zu dieser Vorgehensweise bei ertragbringenden Wirtschaftsgütern für die Feststellung des gemeinen Werts nach den allgemein geltenden Bewertungsgrundsätzen keine Alternative.

 

Rz. 88

[Autor/Stand] Gemäß der Neuregelung des § 11 Abs. 2 BewG durch das Erbschaftsteuerreformgesetz muss die Bewertung des Betriebsvermögens nicht ausschließlich auf der Basis eines Ertragswertverfahrens erfolgen. Vielmehr werden weitere Bewertungsmethoden – insb. das vereinfachte Ertragswertverfahren gem. § 199 BewG – gesetzlich normiert, die bei der Ermittlung des gemeinen Werts ebenfalls berücksichtigt werden können. Damit steht es dem Steuerpflichtigen auch frei, neben der Bewertung auf Basis von Erträgen eine Bewertung auf Basis von Zahlungsüberschüssen vorzunehmen (DCF-Methode). Eine Bewertung unter Zugrundelegung von Multiplikatorverfahren (z.B. Umsatzmultiplikatoren) kommt ebenfalls als zulässige Ermittlungsmethode des gemeinen Werts in Betracht. Es besteht allerdings nicht die Möglichkeit, anstelle des Ertragswertes eines Wirtschaftsgutes (z.B. Unternehmen) auf eine Kombination aus Substanzwert und "Goodwill" abzustellen.[7]

 

Rz. 89

[Autor/Stand] Im Zusammenhang mit im Anwendungsbereich des Ertragswertverfahrens liegenden Wirtschaftsgütern kann m.E. auch auf die Bewertung qualifizierter Dritter zurückgegriffen werden, sofern diese Bewertung auf der Grundlage eines anerkannten Bewertungsverfahrens vorgenommen worden ist. Als Anwendungsfall hierzu kommt die Ermittlung des gemeinen Werts eines Anteils an einem Private-Equity-Fonds (sog. PE-Fonds) in Betracht. Eine herkömmliche Bewertung nach dem Ertragswertverfahren oder vergleichbaren Verfahren durch den Steuerpflichtigen selbst ist aufgrund der in der Praxis schwierigen Informationsbeschaffung in vielen Fällen nahezu nicht möglich. Hinzu kommen zahlreiche sich aus der Fondstrukturierung und -abwicklung ergebende Sonderaspekte (u.a. eingeschränkte Übertragbarkeit der Anteile, beschränkte Kündigungsmöglichkeiten des Investors, Möglichkeit zur Einziehung der Anteile des Investors bei Nichteinzahlung des abgerufenen Anteils, beschränkte Verkaufsmöglichkeiten über den Sekundärmarkt). Allerdings werden durch die Private-Equity-Fonds gewöhnlich quartierlich Zeitwerte für das sog. Fondsreporting aufgrund des Informationserfordernisses der Investoren ermittelt. Diese werden nach den folgenden Grundsätzen berechnet:

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