0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Das Gesetz zur Pflegepersonalbemessung im Krankenhaus sowie zur Anpassung weiterer Regelungen im Krankenhauswesen und in der Digitalisierung (Krankenhauspflegeentlastungsgesetz – KHPflEG) v. 20.12.2022 (BGBl. I S. 2793) hat die Vorschrift zum 29.12.2022 in Art. 1 Nr. 1a eingeführt.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Das Krankenhauspflegeentlastungsgesetz hat, ohne dass ein ordnungspolitisches Rahmenkonzept zu erkennen wäre, neben der "Tagesstationären Behandlung" in § 115e als weitere Rechtsform auch die "Spezielle sektorengleiche Vergütung" (Hybrid-DRG) eingeführt. Mit beiden Rechtsformen will der Gesetzgeber Erkenntnisse aus dem internationalen Vergleich umsetzen, wonach sich einige in Deutschland vorwiegend vollstationär durchgeführte Leistungen mittlerweile für eine regelhafte ambulante Erbringung qualifiziert haben. Die spezielle sektorengleiche Vergütung soll insbesondere bestehende Ambulantisierungspotenziale steigern. Dafür soll eine Vergütungsregelung geschaffen werden, deren Höhe zwischen dem ambulanten (EBM) und stationären Niveau (DRG) liegt. Einerseits sollen Anreize zur ambulanten Leistungserbringung gesetzt, andererseits höherer stationärer Behandlungsaufwand vermieden werden. Mitnahmeeffekte durch eine höhere Vergütung bereits heute überwiegend ambulant erbrachter Leistungen sollen ebenso wie eine angebotsindizierte Mengenausweitung vermieden werden. In der neuen Rechtsform wird das Potenzial gesehen, Pflegepersonal zu entlasten, ohne die Qualität der medizinischen Versorgung einzuschränken (BT-Drs. 20/4708 S. 100).

 

Rz. 3

Nach wie vor ist der AOP-Katalog die maßgebliche Grundlage für die ambulante Leistungserbringung durch Krankenhäuser. Mit der neuen Form der speziellen sektorengleichen Vergütung sollen daher auch in erster Linie Anreize für die Krankenhäuser geschaffen werden, bislang stationär durchgeführte Operationen ambulant zu erbringen. Dieses Ziel wäre wohl auch durch eine entsprechende Erweiterung des AOP-Katalogs erreichbar. Stattdessen wird mit der Hybrid-DRG eine weitere Finanzierungsform aus EBM und DRG geschaffen. Dass diese Probleme schaffen wird, hat sogar der Gesetzgeber gesehen, da er bei einem Nichtzustandekommen der nach Abs. 1 erforderlichen Einigung der Vertragsparteien nach § 115b wohl vorsorglich das Drohinstrument der Ersatzvornahme implantiert hat.

2 Rechtspraxis

2.1 Vereinbarung der speziellen sektorenübergreifenden Vergütung (Abs. 1)

 

Rz. 4

Abs. 1 Satz 1 eröffnet zwei Regelungsbereiche. Der GKV-Spitzenverband, die DKG und die KBV als Vertragsparteien nach § 115b werden gemäß Satz 1 Nr. 1 verpflichtet, zum einen eine spezielle sektorengleiche Vergütung sowie zum anderen nach Satz 1 Nr. 2 auch die Leistungen des AOP-Katalogs zu vereinbaren, für die die Vergütung unabhängig davon, ob die Leistung ambulant oder stationär durchgeführt wird, erfolgen soll. Diese Vereinbarung war bis zum 31.3.2023 zu schließen, was angesichts der kurzen Zeitspanne sowie der Komplexität der Aufgabe, entsprechende ambulant durchführbar Operationen, sonstige stationsersetzende Eingriffe oder stationsersetzende Eingiffe auszuwählen, nicht gelingen konnte und auch nicht gelang.

 

Rz. 5

Die nach Satz 1 Nr. 1 zu vereinbarende Vergütung ist für jede vereinbarte Leistung individuell als Fallpauschale zu kalkulieren (Abs. 1 Satz 2). Die zukünftig nach § 115f zu vergütenden Leistungen sollen aus dem AOP-Katalog nach § 115b ausgewählt werden. Das setzt ein Herauslösen der zu ambulantisierenden Fälle und Leistungen aus dem AOP-Katalog sowie dem vorhandenen DRG-System in der dreiseitigen Vereinbarung voraus, auf die die speziellesektorengleiche Vergütung unabhängig davon angewendet wird, ob die Leistung ambulant oder stationär erbracht wird. Die vereinbarten Leistungen beinhalten idealiter eine Kombination von diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen mit dem Ziel, die Erkrankung in einem Behandlungsfall abschließend zu behandeln. Dabei wird eine Reduzierung der Leistungen auf einzelne OPS-Ziffern der Behandlungsrealität wohl nicht gerecht. Vielmehr ist eine klinische sinnvolle Untersuchungs- und Behandlungsabfolge für ein entsprechendes Erkrankungsbild zu definieren, die mehrere OPS-Codes und weitere Leistungen wie Labor, Pathologie und Radiologie enthalten kann (so zutreffend Albert u. a., Das Krankenhaus 4/2023 S. 322). Für den in der amtlichen Begründung enthaltenen Hinweis, dass eine vollstationäre Behandlung mit Übernachtung auch für eine sektorengleiche Leistung unter bestimmten Voraussetzungen, z. B. aufgrund sozialer Indikation, weiterhin erforderlich und auch möglich sei, wäre eine deutlichere normative Anbindung wünschenswert gewesen. Eine leistungsrechtliche Regelung in § 39 fehlt leider ebenfalls (kritisch hierzu auch Gerlach, in: BeckOK KHR, SGB V, § 115f Rz. 4).

 

Rz. 6

Für jede Leistung sind grundsätzlich nach Satz 3 entsprechende Vergütungsstufen zu kalkulieren, die den aufgrund des patientenbezogenen Gesamtschweregrads unterschiedlichen Behandlungsaufwand für dieselbe sektorengleiche Leistung abbilden. Damit sollen komplexe und betreuungsintensive Fälle, die z. B. nach einer Operation einen mehrstün...

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