a) Grundsätzliches

 

Rz. 85

[Autor/Stand] Die Vergünstigungsvorschrift kommt nur einem solchen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft zugute, der die Existenzgrundlage des Betriebsinhabers bildet. Nur Flächen, die zu einem solchen Betrieb gehören, werden geschützt. Der Begriff "Betrieb der Land- und Forstwirtschaft" i.S.d. Bewertungsgesetzes ist grundsätzlich weit auszulegen. Maßgebend für die Auslegung dieses Begriffs ist nicht die allgemeine Verkehrsauffassung, sondern die sehr weitgehende Regelung in § 33 BewG i.V.m. § 34 BewG.[2] Der Begriff "Betrieb der Land- und Forstwirtschaft" setzt ebenso wie der im BewG 1934 verwendete Begriff "landwirtschaftlicher Betrieb" weder eine Mindestgröße noch vollen landwirtschaftlichen Besatz (Betriebsmittel, Gebäude usw.) voraus. Auch eine organisatorische Zusammenfassung von Grund und Boden, Gebäuden und Betriebsmitteln ist nicht erforderlich.[3] Auch ein einzelner Acker oder eine Wiese, die etwa durch Verpachtung auf Dauer einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft dient, kann danach als Betrieb der Land- und Forstwirtschaft i.S.v. § 33 BewG anzusehen sein.[4] Demgemäß bestimmt § 34 Abs. 7 Satz 1 BewG ausdrücklich, dass auch Stückländereien Betriebe der Land- und Forstwirtschaft bilden.

 

Rz. 86

[Autor/Stand] Angesichts dieses im Bewertungsrecht weit gefassten Begriffs "Betrieb der Land- und Forstwirtschaft" ist zu beachten, dass der Gesetzgeber den besonderen Schutz gemäß § 69 Abs. 2 BewG davon abhängig gemacht hat, dass die landwirtschaftlich genutzten Flächen zu einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft gehören, der für den Betriebsinhaber die Existenzgrundlage bildet, und dass die Flächen von einem Zentrum, nämlich der Hofstelle oder – wie das Gesetz sagt – von einer "Stelle" aus ordnungsgemäß bewirtschaftet werden. Im Gegensatz zum Begriff der Land- und Forstwirtschaft, wie ihn das Bewertungsrecht (§§ 33, 34 BewG) sonst versteht, wird damit für die Anwendung des § 69 Abs. 2 BewG eine gewisse Organisation von Grund und Boden, Gebäuden und Betriebsmitteln sowie die Bewirtschaftung der Fläche von einer Stelle aus verlangt. Entgegen der sonstigen Verwendung des Begriffs der Land- und Forstwirtschaft (vgl. §§ 33, 34 Abs. 7 Satz 1 BewG) setzt die Anwendung der Schutzvorschrift des § 69 Abs. 2 BewG regelmäßig auch eine gewisse Mindestgröße des Betriebes voraus, die allerdings im Hinblick auf die unterschiedlichen Kulturarten und deren unterschiedliche Ertragsfähigkeit sowie wegen der unterschiedlichen Intensität der Bewirtschaftung schwanken kann.

b) Existenzgrundlage

 

Rz. 87

[Autor/Stand] Die Frage, ob ein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft die Existenzgrundlage des Betriebsinhabers bildet, ist nicht einfach zu beantworten. Existenz bedeutet "Dasein", "Lebensunterhalt". Das Gesetz gebraucht jedoch nicht den Begriff "Existenz", sondern das Wort "Existenzgrundlage". Das bedeutet, dass nicht der gesamte Unterhalt aus dem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft gewonnen werden muss. Der Betrieb der Land- und Forstwirtschaft braucht lediglich Grundlage für die Existenz des Betriebsinhabers und seiner Familie zu sein. Die Existenzgrundlage des Betriebsinhabers kann ein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft auch dann bilden, wenn die Erträgnisse des Betriebs allein nicht ausreichen, die Existenz des Betriebsinhabers und seiner Familie zu sichern. Der Begriff Existenzgrundlage ist also zugunsten einer Bewertung als land- und forstwirtschaftliches Vermögen weit auszulegen.[7] Mindestvoraussetzung ist jedoch, dass der Betrieb der Land- und Forstwirtschaft den Lebensbedarf des Betriebsinhabers und seiner Familie überwiegend decken kann (Abschn. 2 Abs. 5 zu Nr. 1 Satz 1 BewRGr).

 

Rz. 88

[Autor/Stand] Bildet ein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft die alleinige Erwerbsquelle eines Steuerpflichtigen, so ist regelmäßig zu vermuten, dass der Betrieb die Existenzgrundlage des Betriebsinhabers i.S.d. § 69 Abs. 2 BewG ist. Entsprechendes gilt, wenn der Betriebsinhaber aus anderen Erwerbsquellen lediglich ganz geringfügige Einnahmen bezieht.

 

Rz. 89

[Autor/Stand] Die Anwendung der Vergünstigungsvorschrift des Absatzes 2 setzt jedoch nicht voraus, dass der Betrieb der Land- und Forstwirtschaft tatsächlich den Lebensbedarf des Betriebsinhabers und seiner Familie überwiegend deckt. Die Schutzvorschrift kann auch dann zum Zuge kommen, wenn der Betriebsinhaber Einkünfte zwar auch aus anderen Erwerbsquellen bezieht, die Erträge des Betriebs der Land- und Forstwirtschaft jedoch den Lebensbedarf des Betriebsinhabers und seiner Familie decken könnten. Ein solcher Sachverhalt kann z.B. vorliegen, wenn ein hauptberuflicher Landwirt nebenberuflich als Bürgermeister, Angestellter, Arbeiter usw. tätig ist und Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezieht. Entsprechendes gilt, wenn ein hauptberuflicher Landwirt durch Vermietung von Fremdenzimmern an Feriengäste Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung oder als Gastwirt Einkünfte aus Gewerbebetrieb bezieht und die Erträge des Betriebs der Land- und Forstwirtscha...

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