1 Allgemeines

 

Rz. 1

Im Zusammenhang mit der geplanten, dann aber wieder aufgegebenen Einführung einer sog. "Gasumlage" ist der Steuersatz für die Lieferung von Erdgas über das Erdgasnetz auf den ermäßigten Steuersatz von 7 % abgesenkt worden. Obwohl die Einführung der Gasumlage später aufgegeben wurde, ist die Absenkung des Steuersatzes zum 1.10.2022 umgesetzt worden. Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens ist durch den Finanzausschuss des Bundestags darüber hinaus eine Ausweitung der Absenkung des Steuersatzes auf die Lieferung von Wärme durch ein Wärmenetz beschlossen worden. Die gesetzliche Umsetzung ist nicht durch eine Aufnahme dieser Tatbestände in § 12 Abs. 2 UStG vorgenommen worden, es ist vielmehr – wie auch schon bei der temporären Absenkung des Steuersatzes in der Zeit vom 1.7. bis 31.12.2020 – in den zeitlich begrenzten Fassungen des Gesetzes in § 28 Abs. 5 und Abs. 6 UStG geregelt worden.

1.1 Zeitlicher Anwendungsbereich

 

Rz. 2

Die Vorschriften des § 28 Abs. 5 und Abs. 6 UStG sind rückwirkend zum 1.10.2022 durch das Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz[1] eingeführt worden und sind – derzeit – befristet für alle Lieferungen, die bis zum 31.3.2024 ausgeführt werden.

[1] Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz v. 19.10.2022, BGBl I 2022, 1743.

1.2 Stellung im Unionsrecht

 

Rz. 3

Die Absenkung des Steuersatzes für die Lieferung von Gas (Erdgas sowie Biogas) als auch von Fernwärme basiert auf Art. 98 Abs. 1 MwStSystRL und Anhang III Nr. 22 zur MwStSystRL. Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes für die Lieferung von Erdgas ist unionsrechtlich bis 1.1.2030 befristet, liegt also national innerhalb des anwendbaren Zeitrahmens.

2 Lieferung von Gas über das Erdgasnetz

 

Rz. 4

Nach § 28 Abs. 5 UStG ist die Lieferung von Gas über das Erdgasnetz für alle ab dem 1.10.2022 ausgeführten Leistungen mit dem ermäßigten Steuersatz zu besteuern. Nicht festgelegt ist danach, um welche Art Gas es sich handeln muss, sodass unter die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes sowohl Erdgas als auch Biogas fallen kann.

 

Rz. 5

Nach der Gesetzesfassung ist nur die Lieferung von Gas über das Erdgasnetz von der Absenkung des Steuersatzes erfasst. In der Gesetzesbegründung[1] sowie auch noch in einem Entwurf eines Anwendungsschreibens des BMF[2] war noch ausdrücklich die Lieferung über andere Vertriebswege (z. B. mit Tankwagen oder in Kartuschen) von der Absenkung des Steuersatzes ausgeschlossen worden. Nach dem endgültigen Anwendungsschreiben[3] ist dagegen ausdrücklich auch die Lieferung von Gas mit dem ermäßigten Steuersatz zu besteuern, das vom leistenden Unternehmer per Tanklastwagen zum Leistungsempfänger für die Wärmeerzeugung transportiert wird. Im Ergebnis ist dies zutreffend, da es nach dem Regelungszweck nicht nachvollziehbar wäre, wenn aufgrund der stark gestiegenen Gaspreise die Lieferung von Erdgas über das Erdgasnetz steuerlich begünstigt wird, die Lieferung in Tankwagen (z. B. zur Versorgung in nicht durch ein Gasnetz erschlossenen Außengebieten) aber weiterhin dem Regelsteuersatz nach § 12 Abs. 1 UStG unterliegen würde. Die von der Finanzverwaltung vorgenommene Anwendung geht aber über die gesetzlichen Regelungen hinaus und wird von der verabschiedeten Gesetzesfassung nicht mit erfasst.

 

Rz. 6

Unter die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes fallen auch in der Zeit vom 1.10.2022 bis 31.3.2024:[4]

  • Die Einspeisung von Gas in das Erdgasnetz.
  • Die Herstellung eines Hausanschlusses für die Gasversorgung. Dies entspricht auch den Grundsätzen für die Herstellung von Hauswasseranschlüssen für die Trinkwasserversorgung, da der BFH[5] festgestellt hatte, dass unter die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes für die "Lieferung von Trinkwasser" auch das Legen eines Hauswasseranschlusses fällt, selbst wenn diese Leistung nicht von dem Wasserversorgungsunternehmen erbracht wird, das das Wasser liefert.
  • Die Mehr-/Mindermengen-Abrechnung von Gas auf Ebene des Ausspeisenetzbetreibers sowohl im Verhältnis zum Transportkunden als auch im Verhältnis zum Marktgebietsverantwortlichen.
 

Rz. 7

Nicht unter die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes als "Lieferung von Gas" fallen davon unabhängige Leistungen, insbesondere die Ausführung von sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit dem Gastransport, die nicht Teil der Gaslieferung sind. Damit unterliegen eigenständig ausgeführte Leistungen, wie Gastransport, Dienstleistungen i.Z.m. dem Erdgasnetz, Netznutzungsentgelte oder Leistungen i.Z.m. der Gasspeicherung, dem Regelsteuersatz nach § 12 Abs. 1 UStG.

 

Rz. 8

Die Absenkung des Steuersatzes auf die Lieferung von Gas über das Erdgasnetz kann sich nur auf die Umsatzsteuer beziehen, die durch steuerbare und steuerpflichtige Lieferungen im Inland ausgelöst wird. Der Ort der Lieferung bestimmt sich dabei nach § 3g UStG und ist bei einer Lieferung an einen Wiederverkäufer dort, wo der Leistungsempfänger sein Unternehmen betreibt[6] bzw. bei der Lieferung an einen Verbraucher dort, wo der Verbrauch stattfindet (§ 3g Abs. 2 UStG). Einen innergemeinschaftlichen Erwerb kann es b...

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