Rz. 38

Die Zustellung über einen Zustellungsauftrag gem. § 176 ZPO wird nach § 168 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 ZPO in Auftrag gegeben und unter Einsatz einer Zustellungsurkunde bewirkt. Sie kann an jedem Ort geschehen, an dem der Adressat angetroffen wird[1]. Der Adressat muss allerdings dem Zustellenden von der Person her bekannt sein[2]. Bei einer solchen Zustellung außerhalb der Wohnung oder Geschäftsräume ist bei örtlicher oder zeitlicher Unangemessenheit eine berechtigte Verweigerung[3] möglich.

[2] Brandis, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 53 FGO Rz. 19.
[3] vgl. dazu § 179 ZPO.

2.2.3.4.1 Verfahren

 

Rz. 38a

Bei der Zustellung mit Zustellungsurkunde wird der Post, einem Justizbediensteten oder einem Gerichtsvollzieher der Zustellungsauftrag erteilt. Auch kann eine andere Behörde (bzw. anderes Gericht) um die Ausführung der Zustellung ersucht werden, wenn diese zur Amtshilfe verpflichtet ist[1]. Eine private Zustellung z. B. durch einen Zustellungsdienst ist nicht zulässig. Ist keine richterliche Anordnung vorhanden, trifft der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die Auswahl unter den möglichen Zustellungspersonen. Bei Beauftragung einer anderen Behörde steht dieser die Entscheidung über die Zustellungsperson aus ihrem Bereich zu. Für die Zustellung muss eine Zustellungsabsicht bestanden haben[2].

 

Rz. 39

Das Schriftstück ist vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle in einem verschlossenen Briefumschlag der Post oder der anderen mit der Zustellung beauftragten Person zu übergeben. Die Übergabe ist in den Akten in einem Erledigungsvermerk festzuhalten. Auf dem Umschlag müssen Namen und Adresse des Empfängers angegeben, das absendende Gericht und die Geschäftsnummer bezeichnet sein. Der Umschlag muss außerdem mit einem vorbereiteten Vordruck für die Zustellungsurkunde versehen sein. Die Angabe der Geschäftsnummer auf dem Umschlag soll die Identität der Sendung nachweisen lassen, sodass der Empfänger hieraus den Inhalt der zuzustellenden Sendung erkennen kann. Neben dem Gerichtsaktenzeichen muss etwa die Art der Entscheidung des Gerichts erkennbar sein[3]. Bei der Zustellung mehrerer Sendungen mit einer Zustellungsurkunde, die zulässig ist, müssen alle zuzustellenden Schriftstücke bezeichnet werden. Betrifft ein Mangel nur eine von mehreren Sendungen, so sind die anderen Sendungen dennoch wirksam zugestellt[4]. Bei einer Verweigerung der Annahme ist, sofern sie unberechtigt geschieht, eine Ersatzzusstellung gem. § 179 ZPO durchzuführen[5].

[1] Hartmann, in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 70. Aufl. 2012, § 176 ZPO Rz. 4.
[3] Neumann, in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 53 FGO Rz. 21.

2.2.3.4.2 Zustellungsurkunde

 

Rz. 40

Die Zustellungsurkunde ist im Fall des Zustellungsauftrags[1] und bei den Ersatzzustellungen nach §§ 178181 ZPO das Mittel zum Nachweis der Zustellung. Die Zustellungsurkunde ist eine öffentliche Urkunde i. S. d. § 418 ZPO[2], die den vollen Beweis der beurkundeten Tatsachen erbringt[3]. Allerdings ist ein Gegenbeweis möglich, und zwar mit Beweismitteln jeder Art[4]. Die bloße Behauptung des Adressaten, die in seinem Briefkasten niedergelegte Urkunde an dem in der Zustellungsurkunde niedergelegten Tag nicht erhalten zu haben, reicht zur Erschütterung der Beweiskraft der Zustellungsurkunde nicht aus[5]. Der Beweis der Unrichtigkeit der Postzustellungsurkunde kann auch nicht durch die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung geführt werden[6]. Der Beweis der Unrichtigkeit ist dagegen erbracht, wenn der Postzusteller nicht den Versuch einer persönlichen Übergabe des zuzustellenden Schriftstücks unternommen hat, dennoch in der Postzustellungsurkunde ankreuzt, einen solchen Versuch vergeblich unternommen und das Schriftstück in den Briefkasten eingelegt zu haben[7]. In solchen Fällen ist im Wege des Freibeweises zu ermitteln, ob der Adressat das Schriftstück dennoch erhalten hat[8]. Im Übrigen muss der rechtsberatende Adressat zur Vermeidung eines Verschuldens, das eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand nach § 110 AO oder § 56 FGO ausschließt, prüfen, ob das auf dem Umschlag bei der Zustellung vermerkte Datum mit dem Posteingangsstempel der Kanzlei übereinstimmt. Maßgebend ist nämlich das Zustellungsdatum auf dem Briefumschlag, nicht dagegen der Eingangsstempel[9].

 

Rz. 40a

Zum erforderlichen Inhalt der Zustellungsurkunde gehören die in § 192 Abs. 2 ZPO aufgeführten Angaben, die im Einzelfall auszufüllen sind. Dies variiert danach, welche Art von Adressat (z. B. Beteiligter oder Bevollmächtigter) gegeben ist und welche Zustellung oder Ersatzzustellung durchzuführen ist. Der Vordruck der Zustellungsurkunde wird nach der Zustellungsvordruck-Verordnung (ZustVV) v. 12.2.2002[10] hergestellt, die durch Verordnung v. 23.4.2004[11] geändert worden ist. Als Angaben über das zuzustellende Schriftstück reicht nunmehr die Angabe des Aktenzeichens der zustellenden Stelle aus[12].

Die Förmlichkeiten müssen strikt beachtet werden, d...

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