Rz. 557

[Autor/Stand] Scheidet ein Gesellschafter aus einer Personenhandelsgesellschaft oder einer fortbestehenden GbR aus, wächst sein Anteil am Gesellschaftsvermögen stets den verbleibenden Gesellschaftern zu (§ 738 Abs. 1 Satz 1 BGB – s. Rz. 552). Dadurch erhöht sich der Wert ihrer quotenmäßig veränderten Beteiligungen (s. auch Rz. 27),[2] weil sich das – ggf. um eine Abfindungsverbindlichkeit der Gesellschaft[3] reduzierte – Gesellschaftsvermögen nunmehr nur noch auf sie verteilt.[4]

 

Beispiel:

A, B und C sind zu je 1/3 gleichberechtigte Gesellschafter der ABC-OHG, die über ein Gesellschaftsvermögen von 3.000.000 EUR verfügt. A verlässt die Gesellschaft (gegen eine Abfindung von 500.000 EUR). Der Wert der nunmehr hälftigen Gesellschaftsbeteiligungen von B und C steigt folglich auf je 1.500.000 EUR (1.250.000 EUR).

a) Steuerbarkeit des Anwachsungserwerbs

 

Rz. 558

[Autor/Stand] Dieser sog. Anwachsungserwerb ist tatbestandsmäßig i.S.d. § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG, wenn der Gesellschafter die Gesellschaft zu Lebzeiten verlässt – bei Todesfall bedingtem Ausscheiden greift § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG (s. § 3 ErbStG Rz. 180 ff.).[6] Ein subjektives Merkmal in Gestalt der Kenntnis bzw. des Bewusstseins der Unentgeltlichkeit auf Seiten des ausscheidenden Gesellschafters wird gesetzlich nicht verlangt;[7] dass es auf einen Bereicherungswillen nicht ankommt,[8] sollte, da selbst für freigebige Zuwendungen nicht erforderlich,[9] selbstverständlich sein. Es ist daher auch unerheblich, ob solche Erwerbsvorgänge zivilrechtlich als Schenkungen zu qualifizieren sind oder nicht.[10] Je nach Zahl bzw. quotenmäßiger Beteiligung der verbleibenden Gesellschafter geht der Anteil des Ausgeschiedenen – dies ist wohl mit der Formulierung: Teil eines Anteils gemeint[11] – anteilig auf sie über.[12] Miterwerber des Gesellschaftsanteils eines aus einer GmbH & Co. KG ausgeschiedenen Kommanditisten ist daher auch die Kpl-GmbH.[13] Gesellschafter sind die zivilrechtlichen Anteilsinhaber, bei treuhänderischer Beteiligung daher regelmäßig der/die Treuhänder.[14] Die Personengesellschaft selbst kann nach derzeitiger Zivilrechtslage nicht Erwerberin eigener Anteile sein.[15] Ihr Vermögen wird auch weder gegenständlich noch wertmäßig durch den Austritt eines Gesellschafters vermehrt; insoweit geht Satz 1 daher ins Leere.[16]

 

Rz. 559

[Autor/Stand] Der BFH entschied sich auch für die Anwendung des § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG bei zweigliedrigen Gesellschaften, wenn der letzte Gesellschafter das Gesellschaftsvermögen aufgrund einer entsprechenden Übernahmeklausel nach Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters übernimmt.[18] Ob der Gesellschafter die Gesellschaft freiwillig verlässt oder nicht, spielt hierbei keine Rolle;[19] entscheidend ist allein der zwangsläufig damit einhergehende Anteils übergang.[20] Zu fiktiven Schenkungen kommt es folglich auch, wenn das Gesellschaftsvermögen einer GmbH & Co. KG mit dem (ggf. gleichzeitigen) Austritt des letzten (ggf. aller) Kommanditisten der Komplementär-GmbH anwächst (Umwandlung durch Anwachsung – sog. Anwachsungsmodell).[21] Die in diesem Zusammenhang vertretene Auffassung, die derzeitige Verneinung des schenkungsteuerbaren Erwerbs einer Kapitalgesellschaft in Fällen verdeckter Einlagen (s. aber Rz. 204)[22] stehe der Anwendung des § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG entgegen,[23] beruhigt nur solange die Finanzverwaltung keine einschlägigen Vorgänge aufgreift. Bei denkbarer Konkurrenz zu der tatbestandlich Leistungen an eine Kapitalgesellschaft erfassenden Vorschrift des § 7 Abs. 8 ErbStG bevorzugt sie jedenfalls "ausschließlich § 7 Abs. 7 ErbStG als speziellere Norm".[24]

 

Rz. 560

[Autor/Stand] Die derivative, rechtsgeschäftliche, Anteils übertragung soll stattdessen nicht unter § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG zu subsummieren,[26] sondern lediglich – bei voll unentgeltlicher Übertragung "bereits"[27] – nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erfassbar sein[28] (s. aber Satz 3[29]Rz. 598). Dem BFH zufolge ließe sich so allein durch Vereinbarung eines "Kaufpreises" anstelle einer "Abfindung" die Anwendung des § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG vermeiden,[30] nicht hingegen, wenn die Parteien ausdrücklich eine "Abfindung" verabreden.[31] Nicht entschieden ist dies jedoch für Fälle zweigliedriger Personengesellschaften, deren Vermögen auch dann kraft Gesetzes durch Anwachsung nach § 738 Abs. 1 Satz 1 BGB auf denjenigen Gesellschafter übergeht, der die Beteiligung des anderen per Abtretung erwirbt.[32] Für solche auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage verwirklichte Erwerbsvorgänge[33] wurde § 7 Abs. 7 ErbStG einst geschaffen.[34] Der Fiktionstatbestand des Satzes 1 ist daher auch dann erfüllt, wenn einem Gesellschafter sämtliche Anteile seiner Mitgesellschafter durch Anteilsabtretung übertragen werden.[35] Wer die Schenkungsteuerbarkeit der Einbringung aller Kommanditanteile in die Komplementär-GmbH einer damit beendeten GmbH & Co. KG verneint (sog. erweitertes Anwachsungsmodell),[36] sollte sich dessen nicht sicher sein.

 

Rz. 561– 562

[Autor/Sta...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge