Rz. 22

Die Entscheidungen im Steuerfestsetzungsverfahren und im Billigkeitsverfahren stehen selbständig nebeneinander und sind voneinander unabhängig. Daher fehlt es für die Aussetzung des Billigkeitsverfahren nach § 74 FGO an den tatbestandlichen Voraussetzungen.[1] Dies gilt hingegen nicht für eine Entscheidung über die abweichende Steuerfestsetzung nach § 163 Abs. 1 S. 1 AO. Denn der eine Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO aussprechende Verwaltungsakt stellt einen Grundlagenbescheid i. S. d. § 171 Abs. 10 AO für den betroffenen Steuerbescheid dar.[2] Insoweit kann ein Verfahren über eine Billigkeitsmaßnahme eine Verfahrensaussetzung gebieten.[3] Allerdings kann eine Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung über ein Billigkeitsverfahren nach § 163 AO auch als nicht zweckmäßig anzusehen sein, wenn sich die Erledigung des auszusetzenden Verfahrens bei einer Aussetzung erheblich verzögern würde, weil das FA über die erstmals im Klage- oder Revisionsverfahren geltend gemachte Billigkeitsmaßnahme noch nicht entschieden hat.[4] Darüber hinaus wird es allerdings regelmäßig sinnvoll sein, zunächst die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Steuerfestsetzung festzustellen, ehe über eine Billigkeitsmaßnahme entschieden wird.[5] Eine entsprechende Abwägung gegen eine Aussetzungsentscheidung dürfte sich regelmäßig nach dem stärkeren Rechtsschutzbegehren richten. Eine Aussetzung des Verfahrens bis zur rechtskräftigen Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme kann insoweit als nicht zweckmäßig zu erachten sein, wenn die Prüfung der sachlichen Billigkeit erheblich von den materiell-rechtlichen Erwägungen zum betreffenden Festsetzungsverfahren beeinflusst wird[6] bzw. der Kläger seinen Aussetzungsantrag im Wesentlichen auf Ausführungen stützt, die im Anfechtungsverfahren zu klären sind.[7] Nachteile ergeben sich für den Kläger aus einer solchen Entscheidung nicht, weil die Bestandskraft der Steuerfestsetzung die Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO nicht ausschließt. Sollte eine Billigkeitsmaßnahme nach Rechtskraft der Entscheidung gewährt werden, ist die Steuerfestsetzung nach § 175 AO zu ändern.[8]

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