Rz. 38

Durch die Klageerhebung nach § 64 FGO wird das Klageverfahren an- bzw. rechtshängig.[1] Abgeschlossen wird das Verfahren sodann durch eine gerichtliche Entscheidung, wenn nicht zuvor eine Klagerücknahme durch den Kläger i. S. d. § 72 FGO erfolgt, das Verfahren durch übereinstimmende Erledigungserklärungen des Klägers und des Beklagten einvernehmlich beendet wird[2] oder das Verfahren ausnahmsweise ohne streitige Entscheidung aus dem Prozessregister gelöscht wird.[3]

Die – ggf. nach Einwilligung des Beklagten – wirksame Klagerücknahme beendet somit das Verfahren in formeller Hinsicht; der daraufhin nach § 72 Abs. 2 S. 2 FGO zu erlassende Einstellungsbeschluss hat nur deklaratorische Bedeutung (Rz. 48). Durch eine wirksame Klagerücknahme entfallen kraft Gesetzes nach § 155 S. 1 FGO i. V. m. § 269 Abs. 3 S. 1 ZPO die Folgen der Rechtshängigkeit. Das Verfahren gilt rückwirkend als nicht anhängig geworden.[4] Nach Wirksamwerden der Klagerücknahme kann weder die Hauptsache gem. § 138 FGO für erledigt erklärt[5] noch ein Änderungsbescheid nach § 68 FGO Gegenstand des Verfahrens werden.[6]

 

Rz. 39

Ein bereits ergangenes, aber noch nicht rechtskräftiges Urteil wird nach einer wirksamen Klagerücknahme gem. § 155 S. 1 FGO i. V. m. § 269 Abs. 3 S. 1 ZPO wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Ein bereits eingelegtes Rechtsmittel zum BFH wird gegenstandslos. Die Rechtsfolgen der Rücknahme während des Revisionsverfahrens sind vom BFH aus Gründen der Rechtsklarheit vom BFH ausdrücklich auszusprechen.[7] Wenn der BFH im Rechtsmittelverfahren feststellt, dass ein Urteil wegen einer vor Verkündung der erstinstanzlichen Entscheidung erklärte Klagerücknahme nicht hätte ergehen dürfen, hebt er das Urteil auf und gibt die Sache an das FG zurück, damit dieses einen Einstellungsbeschluss gem. § 72 Abs. 2 S. 2 FGO erlässt.[8] Die klageabhängigen Nebenverfahren (z. B. wegen Aussetzung der Vollziehung und Prozesskostenhilfe) werden durch eine Klagerücknahme unzulässig.

 

Rz. 40

Die Rücknahmeerklärung hat unmittelbare Gestaltungswirkung nur für das jeweilige anhängige Verfahren, in dem sie abgegeben wird und kann daher bei mehreren, den gleichen Streitgegenstand betreffenden Verfahren auch nur das zurückgenommene Verfahren beenden.[9] Im Fall der Streitgenossenschaft nach § 59 FGO kann jeder Streitgenosse seine Klage unabhängig von den anderen Streitgenossen zurücknehmen (vgl. auch Rz. 22 und Rz. 50).

Rz. 41 einstweilen frei

 

Rz. 42

Ein Anspruch auf Prozesszinsen besteht auch, wenn nach der Änderung des angefochtenen Bescheids die Klage zurückgenommen wird; in diesem Fall liegt eine "Erledigung des Rechtsstreits" i. S. d. § 236 Abs. 2 Nr. 1 AO vor.[10]

[3] Zu den Einzelheiten zur Löschung des Verfahrens u. a. Schoenfeld, in Gosch, AO/FGO, § 72 FGO Rz. 21-27; Gräber/Herbert, FGO, 9. Aufl. 2019, § 72 Rz. 3.
[5] FG Baden-Württemberg v. 17.5.1993, 9 K 334/86, EFG 1993, 673.
[6] FG Hamburg v. 16.11.1992, III 291/92, EFG 1993, 457.

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