Rz. 46

Die Bereitstellung einer elektronischen Schnittstelle an sich genügt nicht, um die Rechtsfolgen von § 3 Abs. 3a UStG auszulösen. Denn der Anwendungsbereich dieser Vorschrift wird durch die Definition des Unterstützens eingeschränkt, die in Art. 5b der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011, zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) 2019/2026, enthalten ist.[1] Die Voraussetzung des Unterstützens durch den Betreiber der elektronischen Schnittstelle ist in § 3 Abs. 3a S. 1 und 2 UStG jeweils als Tatbestandsmerkmal enthalten. Demnach kommt die Fiktion einer Lieferkette nur dann in Betracht, wenn der Betreiber mittels der elektronischen Schnittstelle unterstützt.

 

Rz. 47

Aus Art. 5b MwStVO leitet sich ab, wann ein Unterstützen in diesem Sinne vorliegt. Demnach unterstützt ein Unternehmer eine Lieferung i. S. d. § 3 Abs. 3a S. 1 UStG oder einen Fernverkauf i. S. d. § 3 Abs. 3a S. 2 UStG mittels seiner elektronischen Schnittstelle, wenn er es einem Erwerber und einem Lieferer, der über diese elektronische Schnittstelle Gegenstände zum Verkauf anbietet, ermöglicht, in Kontakt zu treten, woraus eine Lieferung von Gegenständen über diese elektronische Schnittstelle an den Erwerber resultiert. Ein Unternehmer unterstützt nach Art. 5b Abs. 2 MwStVO eine solche Lieferung aber dann nicht, wenn kumulativ die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

  1. der Unternehmer legt weder unmittelbar noch mittelbar irgendeine der Bedingungen für die Lieferung der Gegenstände fest (dazu Rz. 49),
  2. der Unternehmer ist weder unmittelbar noch mittelbar an der Autorisierung der Abrechnung mit dem Erwerber bezüglich der getätigten Zahlung beteiligt (dazu Rz. 50) und
  3. der Unternehmer ist weder unmittelbar noch mittelbar an der Bestellung oder Lieferung der Gegenstände beteiligt (dazu Rz. 51).
 

Rz. 48

Die Finanzverwaltung nimmt in Abschn. 3.18 Abs. 3 UStAE zu diesen drei kumulativ erforderlichen Voraussetzungen jeweils Indizien an, die für sich genommen keinen Beweis darstellen, sondern eine Gesamtbewertung im Einzelfall erfordern. Das Vorliegen dieser Indizien kann als Beweisanzeichen im konkreten Einzelfall verstanden werden. Die in Abschn. 3.18 Abs. 3 UStAE enthaltene Auflistung ist nicht als kumulative und zudem nicht als erschöpfende Auflistung von Beweisanzeichen zu verstehen.[2]

 

Rz. 49

Nach Auffassung der Finanzverwaltung können die nachfolgenden Merkmale darauf hindeuten, dass ein Unternehmer eine elektronische Schnittstelle betreibt, für die er die Bedingungen für die Lieferung der Gegenstände festlegt (Rz. 47 Nr. 1)[3]:

  • Die elektronische Schnittstelle ist Eigentümer oder Verwalter der technischen Plattform, über die die Gegenstände geliefert werden.
  • Die elektronische Schnittstelle legt Regeln für die Auflistung und den Verkauf von Gegenständen über ihre Plattform fest.
  • Die elektronische Schnittstelle ist Eigentümer der Daten des Erwerbers in Verbindung mit der Lieferung.
  • Die elektronische Schnittstelle stellt die technische Lösung für die Erteilung der Bestellung oder die Einleitung des Kaufs bereit (z. B. durch Platzierung der Gegenstände in einem Warenkorb).
  • Die elektronische Schnittstelle organisiert bzw. verwaltet die Übermittlung des Angebots, die Annahme des Auftrags oder die Bezahlung der Gegenstände.
  • Die elektronische Schnittstelle legt die Bedingungen fest, unter denen der Lieferer oder der Erwerber die Kosten für die Rücksendung der Gegenstände zu tragen hat.
  • Die elektronische Schnittstelle schreibt dem zugrunde liegenden Lieferer eine oder mehrere spezifische Zahlungsmethoden, Lager- oder Erfüllungsbedingungen oder Versand- oder Liefermethoden vor, die zur Erfüllung des Geschäfts verwendet werden müssen.
  • Die elektronische Schnittstelle hat das Recht, die Zahlung des Erwerbers für den zugrundeliegenden Lieferer zu bearbeiten oder einzubehalten oder den Zugriff auf die Beträge in anderer Weise einzuschränken.
  • Die elektronische Schnittstelle ist in der Lage, eine Gutschrift für den Umsatz ohne Zustimmung oder Genehmigung des zugrunde liegenden Lieferers auszustellen, falls die Gegenstände nicht ordnungsgemäß empfangen wurden.
  • Die elektronische Schnittstelle bietet Kundendienst, Unterstützung bei der Rücksendung oder dem Umtausch von Gegenständen oder Beschwerde- oder Streitbeilegungsverfahren für Lieferer und/oder deren Erwerber.
  • Die elektronische Schnittstelle hat das Recht, den Preis festzulegen, zu dem die Gegenstände verkauft werden, z. B. indem sie im Rahmen eines Kundenbindungsprogramms einen Rabatt anbietet, die Preisgestaltung kontrolliert oder beeinflusst.
 

Rz. 50

Nach Auffassung der Finanzverwaltung können die nachfolgenden Merkmale darauf hindeuten, dass eine elektronische Schnittstelle an der Autorisierung der Abrechnung beteiligt ist (Rz. 47 Nr. 2)[4]:

  • Über die elektronische Schnittstelle werden dem Erwerber Informationen zur Zahlung wie der zu zahlende Preis, seine Zusammensetzung, etwaige zusätzliche Gebühren, Zahlungsfristen, Zahlungsmodalitäten usw. bereitgestellt.
  • Die elektronische Schnittstelle leitet das Ve...

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