Rz. 25

Für das Verhalten der steuerlichen und sonstigen Rechtsberater, die als Bevollmächtigte tätig werden, gelten besondere, von der Rspr. herausgearbeitete Grundregeln für die Abgrenzung des Verschuldens. Diese können allerdings nur dann angewendet werden, wenn der Rechtsberater als Vertreter für einen anderen tätig ist, dagegen nicht in seinen eigenen Steuerangelegenheiten. Die ursprünglich für das Verhalten der Rechtsanwälte entwickelten Regeln sind später auch auf Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und Beratungsgesellschaften ausgedehnt worden[1]. Die besonderen Sorgfaltsanforderungen an einen berufsmäßigen Berater gelten im Übrigen auch, wenn der nach wie vor als Steuerberater zugelassene Prozessbevollmächtigte altersbedingt aus seiner Steuerberatungsgesellschaft ausgeschieden ist und nur noch nebenbei Mandanten betreut[2]. Allerdings werden die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht der Rechtsberater und -vertreter vielfach überspannt (vgl. Rz. 1a). Auf kaufmännische/gewerbliche Betriebe mit Büroorganisation lassen sich diese Regeln nicht ohne Weiteres übertragen, und zwar auch nicht diejenigen zu den Anforderungen an eine ordnungsmäßige Büroorganisation. Bereits im Hinblick auf die abweichenden Tätigkeitsschwerpunkte können diese speziellen Voraussetzungen an eine Beraterpraxis nur bedingt auf gewerbliche Betriebe übertragen werden[3]. Allerdings wird die Anwendung des subjektiven Verschuldensmaßstabs bei Stpfl. mit detaillierter Büroorganisation zu strengeren Anforderungen als bei anderen Stpfl. führen müssen. Die Grundsätze für das Verschulden von Rechtsberatern sind von der Rspr. auch auf das Verhalten der Finanzbehörden ausgedehnt worden. Dies kann allerdings nur für dasjenige der gesetzlichen Vertreter oder der Bevollmächtigten der Behörde gelten. In diesem Bereich gilt die Abgrenzung zwischen Büroversehen und Organisationsmangel wie bei den Rechtsberatern[4]. Vgl. Rz. 35.

2.5.2.1 Organisationsmangel – Büroversehen

 

Rz. 26

Ein Verschulden des Vertreters ist insbesondere dann gegeben, wenn die Fristversäumung auf eine mangelhafte Büroorganisation, also einen Organisationsmangel, ursächlich[1] zurückzuführen ist. Dagegen bedeutet ein reines Büroversehen, also ein Fehler, der auch durch eine ordnungsmäßige Büroorganisation vom Berater nicht zu vermeiden war, kein Verschulden[2].

Der steuerliche oder sonstige rechtliche Berater hat, wie auch die Finanzbehörde, organisatorisch für einen ordnungsgemäßen Bürobetrieb Sorge zu tragen. Gerade die Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Rechtsstreits fällt in den alleinigen Verantwortungsbereich des Rechtsanwalts oder sonstigen Prozessvertreters[3], sodass er als mit der Einlegung des Rechtsmittels betraute Person das Zustelldatum, das Fristende und die Art des Rechtsmittels zu prüfen hat[4]. Zur Abgrenzung der Büroversehen von Organisationsmängeln instruktiv BFH v. 19.12.2006, VII R 63/02, BFH/NV 2007, 1212.

Hat der Prozessvertreter Kenntnis über die Häufung von Fehlleistungen im organisatorischen Bereich seiner Kanzlei, muss er sich persönlich um die Einhaltung von Rechtsbehelfsfristen kümmern. Sonst liegt ein eigenes, für die Versäumung der Frist ursächliches Verschulden vor[5].

 

Rz. 27

Zur Wahrung der Fristen ist insbesondere die Führung eines Fristenkontrollbuchs oder einer vergleichbaren Einrichtung erforderlich. Ein Fristenkalender stattdessen soll nach zu enger Auffassung nicht ausreichen[6]. Bereits das Fehlen einer solchen Einrichtung oder ihrer täglichen Überwachung ist ein Organisationsmangel, der die Fristversäumung schuldhaft sein lässt[7]. In dieses Buch ist der Ablauf der gesetzlichen Rechtsbehelfsfrist jeder einzelnen Sache einzutragen[8]. In dem Fristenkontrollbuch müssen besondere Spalten für die Überwachung von Revisionsbegründungsfristen eingerichtet sein[9]. Für die Kontrolle von Fristen bei Fristverlängerungsanträgen sollen im Übrigen grundsätzlich entsprechende Voraussetzungen wie für die unmittelbare Fristenkontrolle bei Revision und Revisionsbegründung (Berufungsbegründung) gelten[10]. Die Führung des Fristenkontrollbuchs oder vergleichbarer Einrichtungen muss so organisiert sein, dass eine notierte Frist frühestens nach Unterzeichnung und Postfertigmachen des fristwahrenden Schriftstücks gelöscht wird[11]. Beruht die Fristversäumung auf einer falschen Eintragung im Fristenkontrollbuch, so ist entscheidend, ob diese auf einem Organisationsmangel beruht. So muss z. B. bei täglicher Leerung der dort eingelegten Sendungen aus einem Postfach organisatorisch sichergestellt sein, dass beim Einlegen nur eines Auslieferungsscheins für eine Einschreibesendung der Auslieferungstag im Fristenkontrollbuch festgehalten wird[12]. Trifft der Vertreter über die Führung eines ordnung...

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