Rz. 47

Nach § 72 Abs. 2 S. 2 FGO stellt das mit der Sache befasste Gericht nach Eintritt der Wirkung einer Rücknahmeerklärung das Verfahren durch einen sog. Einstellungsbeschluss ein.[1] Allerdings wird im Einstellungsbeschluss eine Entscheidung über das Vorliegen einer Klagerücknahme oder deren Wirksamkeit nicht getroffen; so dass dem Beschluss nur eine deklaratorische Bedeutung zu kommt.[2]

 
Praxis-Beispiel

Tenor: "Das Verfahren wird gem. § 72 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung eingestellt, da die Klage zurückgenommen worden ist."

 

Rz. 48

Der Einstellungsbeschluss ergeht im vorbereitenden Verfahren nach § 79a Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 FGO durch den Vorsitzenden oder den bestellten Berichterstatter, sonst durch den Senat oder den nach § 6 FGO befassten Einzelrichter.

 

Rz. 49

Eine förmliche Kostenentscheidung (vgl. Rz. 46) ergeht demgegenüber nach § 144 FGO nur auf Antrag, wenn etwa der Kläger eine Kostenerstattung begehrt oder wenn die Klage von einem vollmachtlosen Vertreter zurückgenommen wird (Rz. 10). Gegen die Kostengrundentscheidung ist gem. § 128 Abs. 4 FGO kein Rechtsmittel gegeben. Auch ein isolierte Anfechtung der Kostengrundentscheidung ist gem. § 145 Abs. 2 FGO ausgeschlossen. Ebenso sind Einstellungsbeschlüsse i. S. d. § 72 Abs. 2 S. 2 FGO gem. § 128 Abs. 2 FGO unanfechtbar. Wird dennoch eine Beschwerde hiergegen eingelegt und die Fehlerhaftigkeit des Einstellungsbeschlusses gerügt, ist die Beschwerde in einen Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens umzudeuten.[3]

 

Rz. 50

Bei einer teilweisen Rücknahme hat das Gericht das Verfahren nur hinsichtlich des zurückgenommenen Teils einzustellen (vgl. Rz. 22). Üblicherweise trennen die FG durch Beschluss den von der Rücknahme betroffenen Teil der Klage nach § 73 Abs. 1 S. 1 FGO ab und stellen das Verfahren hinsichtlich dieses Teils ein.

 
Praxis-Beispiel

Tenor: "Das Verfahren wegen [...] wird abgetrennt und unter einem noch zu vergebenen Aktenzeichen gem. § 72 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung eingestellt, da die Klage zurückgenommen worden ist."

Daneben kann das Gericht aber auch ohne Abtrennung einen sog. Teileinstellungsbeschluss erlassen.[4] Insoweit ist über die Kosten grundsätzlich nicht zu entscheiden, weil in der Endentscheidung über die Kosten des gesamten Verfahrens zu befinden ist.[5] Dem Gericht ist es allerdings auch nicht verwehrt, die Einstellung des Verfahrens in der abschließenden Entscheidung über das gesamte Verfahren zu beschließen.[6]

 

Rz. 51

Das Gericht muss vor Erlass des Einstellungsbeschlusses nach § 72 Abs. 2 S. 2 FGO aber in jedem Fall prüfen, ob die Rücknahme wirksam ist.[7]

Besteht ein Streit über die Wirksamkeit der Rücknahme und gelangt das FG vor Erlass des Einstellungsbeschlusses zu der Auffassung, dass die Rücknahme unwirksam sei, ist das Verfahren fortzusetzen und durch Urteil in der Sache und damit auch über die Unwirksamkeit der Rücknahme zu entscheiden. Das Gericht kann allerdings auch durch Zwischenurteil nach § 155 S. 1 FGO i. V. m. § 303 ZPO über die Unwirksamkeit der Rücknahme entscheiden. In beiden Fällen muss das Gericht im Tenor des Urteils die Unwirksamkeit der Rücknahme feststellen. Besteht Streit über die Wirksamkeit der Rücknahme und kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass eine wirksame Rücknahme vorliegt, ist das ebenfalls im Urteil auszusprechen.[8]

 
Praxis-Beispiel

Tenorierung bei wirksamer Klagerücknahme: "Die Klage ist zurückgenommen".

Tenorierung bei unwirksamer Klagerücknahme: "Es wird festgestellt, dass die Klage nicht wirksam zurückgenommen worden ist".

Eines zusätzlichen Einstellungsbeschlusses gem. § 72 Abs. 2 S. 2 FGO bedarf es nicht. Sofern der Kläger sein Klagebegehren aufrechterhält, ist zugleich die Klage als unzulässig abzuweisen, weil das Fehlen einer Klagerücknahme eine negative Sachentscheidungsvoraussetzung ist (Rz. 4). Im selbständigen Antragsverfahren ist allerdings immer durch Beschluss zu entscheiden.[9] Zur Geltendmachung der Unwirksamkeit der Klagerücknahme nach Ergehen des Einstellungsbeschlusses vgl. Rz. 59ff.

 

Rz. 52

Hat das FG bei einem Streit über die Wirksamkeit der Klagerücknahme durch Urteil entschieden, kommt ein Rechtsmittel zum BFH in Betracht. Ein Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit ist nicht statthaft.[10]

Kommt der BFH im Rahmen seiner Entscheidung über das Rechtsmittel entgegen dem FG-Urteil zu dem Ergebnis, dass die Rücknahme wirksam ist, hätte die erstinstanzliche Entscheidung schon aus formalen Gründen nicht erlassen werden dürfen und kann daher vom BFH entsprechend § 116 Abs. 6 FGO unmittelbar auch im Rahmen der Entscheidung über eine Nichtzulassungsbeschwerde aufgehoben werden.[11] In diesem Fall wird der BFH die Sache an das FG zwecks Beschlussfassung nach § 72 Abs. 2 S. 2 FGO zurückverweisen.[12] Kommt der BFH entgegen dem FG-Urteil zu dem Ergebnis, dass die Rücknahme unwirksam ist, hebt der BFH das FG-Urteil ebenso wegen eines Verfahrensfehlers auf und verweist die Sache zurück ans FG.[13]

Rz. 53–54 einstweilen frei

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