Rz. 610

[Autor/Stand] Die Vorschrift personifiziert die potenziellen Steuerschuldner:

  • Bedachte, d.h. Erwerber, können nur natürliche Personen oder – sogar nichtrechtsfähige (s. § 7 ErbStG Rz. 206.1)[2] – Stiftungen sein, die an der leistungsempfangenden Kapitalgesellschaft beteiligt sind.
  • Als Zuwendender wird jede "andere Person" benannt, d.h. als Schenker kommen auch juristische Personen sowie grds. alle Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen in Betracht (s. allerdings Rz. 438 sowie § 13 ErbStG Rz. 141).[3]

Natürliche Personen sowie Stiftungen können nur dann Erwerber sein, wenn sie unmittelbar Gesellschafter der die Leistung empfangenden Kapitalgesellschaft oder an ihr mittelbar über deren Gesellschafter in Rechtsform einer Kapitalgesellschaft oder Personenvereinigung beteiligt sind; Destinatäre einer Stiftung zählen nicht zum Kreis potenzieller Bedachter.[4]

Wer Inhaber eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft ist, richtet sich im Schenkungsteuerrecht regelmäßig nach dem Zivilrecht (§ 39 Abs. 1 AO); die Anwendung einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise, insb. auch des § 39 Abs. 1 Nr. 1 AO, ist ohne besondere gesetzliche Anordnung nicht zulässig.[5] Bei treuhänderisch gehaltenen Beteiligungen kommt daher nicht der Treugeber, sondern allein der Treuhänder als Erwerber i.S.d. § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG in Betracht;[6] dies gilt entsprechend auch bei Personifizierung des Zuwenders.[7] GmbH-Gesellschafter sind anhand der beim Handelsregister geführten Gesellschafterliste identifizierbar (§§ 16, 40 GmbHG). Ein Alleingesellschafter kann – als natürliche Person oder Stiftung – nicht Steuerschuldner sein.[8] Hält eine Kapitalgesellschaft oder Personenvereinigung allerdings alle Anteile an einer Kapitalgesellschaft, sind ihre Gesellschafter/Mitglieder über sie mittelbar an der Tochterkapitalgesellschaft beteiligt und sie selbst ist tatbestandlich "andere Person".[9] Schenker können nicht nur Mitgesellschafter des/der Bedachten,[10] sondern auch nicht an der Gesellschaft beteiligte, sog. Dritte, sein.[11] Mancher wünscht, der Begriff des "Zuwendenden" erlaube eine Beschränkung auf nahe Angehörige von Gesellschaftern.[12] Ob Leistungen der öffentlichen Hand, deren Steuerbarkeit nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG die Praxis grundsätzlich verneint (s. Rz. 438 ff. sowie § 13 ErbStG Rz. 141 f.), von der Fiktion des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG erfasst sind, wird nur mithilfe einer mutigen, entsprechend initiativen Schenkungsteuerstelle zu beantworten sein (s. auch Rz. 634).

 

Rz. 611

[Autor/Stand] Beachten Sie: Bei Schenkungen an und von Personengesellschaften wird derzeit nicht die jeweilige Gesellschaft, sondern werden stets ihre Gesellschafter als Erwerber/Schenker behandelt.[14] Deshalb sind Leistungen an eine Personengesellschaft tatbestandlich, soweit an ihr eine Kapitalgesellschaft beteiligt ist, deren Gesellschafter potenziell Bedachte sind.[15] Und bei Leistungen von Personengesellschaften dürfte die Anwendung der Norm entfallen, soweit deren Gesellschafter personell identisch sind mit den als Bedachte in Frage kommenden Gesellschaftern der leistungsempfangenden Kapitalgesellschaft.[16] Unschädlich ist allerdings eine Beteiligung dieser Kapitalgesellschaft an der leistenden Personengesellschaft; denn sie selbst zählt keinesfalls zum Kreis der Bedachten.

 

Rz. 611.1

[Autor/Stand] Kommt es zu Leistungen an eine Kapitalgesellschaft, an der eine Personengesellschaft beteiligt ist, müssten konsequent deren Gesellschafter, sofern natürliche Personen oder Stiftung, unmittelbar bedachte Erwerber i.S.d. § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG sein. Inzwischen akzeptiert der II. BFH-Senat aber die vermögensrechtliche Selbstständigkeit der Gesamthandsgesellschaften (GbR, OHG, KG),[18] demnach wären ihre Gesellschafter lediglich mittelbar an einer Tochterkapitalgesellschaft beteiligt.[19] Trotzdem behandelt er weiterhin ihre Gesellschafter als Erwerber – und sieht ihre mit einer Vermehrung des Gesamthandsvermögens einhergehende Bereicherung in der entsprechenden Werterhöhung ihrer Beteiligungen an der Personengesellschaft.[20] Dies mag zwar zur Klarheit beitragen (s. Rz. 205) und dem gewünschten "Abbau von Rechtsformunterschieden in der (schenkungsteuerlichen) Besteuerung" dienen,[21] In Fällen der hier erörterten Konstellation stellt sich damit jedoch die Frage, ob die Gesellschafter der an der leistungsempfangenden Kapitalgesellschaft beteiligten Gesamthandsgesellschaft gegenständlich in Gestalt der Werterhöhung der Kapitalgesellschaftsanteile[22] oder ihrer Beteiligungen an der Personengesellschaft bereichert werden.

 

Rz. 611.2

[Autor/Stand] Im derzeit anhängigen Revisionsverfahren II R 22/21 könnte sich der II. BFH-Senat dazu äußern, wie sich seine angeblich "eigenständige schenkungsteuerrechtliche" Behandlung von Personengesellschaften[24] im Anwendungsbereich des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG auswirkt. Der Streitfall: Die in 2005 verstorbene B war Gesellschafterin der BT-GmbH (Stammkapital = 27.000 EUR). Sie wurde von ihren drei Söhnen u...

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