Rz. 179

Wird ein als uneinbringlich behandeltes Entgelt nachträglich doch noch vereinnahmt, so sind nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 UStG der Steuerbetrag und der Vorsteuerabzug erneut zu berichtigen. Die Vorschrift folgt wiederum wie § 17 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 UStG dem Gedanken, dass letztlich das tatsächlich Aufgewendete für die Besteuerung und somit auch für den Vorsteuerabzug maßgebend ist (Rz. 144, Rz. 145). Das kann auch das Entgelt seitens eines Dritten sein, das für eine Leistung des Unternehmers nach Uneinbringlichwerden des ursprünglichen Entgelts geleistet wird, z. B. durch eine Bank.[1] Besonders zu prüfen ist dabei der Entgelt-Charakter der Zahlung des Dritten. Das Entgelt muss für die Leistung aufgewendet worden sein. Leistet der Leistungsempfänger Schadensersatz oder eine Vertragsstrafe, so hat die Zahlung keinen Entgelt-Charakter. Tritt die Warenkreditversicherung ein, so ist auch deren Zahlung keine nachträgliche Erbringung des Entgelts. In den beiden letzteren Fällen und bei ähnlichen Abläufen ist § 17 Nr. 1 S. 2 UStG nicht anwendbar.[2] Ein Fall der erneuten Berichtigung nach § 17 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 UStG ist auch dann gegeben, wenn ein durch Insolvenzeröffnung uneinbringlich gewordenes Entgelt dadurch nachträglich vereinnahmt wird, dass der Insolvenzverwalter die Forderung erfüllt.[3] Ein Fall der erneuten zweiten Berichtigung soll nach Auffassung des BFH auch dann gegeben sein, wenn bei Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters mit allgemeinem Zustimmungsvorbehalt und mit Recht auf Forderungseinzug dieser Insolvenzverwalter das Entgelt nachfolgend vereinnahmt, nachdem der Steuerbetrag für die steuerpflichtigen Leistungen vor der Insolvenzverwalter-Bestellung wegen Uneinbringlichkeit berichtigt worden war.[4]

Hat ein Unternehmer, der der Besteuerung nach vereinbarten Entgelten unterliegt (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UStG), eine Leistung vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbracht, für die erst der Insolvenzverwalter die Gegenleistung vereinnahmt, führt die Vereinnahmung durch den Insolvenzverwalter nach nunmehr ständiger Rechtsprechung des BFH[5] zu einer Berichtigung nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 und Abs. 1 S 1 UStG, die insolvenzrechtlich eine Masseverbindlichkeit i. S. v. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO begründet, während die zuvor für Leistungserbringung vorgenommene Besteuerung für das Jahr der Insolvenzeröffnung zu berichtigen (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 1 S. 1 UStG) und bei der Berechnung der sich für dieses Jahr ergebenden Umsatzsteuerjahresinsolvenzforderung zu berücksichtigen ist. Der BFH argumentiert, Masseverbindlichkeiten i. S. v. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO seien die Verbindlichkeiten, die "durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören". Ob es sich bei einem Steueranspruch um eine Insolvenzforderung i. S. v. § 38 InsO oder um eine Masseverbindlichkeit handele, bestimme sich nach dem Zeitpunkt, zu dem der den Umsatzsteueranspruch begründende Tatbestand vollständig verwirklicht und damit abgeschlossen sei. Unerheblich sei demgegenüber der Zeitpunkt der Steuerentstehung. Welche Anforderungen im Einzelnen an die vollständige Tatbestandsverwirklichung zu stellen seien, richte sich nach den jeweiligen Vorschriften des Steuerrechts, nicht aber nach Insolvenzrecht. Komme es zur vollständigen Tatbestandsverwirklichung bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens, handele es sich um eine Insolvenzforderung. Erfolge die vollständige Tatbestandsverwirklichung erst nach Verfahrenseröffnung, liege unter den Voraussetzungen des § 55 InsO eine Masseverbindlichkeit vor. Letzteres sei hier der Fall, denn der sich aus § 17 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 UStG ergebende Steueranspruch sei, wie sich aus § 17 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 S. 7 UStG ergebe, erst mit der Vereinnahmung des Entgelts vollständig verwirklicht und damit abgeschlossen. Insgesamt würden damit die erste Steuerberichtigung aufgrund der Uneinbringlichkeit im vorinsolvenzrechtlichen Unternehmensteil und die zweite Steuerberichtigung aufgrund der Vereinnahmung zu einer zutreffenden Besteuerung des Gesamtunternehmens führen.[6] Zum einen erfordert die insolvenzrechtlich vorgegebene Aufteilung in Insolvenzforderung (§ 38 InsO) und Masseverbindlichkeit (§ 55 InsO), dass der sich für den Besteuerungszeitraum (§ 16 UStG) ergebende Steueranspruch diesen Bereichen entsprechend aufgeteilt wird. Hierzu sind die Steueransprüche aus erbrachten Leistungen, die abziehbaren Vorsteuerbeträge aus bezogenen Leistungen ebenso wie die Berichtigungsansprüche und die weiteren bei der Steuerberechnung zu berücksichtigenden Besteuerungsgrundlagen den jeweiligen Bereichen der §§ 38, 55 InsO zuzuordnen, sodass sich hieraus eine Umsatzsteuerjahresinsolvenzforderung und eine Umsatzsteuerjahresmasseverbindlichkeit ergibt. Zum anderen hat die Insolvenzeröffnung auch materiell-rechtliche Rechtsfolgen, wie das Beispiel der Vorsteuerberic...

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