3.1 Allgemeines

 

Rz. 20

§ 102 AO erweitert den zur Zeugnisverweigerung berechtigten Personenkreis über § 101 AO hinaus und gibt eine abschließende Aufzählung, welche Berufsgeheimnisse geschützt sind[1]. Die Vorschrift ist nicht anwendbar, wenn die Auskunftsperson nicht zum Kreis der genannten Berufsangehörigen (s. Rz. 5ff.) zählt[2].

Zum sog. Bankgeheimnis s. Rz. 4. Das Steuergeheimnis[3] begründet ebenfalls kein Zeugnisweigerungsrecht, wenn die Auskunftsperson kein Amtsträger ist[4].

 

Rz. 21

Geschützt werden durch § 102 AO Personenkreise oder Institutionen, denen gegenüber der Bürger i. d. R. weitgehende persönliche oder wirtschaftliche Informationen gibt, sodass ein besonderes persönliches Vertrauensverhältnis begründet wird[5]. Gegenüber diesem besonderen Vertrauensverhältnis muss das Interesse an der steuerlichen Sachverhaltsaufklärung zurücktreten (s. Rz. 1).

 

Rz. 22

Die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts liegt nach § 102 AO allein im Ermessen des Weigerungsberechtigten. Das Gericht darf im Rahmen seiner Ermittlungstätigkeit demgemäß diese auch nicht unterstellen[6]. Der Beteiligte hat gegenüber dem Weigerungsberechtigten demnach auch keinen Anspruch darauf, dass er von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch macht[7], der Beteiligte kann ggf. nur umgekehrt durch Entbindung die Ausübung des Aussageverweigerungsrechts verhindern[8].

 

Rz. 23

Auch wenn sich aus dem Mandatsverhältnis[9] oder aus anderem Rechtsgrund Verschwiegenheitspflichten ergeben[10], berührt dies den Entscheidungsspielraum des Weigerungsberechtigten nicht. Die unter Verletzung nichtsteuerlicher Verschwiegenheitspflichten erteilte Auskunft ist voll verwertbar (s. BFH v. 1.2.2001, XI B 11/00, BFH/NV 2001, 811 m. w. N.; BFH v. 14.5.2002, IX R 31/00, BStBl II 2002, 712; s. für das Strafverfahren BGH v. 12.1.1956, 3 StR 195/55, BGHSt 9, 60; s. Dumke, in Schwarz, AO, § 102 Rz. 1c m. w. N.).

 

Rz. 24

Wegen der Geltendmachung des Verweigerungsrechts s. Rz. 8. Eine Begründung für die Ausübung des Verweigerungsrechts muss nicht gegeben werden (s. entspr. Rz. 8). Wegen der Beweiswürdigung s. Rz. 9.

3.2 Inhalt des Zeugnisverweigerungsrechts

 

Rz. 25

§ 102 AO begründet kein generelles Zeugnisverweigerungsrecht des Berufsangehörigen, sondern nur ein solches hinsichtlich des jeweils betroffenen Vertrauensverhältnisses über das, was dem Berufsträger in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekannt geworden ist[1], also ein nur partielles Zeugnisverweigerungsrecht[2].

 

Rz. 26

Das Zeugnisverweigerungsrecht ist nur abhängig davon, dass das Vertrauensverhältnis einmal begründet worden ist. Die berufliche Beziehung zwischen dem Berufsangehörigen und dem Beteiligten braucht zum Zeitpunkt des Auskunftsverlangens nicht mehr existent zu sein[3].

 

Rz. 27

Das Zeugnisverweigerungsrecht des Berufsangehörigen hindert nicht die Ermittlungen gegen ihn in seiner eigenen Steuersache, insbesondere nicht die Anordnung der Außenprüfung[4].

 

Rz. 28

Wegen der Verweigerung der Erstattung eines Gutachtens und der Vorlage von Urkunden oder Wertsachen s. § 104 AO.

 

Rz. 29

Die Weigerungsberechtigten haben – anders als die Angehörigen (s. Rz. 13) – kein Recht zur Eidesverweigerung, wenn sie von ihrem Auskunftsverweigerungsrecht keinen Gebrauch gemacht haben.

 

Rz. 30

Für den in § 102 AO genannten Personenkreis ist – ebenso wie in § 53 StPO – eine Belehrung hinsichtlich der bestehenden Verweigerungsrechte nicht vorgeschrieben[5]. Diese Personen haben sich über ihre berufsbedingten Rechte selbst zu informieren und müssen ihre Rechtsposition kennen[6].

3.3 Weigerungsberechtigte

 

Rz. 31

Das Auskunftsverweigerungsrecht besteht für Geistliche[1], dies sind alle Personen, die im Rahmen einer Religionsgemeinschaft seelsorgerische Aufgaben (s. Rz. 6a) wahrnehmen. Die Regelung trägt der in Art. 4 Abs. 2 GG geschützten Freiheit der ungestörten Religionsausübung Rechnung und dient in erster Linie dem Schutz der Religionsgemeinschaft. Auf den rechtlichen Status der Person oder der Glaubensgemeinschaft kommt es nicht an (vgl. Dumke, in Schwarz, AO, § 102 Rz. 5 m. w. N.).

 

Rz. 32

Mandatsträger der deutschen G...

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