Rz. 44

Mit der Zweiten Richtlinie des Rates v. 11.4.1967 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die USt-Struktur und Anwendungsmodalitäten des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems[1] wurden die Grundprinzipien eines Mehrwertsteuersystems mit Vorsteuerabzug konkretisiert und bereits die Struktur und die wichtigsten Anwendungsmodalitäten festgelegt. Die Richtlinie ließ den Mitgliedstaaten aber noch gewisse Freiheiten, z. B. bei den Steuerbefreiungen und Steuersätzen sowie bei der Besteuerung der Dienstleistungen, der Kleinunternehmer und der Landwirtschaft. Auf der 1. und 2. EWG-Richtlinie beruhte die in Deutschland zum 1.1.1968 vollzogene Reform des Mehrwertsteuersystems mit dem Übergang von der kumulativen Brutto-Allphasenumsatzsteuer zu dem heutigen Mehrwertsteuersystem mit Vorsteuerabzug. Nach Art. 5 Abs. 5 der 2. EG-Richtlinie ist die Steuerschuld eines Steuerpflichtigen in der Höhe entstanden, die sich aus der zum Zeitpunkt einer Lieferung festgestellten Besteuerungsgrundlage ergibt. Weder Art. 8 Buchst. a noch ein anderer Artikel der 2. EG-Richtlinie kann dahin ausgelegt werden, dass eine Berichtigung der Besteuerungsgrundlage oder der entrichteten Steuer nach der Lieferung, die den Zeitpunkt der Verwirklichung des Steuertatbestands darstellt, zuzulassen war. Dieses Ergebnis lässt sich auch nicht durch den Neutralitätsgrundsatz korrigieren. Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität ist keine Regel des Primärrechts, die für sich genommen die Bestimmung der Höhe der Besteuerungsgrundlage i. S. v. Art. 8 Buchst. a der 2. EG-Richtlinie erlaubt. Er kann auch nicht den Umstand kompensieren, dass die 2. EG-Richtlinie keine mit Art. 11 Teil C Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie vergleichbare Vorschrift enthält.[2]

Rz. 45 – 48 einstweilen frei

[1] 67/228/EWG, ABl. EG 1967, 1303.
[2] EuGH v. 19.12.2012, C-310/11, Grattan, HFR 2013, 194, zu Lieferungen, die im Vereinigten Königreich vor dem 1.1.1978 bewirkt wurden, und daraus resultierende Ansprüche auf Rückerstattung von als MwSt entrichteten Zahlungen.

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