Rz. 60

Bei den Gewinneinkunftsarten (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG) wird der Gewinn besteuert. Der Gewinn wird grundsätzlich durch Betriebsvermögensvergleich (Bestandsvergleich) ermittelt. Der einfache Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG erfordert keine doppelte Buchführung mit selbstständiger Gewinn- und Verlustrechnung.[1] Kaufleute müssen allerdings eine doppelte Buchführung mit Gewinn- und Verlustrechnung erstellen (§§ 238, 242 HGB).

Für kleine Gewerbetreibende, die keine Kaufleute sind, Land- und Forstwirte und Selbstständige/Freiberufler besteht die Möglichkeit, den Gewinn durch eine Einnahmen-Überschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG), einer sogenannten Kassenrechnung, zu ermitteln.[2] Dies ist in der Regel vorteilhafter, da es einen geringeren administrativen Aufwand verursacht.

 

Rz. 61

In der Sache führen beide Verfahren zu einer Besteuerung des Totalgewinns. Es besteht allerdings ein wesentlicher Unterschied. Bei der Einnahmen-Überschussrechnung erfolgt keine periodengerechte Zuordnung von Ertrag und Aufwand. Es gibt also keinen Raum für Rechnungsabgrenzungsposten, Teilwertabschreibungen oder Rückstellungen.[3] Die zeitliche Zuordnung erfolgt stattdessen nach dem Zufluss-/Abflussprinzip (§ 11 Abs. 1,2 EStG). Der Steuerpflichtige kann im Gegensatz zum Bestandsrechner den Erfolg einer Periode durch die Steuerung von Einnahmen und Ausgaben beeinflussen. Einige Ausnahmen vom reinen Kassenprinzip sollen eine vollkommene Verzerrung des Periodengewinns verhindern. Die Anschaffungs- und Herstellungskosten für die Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens sind erst im Zeitpunkt der Veräußerung oder Entnahme zu berücksichtigen und über die Nutzungsdauer abzuschreiben (§ 4 Abs. 3 Satz 4 EStG).

 

Rz. 62

Die Bildung von gewillkürtem Betriebsvermögen ist bei der Einnahmen-Überschussrechnung möglich.[4] Der Ausschluss der Möglichkeit zur Bildung von gewillkürtem Betriebsvermögen würde zu einer Abweichung des Totalgewinns zwischen Einnahmen-Überschussrechnung und Betriebsvermögensvergleich führen.[5] Die Finanzverwaltung verlangt für die Zuordnung von Wirtschaftsgütern zum gewillkürten Betriebsvermögen einen zeitnahen Nachweis über die Zuordnung und den Zuordnungszeitpunkt.[6]

[1] Vgl. Winnefeld, Bilanzhandbuch, 5. Aufl. 2015, A Rz. 713.; Märtens, in Gosch, Abgabenordnung – Finanzgerichtsordnung, § 141 Rz. 30, Stand: 8/2016.
[3] Vgl. auch zu der damit verbundenen Kritik auf den Verzicht von Teilwertabschreibungen Kanzler, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG KStG Kommentar, § 4 Rz. 536, Stand: 12/2019.
[4] Vgl. Kanzler, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG KStG Kommentar, § 4 Rz. 537, Stand: 12/2019.

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