Rz. 55

Gem. § 79a Abs. 3 FGO kann in allen anderen als den in § 79a Abs. 1 und 2 FGO genannten Fällen der Vorsitzende oder der Berichterstatter anstelle des Senats nur im Einverständnis aller Beteiligter[1] entscheiden (sog. konsentierter Einzelrichter). Ob er dann aufgrund mündlicher Verhandlung entscheidet, richtet sich danach, ob durch Urteil oder durch Beschluss zu entscheiden ist. Auch ein Gerichtsbescheid ist möglich. Dieser ergeht dann nach § 90a FGO und nicht nach § 79a Abs. 2 FGO, sodass sich die Rechtsmittel nach § 90a FGO richten, denn die Beteiligten haben freiwillig auf eine Senatsentscheidung verzichtet. Wird mündliche Verhandlung beantragt, entscheidet der Vorsitzende oder Berichterstatter als konsentierter Einzelrichter, nicht der Senat, durch Urteil.[2]  Zusätzlich zum Einverständnis nach § 79a Abs. 3 FGO können die Beteiligten nach § 90 Abs. 2 FGO auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichten.

 

Rz. 56

Ist die Sache durch Senatsbeschluss nach § 6 FGO bereits dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, ist für ein Einverständnis nach § 79a Abs. 3 FGO kein Raum. Die Beteiligten können dadurch nicht eine Entscheidung durch einen anderen Richter, etwa den Vorsitzenden, erreichen. Denn es besteht nur Anspruch auf Entscheidung durch den gesetzlichen, nicht aber einen bestimmten Richter.

 

Rz. 57

Die Einverständniserklärung muss klar, eindeutig und vorbehaltlos sein, kann aber mit Einschränkungen versehen werden.[3] Die Erklärung darf nicht an eine außerprozessuale (echte) Bedingung geknüpft sein. Möglich ist die Erklärung unter einer innerprozessualen Bedingung, beispielsweise, wenn das Einverständnis davon abhängig gemacht wird, dass der andere Beteiligte ebenfalls sein Einverständnis erklärt.[4] Es kommt darauf an, ob sich die Beteiligten (ggf. nach Auslegung) ausdrücklich mit einer Entscheidung des Vorsitzenden oder Berichterstatters nach § 79a Abs. 3 FGO einverstanden erklärt haben.[5] Das Einverständnis kann gegenständlich auf bestimmte Entscheidungen, etwa einen Zwischenstreit über ein Zeugnisverweigerungsrecht oder die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, nicht aber hinsichtlich deren materiellem Inhalt beschränkt werden.[6]

 

Rz. 58

Der BFH hat bisher noch nicht entschieden, ob das Einverständnis nur die nächste anstehende oder eine solche vorbereitende (Sach-)Entscheidung des Einzelrichters umfasst oder bis zur Endentscheidung reicht. Soweit jedoch vor Trennung eines anhängigen Klageverfahrens Prozesshandlungen vorgenommen wurden, wirken diese fort und bleiben wirksam.[7] Die überwiegende Ansicht in der Lit. lehnt einen derartigen "Verbrauch" des Einverständnisses durch eine vorbereitende Entscheidung ab.[8] Soweit das Einverständnis nicht schon von vornherein beschränkt wurde, ist dem zu folgen. Eine fortdauernde Wirkung bis zur Endentscheidung vermeidet Unsicherheiten hinsichtlich des gesetzlichen Richters und ist Folge der Willenserklärung der Beteiligten, die gerade auf eine Entscheidung durch den Senat verzichtet haben. Ausreichenden Schutz bietet der mögliche Widerruf bei nachträglich wesentlich geänderter Prozesslage.[9]

 

Rz. 59

Hinsichtlich Wirksamkeit und Widerruf der Einverständniserklärung gelten die Erläuterungen zum Verzicht auf mündliche Verhandlung entsprechend. Nach Auffassung der Rechtsprechung des BFH ist ein Widerruf der Einverständniserklärung jedenfalls dann ausgeschlossen, wenn sich die Prozesslage bei objektiver Betrachtung nachträglich nicht wesentlich geändert hat.[10] Dies folgt aus der Funktion des § 79a Abs. 3 und 4 FGO, es den Beteiligten zu ermöglichen, im Interesse einer Verfahrensbeschleunigung eine Entscheidung durch ein einzelnes Mitglied des an und für sich zuständigen Senats herbeizuführen. In Übereinstimmung mit diesem Zweck und wegen der Notwendigkeit klarer prozessualer Verhältnisse kommt ein jederzeitiger Widerruf ohne wesentliche Veränderung der Prozesslage nicht in Betracht.[11]

 

Rz. 60

Ein Wechsel in der Person des Vorsitzenden oder des Berichterstatters ist nicht einer wesentlichen Änderung der Prozesslage gleichzustellen und rechtfertigt nicht den Widerruf des Einverständnisses. Der BFH bezieht das Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter auch auf einen neuen Berichterstatter, der für die Sache zuständig wird. Das Einverständnis beziehe sich nicht auf einen konkreten Richter, sondern auf den nach dem senatsinternen Mitwirkungsplan im Zeitpunkt der Entscheidung zuständigen Berichterstatter.[12] Dieser Auffassung ist im Hinblick auf § 21g GVG zu folgen. Zweckmäßig wäre es allerdings, die Beteiligten nach erklärtem Einverständnis von einem Richterwechsel zu benachrichtigen, damit sie ihr weiteres Prozessverhalten darauf einstellen können.

 

Rz. 61

Das Einverständnis zu einer Entscheidung nach § 79a Abs. 3 FGO kann vom Gericht, aber auch von einzelnen Beteiligten angeregt werden. Bei vorliegendem Einverständnis steht es im Ermessen des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, ob er allein entscheidet. Er hat die Schwier...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge