Rz. 19

Die Rspr. zum Verschulden im Zusammenhang mit der Wiedereinsetzung ist fast endlos und nimmt immer weiter zu. Wegen der Vielzahl der für eine Wiedereinsetzung bedeutsamen Lebensvorgänge und der in jedem Fall anderen Einzelumstände sowie wegen der Anwendung des subjektiven Verschuldensbegriffs sind die meisten Urteile nicht oder nur bedingt auf andere Fälle übertragbar. Andererseits kann die Rspr. zur Wiedereinsetzung nach den anderen Verfahrensordnungen hier herangezogen werden, da die dortige Rechtslage derjenigen des § 56 FGO entspricht. Auf dieser Grundlage können im Folgenden häufiger betroffene Abgrenzungsbereiche dargestellt werden.

 

Rz. 20

 
Übersicht in ABC-Form Rz.
Abwesenheit (Geschäftsreisen, Urlaub) 20a
Alter 20aa
Arbeitsüberlastung 20ab
Ausländer – Sprache 20ac
Ausnutzen einer Frist 20ad
Botenfehler 20b
Büroorganisation 20ba
Computereinsatz 20c
D – einstweilen frei 20d
E – einstweilen frei 20e
Falsche Adressierung 20f
Frühzeitige fehlerhafte Rechtsbehelfseinlegung 20fa
G – einstweilen frei 20g
Hilfspersonen 20h
I – einstweilen frei 20i
J – einstweilen frei 20j
Krankheit (Gesundheitszustand) 20k
Kurze Fristüberschreitung 20ka
L – einstweilen frei 20l
Mandatsniederlegung 20m
N – einstweilen frei 20n
O – einstweilen frei 20o
Postlaufzeit 20p
Privater Kurierdienst 20pa
Prozesskostenhilfe 20pb
Prozessvollmacht 20pc
Q – einstweilen frei 20q
Rechtsirrtum (Rechtsunkenntnis) 20r
 
Übersicht in ABC-Form Rz.
Revisionsbegründungsfrist 20ra
Sprachschwierigkeiten 20s
T – einstweilen frei 20t
Übermittlungsart 20u
Verfahrensfehler 20v
Vergessen 20va
Vertrauen auf bisherige Übung 20vb
Vertreterbestellung 20vc
Weisungen 20w
Weiterleitung von Schriftstücken 20wa
X – einstweilen frei 20x
Y – einstweilen frei 20y
Zusammenwirken mit Vertreter 20z
 

Rz. 20a

Abwesenheit (Geschäftsreisen, Urlaub) ist unterschiedlich danach zu beurteilen, wie lang sie im Einzelfall dauert und wie häufig sie beim Betroffenen vorkommt. Für die Urlaubsabwesenheit haben das BVerfG und die Obersten Gerichtshöfe des Bundes den allgemeinen Gedanken entwickelt, dass für die Zeit vorübergehender und verhältnismäßig kurzer Abwesenheit keine besondere Vorsorge getroffen werden müsse, insbesondere nicht, wenn der Eingang fristauslösender Entscheidungen nicht zu erwarten sei[1]. Dabei soll die Grenze einer nur vorübergehenden und relativ kurzen Abwesenheit bei vier oder sechs Wochen liegen[2]. Eine Urlaubsreise von über 12 Wochen ist keine übliche Reise und erfordert deswegen Vorkehrungen[3]. Bei einem zweimonatigen Urlaub soll es für ein unverschuldetes Hindernis nicht ausreichen, dass der Stpfl. vor Urlaubsantritt seinen Prozessbevollmächtigten danach befragt, wann das Urteil voraussichtlich zugestellt wird[4]. Für Geschäftsreisen gilt grundsätzlich das Gleiche wie für Urlaubsreisen, obwohl beide nicht ohne Weiteres vergleichbar sind[5]. Bei häufigen und längeren Geschäftsreisen des Stpfl. muss dieser zur Vermeidung eines Verschuldens Vorkehrungen treffen, dass ihn Schriftstücke verlässlich rechtzeitig erreichen und Fristen erforderlichenfalls ordnungsgemäß eingehalten werden können[6]. Der Geschäftsführer einer GmbH hat für seine urlaubsbedingte Abwesenheit eine sachgerechte Wahrung eiliger Terminsachen sicherzustellen. Missachtet er diese Verpflichtung, so ist ein der GmbH zuzurechnendes Organisationsverschulden anzunehmen[7]. Auch für die Urlaubsabwesenheit berufsmäßiger Vertreter gelten andere, strengere Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung (s. Rz. 32).

Konnte der Betroffene mit einem Eingang während seiner Urlaubsabwesenheit rechnen, so begründet dies wegen des Vorrangs der Gerechtigkeit vor Rechtsmittel- und ähnlichen Fristen noch keine Pflicht zu Vorkehrungen. So muss etwa ein Stpfl. bei einer länger dauernden Anhängigkeit von Einsprüchen ohne Ruhen des Verfahrens jederzeit mit der Zustellung einer Einspruchsentscheidung rechnen. Dennoch werden von ihm bei einer fünfwöchigen Urlaubsreise keine Vorkehrungen verlangt werden können. Anders kann es nur sein, wenn der Betroffene von einer konkret bevorstehenden Entscheidung weiß oder häufiger länger abwesend ist[8].

Bei solchen häufigeren Abwesenheiten ist wie bei einer unüblich langen Abwesenheit dafür Sorge zu tragen, dass die Fristeinhaltung gewährleistet wird. Das kann durch Nachsendeauftrag[9] oder andere geeignete Maßnahmen wie die Bestellung eines Vertreters oder das Beauftragen von Hilfspersonen[10] geschehen. Keine solche Vorkehrungen können dagegen erwartet werden, wenn sich der Heimataufenthalt eines Ausländers durch Krankheit erheblich weiter ausdehnt[11].

Unverschuldet ist die Fristversäumung auch dann nicht, wenn der Betroffene während des Urlaubs mehrfach in sein Büro zurückkehrt, um die u. U. eingegangene Post durchzusehen[12]. Schließlich ist die durch den plötzlichen Unfalltod des Vaters des Prozessbevollmächtigten verursachte Abwesenheit (schnelle Abfahrt zum Unfallort) kein unverschuldetes Hindernis, wenn die Möglichkeit bestand, einen anderen Angehörigen der Sozietät um e...

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