Bei der Bearbeitung von Lohnbuchführungsmandaten wird der Steuerberater regelmäßig auch mit sozialversicherungsrechtlichen Fragestellungen konfrontiert. Dies ist insofern problematisch, als das Sozialversicherungsrecht ein eigenständiges Rechtsgebiet ist, das nicht zum Bereich der Hilfeleistung in Steuersachen gehört. Grundsätzlich gilt, dass der Steuerberater zu einer Beratung in sozialversicherungsrechtlichen Fragen weder berechtigt noch verpflichtet ist (BGH, Urteil v. 12.4.2004, IX ZR 246/02, BFH/NV 2004, Beilage 3, S. 319). Übernimmt der Steuerberater im Rahmen eines Lohnbuchführungsmandats gleichwohl die Beratung in Angelegenheiten der Sozialversicherung, riskiert er damit, die Grenzen des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) zu überschreiten.

Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 SGB X kann sich ein Beteiligter im sozialrechtlichen Verwaltungsverfahren durch einen Bevollmächtigten, z. B. einen Steuerberater, vertreten lassen. Bevollmächtigte sind allerdings nach § 13 Abs. 5 SGB X zurückzuweisen, wenn sie entgegen § 3 RDG Rechtsdienstleistungen erbringen, also Tätigkeiten in konkreten fremden Angelegenheiten, die eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordern (§ 2 Abs. 1 RDG).

Vertretungsbefugnis des Steuerberaters in Saison-Kurzarbeitergeld Angelegenheiten?

Das SG Chemnitz musste sich unlängst mit der Frage auseinandersetzen, ob ein Steuerberater, der mit der Lohnbuchhaltung eines Baubetriebs beauftragt wurde, in einem Widerspruchsverfahren auf Saison-Kurzarbeitergeld nach § 101 SGB III als Verfahrensbevollmächtigter des Arbeitgebers vertretungsberechtigt ist. Der Steuerberater hatte bei der Arbeitsagentur für seine Mandantin für die Monate Dezember 2015 sowie Januar und Februar 2016 für mehrere beschäftigte Arbeitnehmer Saison-Kurzarbeitergeld beantragt. In diesem Zusammenhang legte er auf Anforderung der Arbeitsagentur zahlreiche Lohnunterlagen vor. Die Arbeitsagentur lehnte im März 2016 die Bewilligung der beantragten Leistungen ab, weil die Berechnung des Soll- und Ist-Entgelts bei den Arbeitnehmern nicht korrekt wäre.

Gegen diesen Bescheid legte der Steuerberater im Auftrag seiner Mandantin Widerspruch ein. Nach einem Hinweis im April 2016 wies die Arbeitsagentur den Steuerberater als Verfahrensbevollmächtigten nach § 13 Abs. 5 SGB X zurück. Der hiergegen eingelegte Widerspruch blieb erfolgslos.

Mit der zum SG Chemnitz erhobenen Klage verfolgte der Steuerberater sein Begehren nach Aufhebung seiner Zurückweisung weiter. Er ist der Auffassung, dass er keine Rechtsdienstleistung erbracht habe. Sein Tätigwerden habe mit der Vorlage von Lohnabrechnungen, Übersichten und Abrechnungslisten lediglich eine bloße technische Leistung im Rahmen der Umsetzung von Rechtsvorschriften umfasst, die schwerpunktmäßig im außerrechtlichen Bereich gelegen habe.

Gericht hält Rechtsdienstleistung für zulässig

Nach Ansicht des SG Chemnitz (Urteil v. 26.10.2017, S 26 AL 331/16, DStR 2018, S. 590, Berufung eingelegt, Az. beim LG Sachsen: L 3 AL 176/17) durfte der Steuerberater, der keine nur technische Leistung, sondern eine Rechtsdienstleistung sowohl im Verwaltungs- als auch im Widerspruchsverfahren erbrachte, nicht nach § 13 Abs. 5 SGB X als Verfahrensbevollmächtigter im Widerspruchsverfahren zurückgewiesen werden, weil er zur Erbringung dieser Rechtsdienstleistung befugt war.

Das Gericht führt aus, dass die erbrachte Rechtsdienstleistung kein Bestandteil der Befugnis zur Lohnbuchhaltung, aber als "Nebenleistung" i. S. d. § 5 Abs. 1 RDG erlaubt sei. Nach dieser Vorschrift seien Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören. Ob eine Nebenleistung zur zulässigen Lohnbuchhaltung vorliege, sei nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich seien.

Der Gesetzgeber habe dem Arbeitgeber in § 320 Abs. 1 SGB III im Antragsverfahren auf Bewilligung von Saison-Kurzarbeitergeld umfangreiche Mitwirkungspflichten auferlegt. Insbesondere habe der Arbeitgeber die Pflicht, das konkrete Kurzarbeitergeld seiner Arbeitnehmer auszurechnen und auszuzahlen. Diese umfangreiche Indienstnahme des Arbeitgebers rechtfertige der Gesetzgeber damit, dass das Saison-Kurzarbeitergeld das vom Arbeitgeber zu berechnende und auszuzahlende Arbeitsentgelt als Lohnersatz im jeweiligen Kalenderjahr oft nur ergänze, im Interesse der Arbeitnehmer aber eine gleichzeitige und einheitliche Zahlung erfolgen solle.

Schwerpunkt ist Errechnen konkreter Ansprüche

Der Schwerpunkt des Verwaltungsverfahrens liege regelmäßig auf dem Errechnen der konkreten Ansprüche der Arbeitnehmer anhand der Lohnunterlagen durch den Arbeitgeber bzw. der Stelle, auf die er, etwa in der Person des Steuerberaters, die Lohnbuchführung zulässig übertragen habe. Dem Steuerberater müsse es dann aber erlaubt sein, seine Mitarbeit im Verwaltungsverfahren zu vervollständigen und diese unmittelbar geg...

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