Rz. 138

[Autor/Stand] Öffentlich-rechtliche Körperschaften können Erwerber und auch Schenker sein. Dies als selbstverständlich voraussetzend[2] befreit § 13 Abs. 1 Nr. 15 ErbStG – nach Alt. 1 – alle Anfälle = Erwerbe von Bund, Ländern und inländischen Gemeinden sowie Gemeindeverbänden und – nach Alt. 2 – sie begünstigende Zweckzuwendungen[3] von der Erbschaft-/Schenkungsteuer. Die Norm gilt mit fast identischem Wortlaut (früher: Reich statt Bund)[4] seit dem 1. Juli 1923.[5] Sie wirkt als sachliche Steuerbefreiungsvorschrift; würde sie nicht den Erwerb, sondern die erwerbenden Gebietskörperschaften befreien, bliebe es stets bei einer Steuerpflicht sie bereichernder Schenker.[6] Die Qualität einer persönlichen Steuerbefreiung[7] kann sie daher lediglich bei Erwerben von Todes wegen sowie bei einschlägigen Zweckzuwendungen haben (s. § 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG). Soweit ein Bundesland kraft letztwilliger Verfügung oder als gesetzlicher Erbe nach § 1936 BGB[8] von Todes wegen erwirbt, geht § 13 Abs. 1 Nr. 15 ErbStG infolge Konfusion ins Leere, denn Gläubiger der Erbschaftsteuer ist stets das Land, dem das örtlich zuständige Erbschaftsteuerfinanzamt angehört (Art. 106 Abs. 2 Nr. 2, 107 Abs. 1 Satz 1 GG i.V.m. § 35 ErbStG).[9]

 

Rz. 139

[Autor/Stand] Anzeigepflicht: Auch wenn die Frage der Steuerfreiheit in Einzelfällen politisch brisant sein mag, obliegt es allein den örtlich zuständigen Erbschaft- und Schenkungsteuerstellen sie zu beantworten. Hierzu sind die Erwerbe dort anzuzeigen. Völlig unproblematisch dürften eigentlich nur Erwerbe von Todes wegen der genannten Gebietskörperschaften sein. Im Übrigen ist im Rahmen des "ordentlichen Verfahrens"[11] zu prüfen, ob tatsächlich zivilrechtlich (s. § 7 ErbStG Anm. 12)[12] Bundes-, Landes-, Gemeindevermögen oder das Vermögen eines Gemeindeverbandes[13] vermehrt wurde (Alt. 1). Dass es außerdem auch auf die Verwendung des Erwerbs für die verfassungsmäßigen Aufgaben des Erwerbers ankommen könnte,[14] ist allerdings, da dem Stichtagsprinzip widersprechend, abzulehnen (s. auch § 13 ErbStG Anm. 2). Anders wird man dies jedoch bezüglich der Zweckzuwendungen i.S. der Alt. 2 sehen. Insoweit handelt es sich bei § 13 Abs. 1 Nr. 15 ErbStG um eine von § 11 ErbStG abweichende Bestimmung, da nur unter Berücksichtigung dem Steuerentstehungszeitpunkt[15] nachfolgender Umstände beurteilt werden kann, ob der Anfall wirklich ausschließlich(!) den begünstigten Zwecken dient oder nicht. Falls der Erwerb auch anderen Zwecken dienlich ist oder ebenso Dritte hieraus Nutzen ziehen, könnte dies befreiungsschädlich wirken. Ob insoweit eher strenge oder großzügigere Maßstäbe gelten, ist offen.[16] Hilfreich wären klare Weisungen der Finanzverwaltung.

 

Rz. 140

[Autor/Stand] Andere öffentlich-rechtliche Körperschaften können sich nicht auf § 13 Abs. 1 Nr. 15 Alt. 1 ErbStG berufen;[18] so z.B.: Industrie- und Handels- sowie Berufskammern, die Religionsgesellschaften i.S. des Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WeimRV,[19] Berufsgenossenschaften, kassenärztl. Vereinigungen, Allgemeine Ortskrankenkassen, die Bundesagentur für Arbeit, die Deutsche Rentenversicherung Bund, die Landesrundfunkanstalten der ARD, das ZDF, der Bayerische Bauernverband und das Bayerische Rote Kreuz, Deichverbände, Jagdgenossenschaften etc.[20] Die Vorschrift enthält keine Regelungslücke, so dass ihre analoge Anwendung von vornherein entfällt.[21] Konsequent ist sie daher nicht einschlägig, wenn ausländische Staaten Erwerber sind[22] oder Kapitalgesellschaften bereichert werden, an denen Bund, Länder und/oder Gemeinden bzw. Gemeindeverbände beteiligt sind.[23] Infolge der noch herrschenden Durchgriffsbetrachtung (s. § 7 ErbStG Anm. 205 ff.) könnte sie jedoch anwendbar sein, soweit diese Gebietskörperschaften Gesellschafter unentgeltlich erwerbender Personengesellschaften sind. Im Einzelfall können jedoch auch bei Zuwendungen an öffentlich Funktionsträger die Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 Nr. 15 Alt. 2 ErbStG vorliegen; z.B. wenn ein Bürgermeister Schenkungen erhält unter der Auflage sie ausschließlich für gemeindliche Zwecke zu verwenden.[24]

 

Rz. 141

[Autor/Stand] § 13 Abs. 1 Nr. 15 ErbStG gilt unstreitig nicht für unentgeltliche Zuwendungen von Bund, Ländern, Gemeinden und Gemeindeverbänden. Bedeutsam ist jedoch der hieraus zulässige Umkehrschluss auf die Schenkungsteuerbarkeit derartiger Vorteilsgewährungen.[26] Sie können selbstverständlich nach anderen Vorschriften steuerfrei bleiben; anwendbar sind insb. § 13 Abs. 1 Nrn. 1 Buchst. c, 2, 3, 5, 12–14, 16–18 ErbStG (ergänzend s. § 13 ErbStG Anm. 1; speziell zu § 13 Abs. 1 Nr. 14 ErbStG s. Anm. 133). Allerdings konterkariert die Finanzverwaltung die notwendige Prüfung der Schenkungsteuerpflicht, innerdienstlich bindend, mit der apodiktischen, im Hinblick auf Art. 20 Abs. 3 GG durchaus zweifelhaften,[27] Behauptung,[28] dass "Zuwendungen aus öffentlichen Kassen[29] nicht der Schenkungsteuer (unterliegen), da diese Zuschüsse nicht freigebig gewährt werden." Und der II. BFH-Senat sti...

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