7.1 Gründe für den Wechsel

 

Rz. 288

Die Regelung in § 24 Abs. 4 UStG gibt jenen Land- und Forstwirten, denen die Besteuerung nach Durchschnittssätzen nachteilig erscheint, die Möglichkeit, eine andere Besteuerungsform zu wählen, nämlich die Regelbesteuerung oder (sofern die Voraussetzungen dafür erfüllt sind) die Kleinunternehmerregelung nach § 19 Abs. 1 UStG. In der Regel wird für einen Land- und Forstwirt, der nur Umsätze erzielt, die der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG unterliegen, und für die grundsätzlich keine Zahllast an das FA abzuführen ist, kein besonderes Interesse bestehen, sich für die Besteuerung nach den allgemeinen Vorschriften des UStG zu entschließen. Denn die Durchschnittssatzbesteuerung ist in ihrer Handhabung wesentlich einfacher als die Regelbesteuerung, zumal im Fall der Regelbesteuerung zusätzliche Aufzeichnungen zu fertigen sind (Rz. 274ff.). Besondere Gründe können gleichwohl die Regelbesteuerung vorteilhafter erscheinen lassen, z. B. wenn bei größeren Investitionen dadurch ein höherer Vorsteuerabzug erreicht werden kann als mit dem pauschalen Vorsteuerabzug der Durchschnittssatzbesteuerung (Rz. 257ff.), oder wenn weit überwiegend eine Direktvermarktung eigener Erzeugnisse an nicht zum Vorsteuerabzug berechtigte Abnehmer erfolgt (Rz. 5). Weiterhin könnte der Land- und Forstwirt den Abgrenzungsfragen und praktischen Problemen (z. B. der Vorsteueraufteilung), die die Rechtsprechung des EuGH und des BFH zur engen und richtlinienkonformen Auslegung des § 24 UStG (Rz. 41) mit der Einschränkung von dessen Anwendungsbereich (Rz. 129ff.) hervorgerufen hat, mit einer Option zur Regelbesteuerung nach § 24 Abs. 4 UStG aus dem Weg gehen. Ob gerade im beschriebenen Fall einer größeren Investition der Vorteil der Erlangung des vollen Vorsteuerabzugs angesichts der fünfjährigen Bindung des optierenden Unternehmers an die Regelbesteuerung und unter Berücksichtigung der Kosten für Aufzeichnungen, steuerliche Beratung etc. nicht wieder aufgehoben wird, müsste im jeweiligen Einzelfall genau bedacht bzw. berechnet werden, wenngleich die Konsequenzen der Option über einen Fünf-Jahres-Zeitraum nicht bis ins Letzte zu kalkulieren sein werden.[1]

[1] S. auch Mindermann/Lukas, NWB 2015, 1392.

7.2 Die Optionserklärung

 

Rz. 289

Spätestens bis zum 10. Tag eines Kalenderjahrs kann der Land- und Forstwirt gem. § 24 Abs. 4 S. 1 UStG gegenüber dem FA in Ausübung seines Gestaltungsrechts erklären, dass seine Umsätze vom Beginn des vorangegangenen Kalenderjahrs an nicht nach den Durchschnittssätzen des § 24 UStG, sondern nach den allgemeinen Vorschriften des Gesetzes besteuert werden sollen. Es handelt sich also – wie bei den anderen im UStG vorgesehenen Optionserklärungen – um eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung.[1]

Die Optionserklärung kann bereits vor Aufnahme der Umsatztätigkeit abgegeben werden und ist auch dann wirksam, wenn es nicht zu den beabsichtigten Verwendungsumsätzen kommt.[2] Ist die Optionsfrist für das Kj., für das die Erklärung abgegeben worden ist, bei deren Eingang bereits abgelaufen, ist die Erklärung verspätet und unwirksam; da diese Optionserklärung aber im Hinblick auf das Folgejahr rechtzeitig sein kann, ist ggf. zu ermitteln, ob die Option ab dem frühestmöglichen Zeitpunkt mit der Bindung von fünf Jahren gelten soll.[3] Als Willenserklärung ist die Option auslegungsfähig (Rz. 291); insbesondere bei offenbaren Schreibfehlern, Zahlendrehern o. Ä. kommt es in Betracht, unter Berücksichtigung der dem FA bekannten Umstände den wirklichen Willen des Steuerpflichtigen zu ermitteln.[4]

 

Rz. 290

Die Frist nach § 24 Abs. 4 S. 1 UStG kann nicht verlängert werden; § 24 Abs. 4 S. 5 UStG gilt hierfür nicht entsprechend.[5] Eine Verlängerung der Frist ist auch nach § 109 AO nicht möglich. Unberührt bleibt die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 110 AO bei unverschuldeter Fristversäumnis. Fällt der 10.1. eines Kalenderjahres auf einen Sonnabend, Sonntag oder Feiertag (wie z. B. der 10.1.2021), dann verlängert sich die gesetzliche Ausschlussfrist des § 24 Abs. 4 S. 1 UStG nach § 108 Abs. 3 AO bis zum Ablauf des nächstfolgenden Werktages. Da die Mitgliedstaaten nach Art. 296 Abs. 3 MwStSystRL die Einzelheiten und Voraussetzungen der Option zur Regelbesteuerung festlegen, dürfte die Ausschlussfrist in § 24 Abs. 4 S. 1 UStG unionsrechtskonform sein.[6] Dagegen würde eine Verlängerung der Optionsfrist etwa bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung auf unionsrechtliche Bedenken stoßen, weil dadurch die Ermittlung der Vorsteuerbelastung der Pauschallandwirte der jeweils letzten drei Jahre nach Art. 298 MwStSystRL (Rz. 35ff.) verfälscht werden könnte.[7] Dem BFH[8] zufolge bestehen gegen die Optionsfrist auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Da der Gesetzgeber die Optionserklärung rückwirkend für das Kj. zulässt, geht er davon aus, dass der Land- und Forstwirt im Laufe des betreffenden Kj. ausreichend Zeit hat, diese Entscheidung zu treffen, die dann bis zum 10. Tag des Folgejahrs beim FA eingegangen sein muss. E...

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