Rz. 30

Der Finanzausschuss des Bundestags hatte das BMF gebeten, einen Bericht zum Thema "Ermäßigter Umsatzsteuersatz" vorzulegen. Dem ist das BMF durch seinen Bericht v. 30.10.2007[1] nachgekommen. Es weist darauf hin, dass im Regierungsentwurf eines Steuervergünstigungsabbaugesetzes[2] die Aufhebung einiger Steuerermäßigungen (z. B. für lebende Tiere, Pflanzen und Pflanzenteile, Schnittblumen, Samen, Tierfutter, Düngemittel, Holz) vorgesehen war. Der Gesetzgeber habe damals jedoch die Vorschläge der Bundesregierung nicht aufgegriffen. Weiter kommt das BMF in dem Bericht zum Ergebnis, dass die Abgrenzung der begünstigten Waren nach dem Zolltarif zwar nicht immer zu schlüssigen Entscheidungen führe, im Interesse eines funktionierenden Umsatzsteuersystems aber notwendig sei. Es räumt ein, dass die Begründungen für das Gewähren oder Versagen des ermäßigten Umsatzsteuersatzes nicht immer leicht nachvollziehbar seien.

 

Rz. 31

Das BMF zieht in diesem Bericht das Fazit, dass mit Überlegungen, den ermäßigten Umsatzsteuersatz oder seinen Anwendungsbereich zu ändern, verantwortungsvoll umgegangen werden sollte. Nur wenige Ermäßigungstatbestände wie z. B. die niedrige Besteuerung von Lebensmitteln dienten allerdings der steuerlichen Schonung des "soziokulturellen Existenzminimums", bei deren Abschaffung oder Einschränkung mit Forderungen nach Ausgleich zu rechnen wäre.[3] Eine Vielzahl der Regelungen habe dagegen ausgesprochenen Subventionscharakter. Ihre Abschaffung ließe die soziale Balance nicht ins Ungleichgewicht geraten. Veränderte Bedürfnisse der Bevölkerung sowie gewandelte wirtschaftliche Gegebenheiten – insbesondere in der Landwirtschaft – ließen viele Vergünstigungen als überkommen erscheinen. Eine stichhaltige Begründung sei in vielen Fällen entfallen. Die Regelungen seien dem Bürger gegenüber teilweise nicht mehr vermittelbar. Hinzu komme, dass eine nicht unerhebliche Anzahl von bestehenden Ermäßigungstatbeständen gemeinschaftsrechtlich problematisch sei. Die Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigten allerdings, wie schwierig es sei, einen politischen Prozess in Gang zu setzen, der beherrschbar bleibe. Jedenfalls sei es bisher nicht gelungen, den Anwendungsbereich des ermäßigten Umsatzsteuersatzes auf einen soziokulturellen Kernbereich zu beschränken. Bei einer Überarbeitung der Umsatzsteuerermäßigungen seien erhebliche Proteste derjenigen zu erwarten, denen der ermäßigte Umsatzsteuersatz genommen würde, und derjenigen, die weiterhin nicht begünstigt werden könnten.

 

Rz. 32

Nach Auffassung des BMF in seinem Bericht v. 30.10.2007 müssten bei einer Überarbeitung der Umsatzsteuerermäßigung weitere im Zusammenhang mit den Ermäßigungstatbeständen stehende Sonderregelungen auf den Prüfstand. Dies beträfe insbesondere die Durchschnittssatzbesteuerung für Land- und Forstwirte nach § 24 UStG. Gerade in Anbetracht der Koalitionsvereinbarung[4], in der sich die Regierungsparteien vorgenommen hätten, den ermäßigten Umsatzsteuersatz aus Gründen der sozialen Balance unverändert zu lassen, bestehe kein unmittelbarer Handlungsbedarf. Dementsprechend haben in der 16. Legislaturperiode (bis Herbst 2009) weder Bundesregierung noch Bundestag oder Bundesrat Initiativen ergriffen, grundlegende Änderungen beim Anwendungsbereich des ermäßigten Steuersatzes herbeizuführen. Mit dem Jahressteuergesetz 2008[5] ist durch Änderung des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG lediglich eine Steuerermäßigung für die Beförderungen mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen (insbesondere Skilifte) mWv 1.1.2008 eingeführt worden.

[1] Bericht über die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes v. 30.10.2007, UR 2007, 927.
[2] BR-Drs. 866/02.
[3] Leipold, UR 2009, 584.
[4] Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD v. 11.11.2005.
[5] Art. 8 Nr. 4a JStG 2008 v. 20.12.2007, BGBl I 2007, 3150, BStBl I 2008, 218.

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