Rz. 52

[Autor/Stand] Nur auf Antrag wird der Nacherbe entsprechend seinem Verhältnis zum Erblasser besteuert (§ 6 Abs. 2 Satz 2 ErbStG). Darunter ist das Verwandtschaftsverhältnis zu verstehen. Der Antrag wirkt sich daher nur auf die Steuerklasse aus und auf die Besteuerungsmerkmale, die damit zusammenhängen.[2] Dies sind inbesondere alle sachlichen Steuerbefreiungen, die an die Steuerklasse anknüpfen (§ 13 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 6, Nr. 10 ErbStG). Frühere Schenkungen des Vorerben an den Nacherben sind innerhalb des Zehnjahreszeitraums des § 14 ErbStG im Nacherbfall zusammenzurechnen, nicht jedoch frühere Schenkungen des Erblassers zugunsten des Nacherben.[3] Der zum Nacherben eingesetzte Ehegatte kann nach Tod des vorverstorbenen, zum Vorerben eingesetzten Ehegatten § 5 ErbStG und den Versorgungsfreibetrag nach § 17 Abs. 1 ErbStG für Ehegatten beanspruchen, da der überlebende Ehegatte (Nacherbe) von seinem vorverstorbenen Ehegatten (Vorerbe) erwirbt (§ 6 Abs. 2 Satz 1 ErbStG).[4]

 

Rz. 53

[Autor/Stand] Ein Antrag nach § 6 Abs. 2 Satz 2 ErbStG ist immer dann sinnvoll, wenn nach dem Verhältnis zum Erblasser die Versteuerung zu einem günstigeren Ergebnis führt. Dies hängt von den Umständen des Einzelfalles, insbesondere aber auch davon ab, was unter einer "Versteuerung im Verhältnis zum Erblasser" im Einzelnen zu verstehen ist. Nach der derzeitigen Rechtslage lässt sich jedoch diese Frage nicht eindeutig beantworten. Fest steht nur, dass die Steuerklasse, die sich für den Nacherben im Verhältnis zum Erblasser ergibt, zu berücksichtigen ist und dass hieraus auch die Folgerungen für den Freibetrag und den Steuersatz zu ziehen sind, die in § 6 Abs. 2 Satz 3 bis 5 ErbStG unmittelbar angesprochen werden.[6]

 

Rz. 54

 

Beispiele:

  a) Der Vater setzt seinen Sohn A zum Erben und für den Fall, dass beim Tode des A keine Abkömmlinge leben, den Sohn B zum Nacherben ein. Ohne Antrag wird der Erwerb des Sohnes B nach Steuerklasse II, mit Antrag dagegen nach Steuerklasse I besteuert.
 

Rz. 55

 
Praxis-Beispiel
  b) Der Vater setzt statt des Sohnes B die Ehefrau des A zum Nacherben ein. Diese würde beim Tode des A ohne Antrag nach Steuerklasse I, dagegen mit Antrag nach Steuerklasse II besteuert. Hier erübrigt es sich dann, einen Antrag zu stellen.
 

Rz. 56

[Autor/Stand] In aller Regel ist die Steuerklasse im Verhältnis zum Vorerben günstiger oder führt zumindest zu dem gleichen Ergebnis wie die im Verhältnis zum Erblasser. In solchen Fällen würde deshalb ein Antrag gegenstandslos sein.[8]

 

Rz. 57

[Autor/Stand] Das Finanzamt hat dem Antrag zu entsprechen. Er bedarf keiner besonderen Begründung und kann bis zur Rechtskraft der Veranlagung gestellt werden.

 

Rz. 58

[Autor/Stand] Beantragt der Nacherbe, der Versteuerung sein Verhältnis zum Erblasser zugrunde zu legen, trägt er die Feststellungslast dafür, dass im Nachlass des Vorerben der Nacherbfolge unterliegendes Vermögen enthalten ist, und ferner auch für die Höhe dieses Vermögens.[11]

 

Rz. 59

[Autor/Stand] Auch bei einer gestuften Vor- und Nacherbfolge kann der Nacherbe sich für eine Besteuerung nach dem Verhältnis zum Erblasser entscheiden. Das ist günstig, wenn beispielsweise der Vater von der Mutter als Vorerbin, die Mutter von den Kindern als Nacherben beerbt wird und der eine Bruder den anderen als Nacherben für den Fall beerbt, dass der andere Bruder kinderlos verstirbt.[13]

 

Rz. 60

[Autor/Stand] Eine Vorschenkung wird daher nur dann nach § 14 ErbStG mit dem Erwerb kraft Nacherbfolge zusammengerechnet, wenn sie der Vorerbe gemacht hat.

Stammt sie vom Erblasser, bleibt sie auch dann unberücksichtigt, wenn der Nacherbe beantragt hat, nach seinem Verhältnis zum Erblasser besteuert zu werden.[15]

 

Rz. 61

[Autor/Stand] Das bietet Gestaltungsmöglichkeiten, wenn sich das Familienvermögen weitgehend in der Hand eines Elternteils befindet. Er kann die gemeinsamen Kinder beschenken und die Zusammenrechnung vermeiden, indem er seinen weitgehend vermögenslosen Ehepartner zum befreiten Vorerben einsetzt und die Kinder zu Nacherben. Im Ergebnis verdoppeln sich dadurch die Freibeträge nach dem vermögenden Elternteil.[17] Und wenn eine Schenkung dieses Elternteils den Freibetrag eines Kindes verbraucht hat, empfiehlt es sich aus erbschaftsteuerrechtlicher Sicht, das Kind im Wege einer taktischen Vor- und Nacherbschaft so lange zum Nacherben einzusetzen, bis der Zehnjahreszeitraum abgelaufen ist.

 

Rz. 62

[Autor/Stand] Die Ausübung des Wahlrechts nach § 6 Abs. 2 Satz 2 ErbStG kann aber nicht zu einer Vermehrung der persönlichen Freibeträge nach § 16 ErbStG führen. Unabhängig davon, ob eine oder mehrere Nacherbschaften vom Vorerben auf den Nacherben übergehen, handelt es sich erbschaftsteuerrechtlich immer um einen einheitlichen Erwerb vom Vorerben, bei dem nur ein persönlicher Freibetrag nach § 16 ErbStG zu berücksichtigen ist.[19]

 

Rz. 63– 68

[Autor/Stand] Einstweilen frei.

[Autor/Stand] Autor: Esskandari, Stand: 01.06.2021
[2] BFH v. 3.11.2010 – II R 65/09, BStBl. II 2011, 123; ebenso Weinmann in Moench/Weinmann, § ...

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