Rz. 1

Der durch § 3 FGO geregelte Gesetzesvorbehalt zur Errichtung und Aufhebung von FG oder der genannten Organisationsmaßnahmen dient zur Sicherung des Anspruchs auf den gesetzlichen Richter.[1] Dieser Gesetzesvorbehalt wird nur durch ein förmliches Gesetz, nicht durch Rechtsverordnung erfüllt.[2] Durch das erforderliche formelle Landesgesetz[3] wird die Organisation der FG der Einflussnahme der Justizverwaltung entzogen.

 

Rz. 2

Der Gesetzesvorbehalt besteht für:

  • die Errichtung oder Aufhebung, auch deren dauerhafte oder vorübergehende Stilllegung[4] der FG der Länder[5]; Voraussetzung der Aufhebung ist, dass in dem Bundesland mindestens ein FG bestehen bleibt. Es können für das jeweilige Bundesland auch mehrere FG eingerichtet werden. Die organisatorische Gestaltung der FG muss ebenfalls durch Landesgesetz erfolgen.[6]
 

Rz. 3

  • die Verlegung des Gerichtssitzes.[7] Dies ist die Verlegung über die politischen Grenzen der jeweiligen Gemeinde hinaus, nicht jedoch der Umzug innerhalb einer Gemeinde.[8]
  • die Änderung des Gerichtsbezirks[9] innerhalb des Bundeslandes (Rz. 2). Diese hat unmittelbaren Einfluss auf die örtliche Zuständigkeit des FG.[10]
 

Rz. 4

  • die Zuweisung einzelner Sachgebiete.[11] Hier kommen unter dem Gesichtspunkt der Konzentration von Arbeitsgebieten nur eindeutig abgrenzbare, geschlossene Bereiche in Betracht, z. B. für Zölle und Verbrauchsteuern.[12] Die Vorschrift ist nur für die Zuweisung innerhalb eines Bundeslands anwendbar (Rz. 7). Die Zuweisung bewirkt eine Änderung der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit der betroffenen FG.[13]
 

Rz. 5

  • die Einrichtung von Außensenaten .[14] Dies sind räumlich ausgelagerte Teile eines einheitlichen Gerichts, sodass z. B. bei fristgebundenen Prozesshandlungen der rechtzeitige Eingang auch bei einem Außensenat zur Fristwahrung ausreicht.[15] Die sachliche und örtliche Zuständigkeit wird im Rahmen der Geschäftsverteilung durch das Präsidium bestimmt.[16] Werden Außensenate durch Gesetz (Rz. 1) zu einem selbstständigen Gericht umgewandelt, so besteht die Zuständigkeit des bisherigen Gerichts unverändert fort[17], sofern das Gründungsgesetz keine Zuständigkeitsregelung (Rz. 6) enthält.[18]
 

Rz. 6

 

Rz. 7

Durch Staatsvertrag[22] können mehrere Länder die Errichtung gemeinsamer FG oder gemeinsamer Senate bzw. die Ausdehnung von Gerichtsbezirken über die Landesgrenzen hinaus vereinbaren. Die Ländervereinbarungen bedürfen der Umsetzung durch ein formelles Gesetz in jedem der beteiligten Länder (Rz. 1).

So haben z. B. die Länder Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Hamburg einen gemeinsamen Senat beim FG Hamburg eingerichtet (IV. Senat), der für Zoll-, Verbrauchsteuer- und Finanzmonopolsachen sowie für Rechtsstreitigkeiten aus der Agrarmarktordnung der EG zuständig ist. Durch Staatsvertrag zwischen den Ländern Berlin und Brandenburg sind die Auflösung des FG Berlin und des FG des Landes Brandenburg sowie die Neugründung des FG Berlin-Brandenburg zum 1.1.2007 geregelt.[23]

[1] Vor § 1 FGO Rz. 2a; vgl. z. B. BVerfG v. 10.7.1953, 1 BvR 1/53, BVerfGE 2, 307.
[2] Müller-Horn, in Gosch, AO/FGO, § 3 FGO Rz. 1.
[3] BVerfG v. 1.10.1968, 2 BvL 6/67, BVerfGE 24, 155; Herbert, in Gräber, FGO, 9. Aufl. 2019, § 3 FGO Rz. 1.
[4] Müller-Horn, in Gosch, AO/FGO, § 3 FGO Rz. 4; Brandis, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 3 FGO Rz. 2.
[6] Müller-Horn, in Gosch, AO/FGO, § 3 FGO Rz. 1; zur Geschäftsverteilung s. § 4 FGO Rz. 10.
[8] Sunder-Plassmann, in HHSp, AO/FGO, § 3 FGO Rz. 19 m. w. N.
[13] Sunder-Plassmann, in HHSp, AO/FGO, § 3 FGO Rz. 26; wegen der Verweisungspflicht Schwarz, in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 70 FGO Rz. 2.
[15] BVerwG v. 15.7.1959, V C 215/57, DVBl 1959, 709; BFH v. 1.4.1981, V R 160/80, BStBl II 1981, 738; zur nicht zustimmungspflichtigen Richterversetzung s. BGH v. 30.11.1984, RiZ 9/84, BGHZ 93, 100.
[16] § 4 FGO Rz. 4; Brandis, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 3 FGO Rz. 6.
[20] Sunder-Plassmann, in HHSp, AO/FGO, § 3 FGO Rz. 46.
[23] BVerfG v. 14.7.2006, 2 BvR 1058/05, BFH/NV Beilage 2006, 493 zur erfolglosen Verfassungsbeschwerde gegen die Bildung des gemeinsamen FG.

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