Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Zurückverweisung des Bevollmächtigten. Vertretungsbefugnis eines Steuerberaters im Widerspruchsverfahren auf Saison-Kurzarbeitergeld. Rechtsdienstleistung. rechtliche Prüfung. Nebenleistung zur Lohnbuchhaltung

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Steuerberater, der mit der Lohnbuchhaltung eines Baubetriebs beauftragt wurde, ist in einem Widerspruchsverfahren auf Saison-Kurzarbeitergeld nach § 101 SGB III als Verfahrensbevollmächtigter des Arbeitgebers jedenfalls dann vertretungsberechtigt, wenn nur Berechnungsfragen für das Saison-Kurzarbeitergeld im Streit stehen. Er darf in diesem Falle nicht nach § 13 Abs 5 SGB X iVm § 3 Rechtsdienstleistungsgesetz - RDG - von der Vertretung des Arbeitgebers im Widerspruchsverfahren zurückgewiesen werden.

Das Antrags- und Widerspruchsverfahren ist in diesem Fall eine zulässige Nebentätigkeit zur Lohnbuchhaltung nach § 5 Abs 1 RDG.

 

Tenor

1. Der Bescheid der Beklagten vom 3.5.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.5.2016 wird aufgehoben.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Der Streitwert wird auf 536,10 EUR festgesetzt.

4. Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Zurückweisung des Klägers als Verfahrensbevollmächtigten in einem Widerspruchsverfahren.

Der Kläger ist als Steuerberater für die W. Bau GmbH tätig. Für diese beantragte er am 5.1.2016 für Dezember 2015 für fünf in deren Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer Saison-Kurzarbeitergeld (kurz: Saison-Kug) über einen Gesamtbetrag von 1.497,85 EUR bei der Beklagten. Mit Schreiben vom 27.1.2016, auf das wegen der näheren Einzelheiten Bezug genommen wird, forderte die Beklagte den Kläger auf, diverse Unterlagen einzureichen sowie Nachfragen zu beantworten.

Einen weiteren Antrag auf Saison-Kug für den Monat Januar 2016 in Höhe eines Gesamtbetrags vom 2.706,08 EUR stellte der Kläger für die W. Bau GmbH mit Formblattantrag vom 2.2.2016 (Bl. 8 der Behördenakte). Im Zuge der Anträge wurden zahlreiche Lohnunterlagen einschließlich Arbeitszeitübersichten vorgelegt. Einen Korrekturantrag für diesen Monat stellte der Kläger für die W. Bau GmbH am 5.2.2016 über einen Gesamtbetrag von jetzt noch 2.596,41 EUR (Bl. 18, 19 der Behördenakte).

Am 12.2.2016 stellte der Kläger noch für den Monat Dezember 2015 einen Korrekturantrag über einen Betrag von jetzt noch 1.075,70 EUR (Bl. 39 der Behördenakte).

Mit Bescheid vom 15.2.2016 lehnte der Beklagte die Bewilligung von Saison-Kug für die Monate Dezember 2015 und Januar 2016 mit der Begründung ab, dass die Anträge und die vorgelegten Unterlagen nicht stimmig seien (Bl. 83 der Behördenakte). Auf die Begründung des Bescheides wird wegen der näheren Einzelheiten Bezug genommen.

Als Anlage zu einem Schreiben vom 26.2.2016 sendete der Kläger Korrekturanträge für Saison-Kug in den Monaten Dezember 2015 und Januar 2016 an die Beklagte (Bl. 87 der Behördenakte).

Am 4.3.2016 beantragte der Kläger für die W. -Bau GmbH noch Saison-Kug für den Monat Februar 2016 über einen Gesamtbetrag von 970,76 EUR (Bl. 121).

Mit Bescheid vom 9.3.2016 lehnte die Beklagte die Gewährung von Saison-Kug sowie ergänzenden Leistungen für alle beantragten Monate ab (Bl. 141 der Behördenakte). Zur Begründung führte sie aus: Die Berechnung des Soll- und Ist-Entgeltes sei bei den Arbeitnehmern mit Saison-Kug nicht korrekt. Überstunden seien gegen die Ausfallstunden anzurechnen. Zuschuss-Wintergeld werde in Höhe von bis zu 2,50 EUR je ausgefallene Arbeitsstunde gezahlt, wenn zu deren Ausgleich Arbeitszeitguthaben aufgelöst und die Inanspruchnahme des Saison-Kurzarbeitergeldes vermieden werde (§ 102 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - SGB III). Ein erheblicher auf witterungsbedingten Gründen beruhender Arbeitsausfall sei dann anzunehmen, wenn diese ausschließlich durch zwingende Witterungsgründe verursacht sei und an einem Tag mindestens eine Stunde der regelmäßigen betrieblichen Arbeitszeit ausfalle, § 101 Abs. 6 Satz 2 SGB III.

Mit Schreiben vom 15.3.2016 legte der Kläger im Auftrag der W. Bau GmbH Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid vom 9.3.2016 ein. Als Anlage fügte er die Lohnabrechnungen der Mitarbeiter für die Monate Dezember 2015 bis Februar 2016 bei. Außerdem habe man für jeden Monat eine Übersicht der Kug-Stunden sowie des Ausgleichskontos für jeden Mitarbeiter ergänzt. Die jeweiligen Abrechnungslisten für Kug seien ebenfalls beigelegt worden. Man beantrage nunmehr die Gewährung des Saison-Kurzarbeitergeldes.

Mit Schreiben vom 5.4.2016 wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, dass sie nicht erkennen könne, dass die Tätigkeit des Klägers in dieser Angelegenheit nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz - RDG - erlaubt sei (Bl. 169 der Behördenakte). Eine Befugnis zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen nach § 3 Nr. 1 Steuerberatungsgesetz umfasse diese nicht. Bevollmächtigte, die geschäftsmäßig fremde Rechtsangelegenheiten besorgten, ohne dazu befugt zu sein, seien gemäß § 13 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - SGB X - zurückzu...

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