Rz. 68

Die Gegenstände, die nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG dem ermäßigten Steuersatz unterliegen, sind in der Anlage 2 des UStG erschöpfend aufgezählt. Der Inhalt der einzelnen Warenbegriffe ist darin durch Verweisung auf den Zolltarif (Kapitel, Position, Unterposition) festgelegt. Die Hinweise auf den Zolltarif in der rechten Spalte der "Liste der dem ermäßigten Steuersatz unterliegenden Gegenstände" haben nicht etwa die Funktion einer beispielhaften Angabe, sondern einer abschließenden Abgrenzung. Soweit die Verweisungen bei den einzelnen Warenpositionen der Anlage 2 des UStG vollständige Kapitel, Positionen oder Unterpositionen des Zolltarifs umfassen, sind deshalb alle hierzu gehörenden Waren begünstigt, auch wenn das im Wortlaut der jeweiligen Warenpositionen nicht zum Ausdruck kommt, z. B. weil die Fassung nur der Kapitelüberschrift des Zolltarifs entspricht (Beispiel: Unter Nr. 2 der Anlage 2 des UStG fallen alle Waren des Kap. 2 des Zolltarifs). Bei Expositionen (aus Position … oder aus Kapitel … des Zolltarifs) unterliegen nicht alle Gegenstände der betreffenden Position oder des Kapitels des Zolltarifs dem ermäßigten Steuersatz. In diesen Fällen sind entweder die begünstigten Waren ausdrücklich aufgeführt (z. B. Nr. 21 der Anlage 2 des UStG), sodass alle anderen Waren der genannten Position von der Vergünstigung ausgeschlossen sind, oder aber die nicht begünstigten Waren sind ausdrücklich ausgenommen (z. B. Nr. 3 der Anlage 2 des UStG), sodass alle anderen Waren der genannten Position unter die Vergünstigung fallen. Rechtssystematisch sind bei Anwendung der Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG zunächst Umfang und Gegenstand der Lieferung zu bestimmen. Erst dann ist zu prüfen, ob der Lieferungsgegenstand einer der nach dem Zolltarif abgegrenzten Warenpositionen der Anlage 2 des UStG zuzuordnen ist (Rz. 43).

 

Rz. 69

Aufgrund der ausdrücklichen Verweisung auf den Zolltarif gelten die zolltariflichen Vorschriften unmittelbar.[1] Bei der Auslegung der einzelnen Regelungen der Anlage 2 des UStG kommt es deshalb allein auf die zolltariflichen Vorschriften und Begriffe an, wenn in der betreffenden Nr. der Anlage 2 des UStG vollumfänglich auf den Zolltarif Bezug genommen wird.[2] Dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.[3] Damit scheidet nach Auffassung des BFH eine Auslegung aus, die sich an den normkonzipierenden Grundsätzen des Gesetzgebers des UStG orientiert, die seinerzeit für die Aufstellung des Katalogs der Anlage des UStG maßgebend waren. Nicht gewünschte Konsequenzen des strengen Zolltarifrechts muss der Gesetzgeber erforderlichenfalls durch Einführung einer ausdrücklichen Ausnahme in die betreffenden Bestimmungen der Anlage 2 des UStG vermeiden.[4] Nach § 26 Abs. 1 UStG kann die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats durch Rechtsverordnung (UStDV) den Umfang der Steuerermäßigung näher bestimmen. Bei der näheren Bestimmung des Umfangs der Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG kann von der zolltariflichen Abgrenzung abgewichen werden. Von dieser Ermächtigung macht die Bundesregierung jedoch derzeit keinen Gebrauch, sodass für die Abgrenzung der in der Anlage 2 des UStG aufgeführten Waren grundsätzlich allein der Zolltarif maßgeblich ist. Lediglich für den Fall, dass in Expositionen (Rz. 68) eigenständige Begriffe verwendet werden, die zolltariflich ohne Belang sind, sind diese Begriffe umsatzsteuerrechtlich auszulegen.[5]

 

Rz. 70

Um der Finanzverwaltung und den Unternehmern die Abgrenzung der begünstigten von den nicht begünstigten Gegenständen nach dem Zolltarif zu erleichtern, hat das BMF eine äußerst umfangreiche Verwaltungsregelung herausgegeben, die – ähnlich wie der UStAE – bei Bedarf an die aktuelle Rechtslage, an die höchstrichterliche Rechtsprechung oder die geänderte Verwaltungsauffassung angepasst wird.[6] Dies hat die FDP-Fraktion des Deutschen Bundestags im Jahr 2006 zu einer kleinen Anfrage an die Bundesregierung mit 50 Einzelfragen veranlasst.[7] Darin fragt die FDP-Fraktion die Bundesregierung u. a., ob diese ein 140-seitiges BMF-Schreiben für ein geeignetes Arbeitsinstrument für die Finanzbehörden halte und wie die Bundesregierung ihre diesbezügliche Auffassung begründe. Die Bundesregierung hat die Frage nach dem geeigneten Arbeitsinstrument bejaht und weiter ausgeführt, dass das BMF-Schreiben die in der Anlage 2 zum UStG genannten Positionen bzw. Unterpositionen des Zolltarifs erläutere. Da es sich streng an der Gesetzesstruktur orientiere, könne der zutreffende Steuersatz für einen bestimmten Gegenstand schnell ermittelt werden, ohne dass es notwendig sei, stets das gesamte Schreiben zu lesen.[8]

 

Rz. 71

Schon das bis 31.12.1967 geltende Umsatzsteuerrecht hatte verschiedene Warenabgrenzungen nach dem Zolltarif vorgenommen, z. B. in der Vergütungsliste (im Fall der Ausfuhr) und in den Freilisten 2 und 3 (im steuerfreien Großhandel). Das Umsatzsteuerrecht ab 1.1.1968 erweitert diese Anlehnung an den Zolltarif im ermäßigt besteuerten Warenbereich auf den ges...

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