Rz. 5

Mit § 3 Abs. 1b UStG, der die Steuerbarkeit unentgeltlicher Wertabgaben aus einem Unternehmen bezüglich körperlicher Gegenstände regelt – die unentgeltliche Wertabgabe in Form von Dienstleistungen normiert der gleichfalls ab dem 1.4.1999 geltende § 3 Abs. 9a UStG[1] –, hat der deutsche Gesetzgeber die (spätestens) seit dem Urteil des EuGH v. 27.6.1989[2] fällige Anpassung an Art. 5 Abs. 6 der 6. EG-Richtlinie vorgenommen. Die Rechtslage nach dem Wortlaut des UStG 1980 war, weil das Gesetz keinen Bezug zum vorherigen Vorsteuerabzug hinsichtlich des gelieferten Gegenstands herstellte, nicht konform mit den zwingenden unionsrechtlichen Vorgaben. Die Verwaltung hatte zwar im Gefolge der EuGH- und BFH-Rechtsprechung die Voraussetzung des in Anspruch genommenen Vorsteuerabzugs für den Eigenverbrauch durch Entnahme und Verwendung eines Gegenstands gem. § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und b UStG postuliert in Abschn. 9 Abs. 2 und Abschn. 155 Abs. 3 UStR 1996, aber der Gesetzgeber in Deutschland hat erst zum 1.4.1999 auf diese Entwicklung reagiert. Seither setzt die steuerbare unentgeltliche Wertabgabe bei Gegenständen den vollständigen oder zumindest teilweisen Vorsteuerabzug voraus (Rz. 14).

 

Rz. 6

Wie schon die 6. EG-Richtlinie und inzwischen die MwStSystRL führt das deutsche Gesetz die den entgeltlichen Lieferungen gleichgestellten unentgeltlichen Umsätze nicht bereits bei der Aufzählung der steuerbaren Tatbestände in § 1 UStG auf, sondern erst unmittelbar im Zusammenhang mit der Definition der Lieferung gem. § 3 Abs. 1 UStG. Ebenso ist es bei den unentgeltlichen Wertabgaben in Form von Dienstleistungen gem. § 3 Abs 1 UStG. Damit deutet dies auf die Absicht des Unionsrechts hin, dass alle Regelungen, die für die entgeltlichen Lieferungen gelten, auch für die gleichgestellten unentgeltlichen Zuwendungen anzuwenden sind.

 

Rz. 7

Mit dieser Gleichstellung soll die umfassende Belastung des privaten Letztverbrauchs mit USt gewährleistet werden: Wenn ein Unternehmer seinem Unternehmen Gegenstände zuführt, hat er regelmäßig das Recht zum Vorsteuerabzug gem. § 15 UStG. Die im Unternehmen liegenden Gegenstände sind dann also umsatzsteuerlich unbelastet. Entnimmt der Unternehmer diese für seine privaten Zwecke oder gibt er sie unentgeltlich an sein Personal für dessen private Zwecke, dann muss über die Besteuerung dieser Wertabgabe die Belastung hergestellt werden, die einträte, wenn sich der Unternehmer oder sein Personal für ihren privaten Bedarf bei fremden Unternehmern gegen Entgelt versorgt hätten.[3] Dieser Zugriff in Form eines eigenen Steuertatbestands ist unter Gleichheitsgesichtspunkten vorzugswürdiger gegenüber der bloßen Vorsteuerkorrektur. Nur so kommt es zu einer gleichmäßigen Belastung des Letztverbrauchs.[4] Das zeigt sich z. B. im Fall der Anhebung des Steuersatzes und das entspricht auch der Vorgabe von Art. 74 MwStSystRl zur Bemessungsgrundlage, der § 10 Abs. 4 UStG folgt: Die dort genannten Werte sind aktuell auf den Zeitpunkt des Umsatzes bezogen und sind nicht die historischen Werte im Zeitpunkt des Bezugs der Vorleistung, die dem Unternehmen zugeordnet werden durfte. Das verkennen Stadie[5] sowie Wagner[6] bei ihrer Fixierung auf die bloße Rückgängigmachung des Vorsteuerabzugs im Fall der Entnahme. Es stimmt zwar, dass bei einem Nichtunternehmer die Wertsteigerung eines angeschafften Gegenstands umsatzsteuerlich ohne Belang ist, während bei einem Unternehmen dies im Fall eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands eine Rolle spielt. Die Gleichstellung von unentgeltlichen Umsätzen mit entgeltlichen Umsätzen ist nur bei Unternehmern denkbar und sie bedeutet eben nicht, dass der Unternehmer im Fall der unentgeltlichen Wertabgabe in jeder Hinsicht einem Nichtunternehmer gleichzustellen ist.

 

Rz. 8

Das FG Thüringen hat es in dem Beschluss v. 9.6.2009[7] als ernstlich zweifelhaft angesehen, ob die Entnahme eines Pkw aus dem Unternehmen auch nach Ablauf des Vorsteuerberichtigungszeitraums gem. § 15a Abs. 1 UStG von fünf Jahren besteuert werden darf. Diese Frage kann sich nur ergeben, wenn man sich vom Wortlaut des § 3 Abs. 1b UStG löst, denn dort ist nur vorausgesetzt, dass der Vorsteuerabzug vorgenommen wurde; irgendeine Frist, innerhalb der die Entnahme stattzufinden hat, gibt es in der Norm nicht. Also kann man zu den Überlegungen des FG Thüringen nur gelangen, wenn man meint, das System der Entnahmebesteuerung sei so zu verstehen, dass nach fünf Jahren der Verbrauch in Form der Entnahme nicht mehr versteuert werden dürfe, weil auch Verwendungsänderungen gem. § 15a UStG nicht mehr zu einer Korrektur des Vorsteuerabzugs führen sollen. Das kann nicht überzeugen, denn die Erwähnung des § 3 Abs. 1b UStG als Vorsteuerberichtigungsanlass in § 15a Abs. 8 UStG ist nur unter dem Gesichtspunkt der Verhältnisse hinsichtlich der Vorsteuerabzugsberechtigung von Interesse.[8]

 

Rz. 9

Eine Besteuerung der Entnahmen mit der Bemessungsgrundlage Null[9] machte indessen keinen praktischen Sinn. Die systematisch vorrangige Frage...

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