Rz. 12a

Mit Wirkung zum 19.12.2019 sind aufgrund des Abs. 4a die besonderen Verträge auf die Versorgung der Versicherten mit digitalen Versorgungsangeboten durch Hersteller von Medizinprodukten ausgeweitet worden. Nach der Gesetzesbegründung setzen viele medizinische Versorgungsangebote zunehmend auf das Selbstmanagement der Patientinnen und Patienten, die sich eigenständig informieren und mithilfe der digitalen Anwendungen Prävention betreiben oder Hilfe bei der Behandlung von Gesundheitsproblemen erhalten wollen. Digitale Versorgungsangebote sind zudem geeignet, etwa bei der Überbrückung von Wartezeiten, eine erste Versorgung zu ermöglichen. Dieses verstärkte Bedürfnis nach selbstbestimmtem Handeln der Patientinnen und Patienten und die erweiterten technischen Möglichkeiten, auf digitalem Wege gesundheitliche Ersteinschätzungen zu treffen, verlangen eine zeitgemäße Bestimmung der ärztlichen Rolle bei den notwendigen Therapien und Diagnoseentscheidungen; zudem bieten digitale Versorgungsangebote die Möglichkeit, Leistungserbringer zu entlasten.

Digitale Anwendungen können Präventionsmöglichkeiten aufzeigen und allgemeine medizinische Beratung geben, teils können sie aber auch auf individuelle Gesundheitsprobleme abgestellt sein und erste Therapievorschläge oder erste Diagnosen liefern. Im Rahmen von Verträgen können Krankenkassen und Medizinproduktehersteller solcher digitalen Anwendungen neue Versorgungswege umsetzen.

Mit der Regelung nach Abs. 4a Satz 1 soll dementsprechend ein deklaratorischer Anreiz zur Entwicklung innovativer Angebote und zur Nutzung telemedizinischer Dienstleistungen gesetzt werden. Es handelt sich um eine Kann-Bestimmung, sodass zunächst weder die Krankenkassen noch die Medizinproduktehersteller von digitalen Versorgungsangeboten gezwungen sind, Verträge über die besondere Versorgung der Versicherten mit digitalen Versorgungsangeboten zu schließen. Allerdings dürfte erfahrungsgemäß die Konkurrenzsituation zwischen den Krankenkassenarten dazu führen, dass ausgehend von den Versicherten Krankenkassen unter Druck geraten, selektive Verträge schließen zu müssen, die andere Krankenkassen bereits geschlossen und wenn sie sich als praxistauglich bzw. zielführend i. S. der besonderen Versorgung erwiesen haben.

Durch Abs. 4a Satz 2 ist für die Verträge verpflichtend vorgegeben, dass vertraglich sichergestellt sein muss, dass diagnostische Feststellungen, die über eine individualisierte medizinische Beratung einschließlich der Therapievorschläge hinausgehen, nur durch einen Arzt zu treffen sind. Auch wenn es bei der digitalen Anwendung keiner vorherigen Verordnung durch eine Ärztin oder einen Arzt bedarf, stellt die ärztliche Beteiligung bei diagnostischen Feststellungen sicher, dass die therapeutische Letztentscheidung durch eine verantwortliche Ärztin oder einen verantwortlichen Arzt getroffen wird. Nach Satz 4 muss es sich bei dem einzubeziehenden Arzt i.d.R um einen an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arzt handeln. "In der Regel" lässt aber auch eine Ausnahme zu, wenn z. B. die Einbindung eines vertragsärztlichen Angebots nicht möglich ist; dann kann nach der Gesetzesbegründung alternativ auf sonstige ärztliche Angebote zurückgegriffen werden. Dieser Ausnahmefall kann aber nur in Anspruch genommen werden, wenn zuvor der Regelfall objektiv nachweisbar nicht umgesetzt werden kann.

Abs. 4a regelt einerseits eine besondere Versorgung in Abweichung zu Abs. 1 Satz 2, befreit aber andererseits den zu schließenden Vertrag nicht von den anderen Anforderungen der Vorschrift. Dies bezieht sich insbesondere auf die Vereinbarungsmöglichkeiten nach Abs. 2, die Teilnahmeerklärung des Versicherten nach Abs. 4 und den Einwilligungsvorbehalt nach Abs. 5, die weiterhin zu regelnde Vertragsgegenstände bleiben.

Bei den digitalen Versorgungsprodukten handelt es sich wegen des Verweises auf die Regelung des Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 der Vorschrift um Medizinprodukte. Eine inhaltliche Beschränkung auf Medizinprodukte, die auch digitale Gesundheitsanwendungen nach § 33a sind, ist nach der Gesetzesbegründung ausdrücklich nicht vorgenommen worden.

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