Rz. 56

Ist Bestandskraft durch Rücknahme der Klage eingetreten, ist das Verfahren beendet und eine Präklusion nach § 79b FGO hat sich erledigt. Denn ein etwa ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird gegenstandslos[1]. Im Änderungsverfahren nach §§ 129ff. bzw. 172ff. AO ist der Antragsteller in diesem Fall mit neuem Vortrag aufgrund der Präklusion aus dem erledigten Gerichtsverfahren nicht ausgeschlossen. Es gelten die üblichen Regelungen. Ist dagegen ein Urteil unter Nichtberücksichtigung verspäteten Vorbringens gem. § 79b FGO ergangen und rechtskräftig geworden, steht einer Änderung des mit dem Urteil bestätigten Verwaltungsakts die Rechtskraft gem. § 110 FGO entgegen[2]. Obwohl das Urteil in einem ordnungsgemäßen Verfahren zustande gekommen ist, kann der durch das Urteil bestandskräftig gewordene Verwaltungsakt wegen der nicht berücksichtigten Tatsachen materiell rechtswidrig sein. Für eine Änderung des Verwaltungsakts, die Rechtswidrigkeit voraussetzt, gelten unter dieser Einschränkung gem. § 110 Abs. 2 FGO grundsätzlich die üblichen Regelungen gem. §§ 129ff. AO, für Steuerbescheide §§ 172ff. AO.

[2] Gräber/Ratschow, FGO, 8. Aufl. 2015, § 110 Rz. 18.

6.1.4.2.1 Antrag auf Änderung nach §§ 164, 165 AO

 

Rz. 57

Nach § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende Steuerbescheide können nach § 164 Abs. 2 AO jederzeit geändert werden. Ebenso gilt dies für Steuerbescheide, in denen die Steuer teilweise vorläufig festgesetzt ist .[1] Ergeht nach einem rechtskräftigen Urteil, in dem Vorbringen präkludiert wurde, wiederum ein Änderungsbescheid nach diesen Vorschriften, ist insoweit die Rechtskraft zu beachten, wobei das zurückgewiesene Vorbringen ggf. nicht zugrunde gelegt werden kann[2].

[2] Vgl. auch Kommentierung zu § 110 FGO Rz. 25 und Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 110 FGO Rz. 32.

6.1.4.2.2 Antrag auf Änderung nach §§ 172ff. AO

 

Rz. 58

Grundsätzlich hat die Präklusion gem. § 79b FGO keine Auswirkung auf die Änderung von bestandskräftigen Steuerbescheiden. Die §§ 172, 174, 175, 175a AO sind unter Beachtung der Rechtskraft des Urteils anwendbar. Besonderheiten im Zusammenhang mit § 79b FGO sind im Fall des § 173 AO zu beachten.

6.1.4.2.3 Änderung nach § 173 AO

 

Rz. 59

Eine Änderung nach § 173 AO setzt voraus, dass Tatsachen der Behörde nachträglich bekannt werden. Eine Tatsache wird nachträglich bekannt, wenn sie der Behörde nach Erlass des zu ändernden Bescheids zur Kenntnis kommt[1]. Soll nach einem Urteil, in dem Vorbringen präkludiert wurde, ein Änderungsbescheid nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO ergehen, ist nach der Rechtsprechung darauf abzustellen, ob die Tatsachen oder Beweismittel dem FA nach Schluss der mündlichen Verhandlung bekannt geworden sind[2]. Daraus folgt, dass im Gerichtsverfahren präkludierte Tatsachen nicht Anlass einer Änderung gem. § 173 AO nach rechtskräftigem Urteil sein können.

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