Rz. 107

Während Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen grundsätzlich einen mit Rechtsbehelfen nicht selbständig anfechtbaren Teil des Steuerbescheids betreffen, gilt dies gem. § 157 Abs. 2 letzter HS AO nicht, soweit die Besteuerungsgrundlagen gesondert festgestellt werden. Daher kann bei Feststellungsbescheiden die geltend gemachte Rechtsverletzung allein aus der rechtswidrigen gesonderten Feststellung oder allein aus der (vermeintlich) unzutreffenden Regelung einzelner Besteuerungsgrundlagen resultieren, unabhängig von deren steuerlichen Auswirkungen.[1] Denn die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen stellt stets einen eigenständigen Verwaltungsakt dar, der eine selbständige Beschwer entfalten kann.[2] Darüber hinaus kann ein Feststellungsbescheid eine Vielzahl selbständiger und damit auch selbständig anfechtbarer Feststellungen enthalten.[3]

 

Rz. 108

Im Rahmen einer gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 AO sind selbständig anfechtbare Feststellungen insbesondere die Qualifikation der Einkünfte, das Bestehen einer Mitunternehmerschaft, die Höhe des laufenden Gesamthandsgewinns sowie dessen Verteilung auf die Mitunternehmer und die Höhe eines Sondergewinns bzw. einer Sondervergütung.[4] Dementsprechend kann der betroffene Feststellungsbeteiligte eine Rechtsverletzung durch die unterschiedlichen Feststellungen unabhängig von den tatsächlichen steuerlichen Auswirkungen auf die Folgebescheide geltend machen. Ebenfalls ist derjenige klagebefugt, dessen prozentualer Anteil nicht in der zutreffenden Höhe festgestellt worden ist, der zu Unrecht als Mitunternehmer angesehen wird oder wenn er nicht als Mitunternehmer behandelt wird, der sich für einen solchen hält.[5] Sofern in einem Feststellungsbescheid der Gewinn zu hoch oder der Verlust zu niedrig angesetzt worden ist, wird wegen des Zusammenhangs mit der ESt der Feststellungsbeteiligten grundsätzlich eine Rechtsverletzung angenommen, ohne dass die individuellen Auswirkungen auf die Steuer geprüft werden müssten.[6] Entsprechend den Ausführungen zur subjektiven Rechtsverletzung von Steuerbescheiden kann sich eine Klagebefugnis auch bei einem zu niedrigen Gewinn(anteil) oder einen zu hohen Verlust eine Rechtsverletzung ergeben (Rz. 101). Im Übrigen wird auf die Kommentierung zu den besonderen Regelungen zur Klagebefugnis gegen Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen bei Dumke, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, in § 48 FGO verwiesen.

[1] BFH v. 30.1.2013, I R 35/11, BStBl II 2013, 560; a. A. FG Hamburg v. 30.9.1999, I 1189/97, EFG 2000, 140; FG Düsseldorf v. 13.11.1984, VIII 264/80 F, EFG 1985, 251 (Ablehnung des Rechtsschutzinteresses, wenn die Feststellung offensichtlich keine steuerlichen Auswirkungen hat).
[4] BFH v. 16.3.2017, IV R 31/14, BStBl II 2019, 24; s. auch im Überblick: Gräber/Teller, FGO, 9. Aufl. 2019, § 40 Rz. 102-117.
[5] BFH v. 24.2.1977, VIII R 178/74, BStBl II 1978, 510 m. w. N.; BFH v. 14.7.1966, IV 46/64, BStBl III 1966, 609; FG des Landes Sachsen-Anhalt v. 17.12.2013, 5 K 1664/06, EFG 2014, 729; vgl. auch Krumm, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 40 FGO Rz. 63.
[6] Krumm, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 40 FGO Rz. 64 m. w. N.

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