Rz. 27

Nach der Neufassung des Abs. 2 durch das 2. FGOÄndG[1] läuft die Begründungsfrist unabhängig von der Einlegungsfrist. Der Lauf der Begründungsfrist wird demnach von der Versäumung der Einlegungsfrist nicht beeinflusst. Wurde die Einlegungsfrist versäumt und insoweit Wiedereinsetzung beantragt, ist die Revision, sofern die Begründungsfrist noch läuft, somit gleichwohl innerhalb der Frist zu begründen, bzw. es ist (innerhalb der Begründungsfrist) ein Antrag auf Fristverlängerung zu stellen. Ist auch die Begründungsfrist versäumt, ist hinsichtlich der Begründungsfrist ebenfalls Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen; vgl. BFH v. 18.5.1994, I R 111/93, BStBl II 1995, 24 unter Darstellung der bisherigen Rspr. auch des BVerwG. Bei Versäumung der Einlegungs- und der Begründungsfrist muss sonach innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist von 2 Wochen für die Revisionseinlegung[2] nicht nur die Revision eingelegt werden. Innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist für die Revisionsbegründung von einem Monat[3] ist auch die Revisionsbegründung einzureichen.[4]

Eine Ausnahme kann nur dann gelten, wenn dem Antrag auf Wiedereinsetzung ein selbstständiges Verfahren (PKH-Verfahren) vorausgegangen ist. Dann beginnt die zweimonatige Begründungsfrist mit der Zustellung des Beschlusses über die Gewährung der PKH.[5] Es genügt nicht, innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist einen (erneuten) Antrag auf Fristverlängerung zu stellen. Für einen derartigen Antrag kann Wiedereinsetzung nicht erlangt werden.[6]

Wegen der Versäumung der Begründungsfrist[7] kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden, sofern die Frist ohne Verschulden versäumt worden ist. Nach der Beseitigung der bislang in der Rspr. bestehenden Unklarheiten über den Beginn der Revisionsbegründungsfrist bei Versäumung der Einlegungsfrist rechtfertigt ein Irrtum über den Lauf der Begründungsfrist in diesen Fällen eine Wiedereinsetzung nicht mehr.[8] Vertraut der Bevollmächtigte auf den Fristverlängerungsantrag eines früheren Bevollmächtigten bzw. sieht er wegen Sequestration keinen Handlungsbedarf, liegt keine schuldlose Fristversäumnis vor.[9]

Die Revisionsbegründungsfrist gehört nicht zu den üblichen, häufig vorkommenden und einfach zu berechnenden Fristen. Der Prozessbevollmächtigte ist daher bei der Prüfung und Überwachung des Personals zu besonderer Sorgfalt verpflichtet.[10] Jedes Verschulden – auch einfache Fahrlässigkeit – schließt die Wiedereinsetzung aus.[11] Mängel in der Büroorganisation seines Prozessbevollmächtigten sind dem Revisionskläger als Verschulden zuzurechnen[12]; zu den Einzelheiten der Wiedereinsetzung s. Kommentierung bei Schwarz, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, zu § 56 FGO.

Die Grundsätze über die Wiedereinsetzung wegen Fristversäumnissen gelten für das FA in gleicher Weise wie für den Stpfl.[13] Auch eine Behörde ist zu einer wirksamen Postausgangskontrolle verpfichtet.[14] Bedient sich das FA zur Versendung externer Dienstleister, muss die rechtzeitige (für die Beförderung ausreichende) Übergabe an den Dienstleister gewährleistet sein..[15] Der von der behördeninternen Frankiermaschine aufgedruckte Poststempel sagt nichts aus über den Zeitpunkt, zu dem der Brief in den Verantwortungsbereich des Postdienstleisters gelangt ist.[16]

 

Rz. 28

Wiedereinsetzung muss innerhalb der Antragsfrist von einem Monat[17] beim BFH beantragt werden, d. h. bei dem Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu entscheiden hat.[18] Es gilt auch hier der Vertretungszwang.[19] Zusätzlich muss innerhalb der Antragsfrist auch die versäumte Rechtshandlung nachgeholt werden.[20] Versäumte Rechtshandlung i. d. S. ist die Revisionsbegründung (nicht die Stellung des Verlängerungsantrags), d. h., innerhalb der Antragsfrist muss zusätzlich die Revisionsbegründungsschrift tatsächlich (beim BFH) eingereicht werden. Es genügt somit nicht, innerhalb der Antragsfrist einen (erneuten) Antrag auf Verlängerung der Begründungsfrist zu stellen. Für diesen Antrag kann Wiedereinsetzung nicht erlangt werden, da insoweit keine gesetzliche Frist in Gang gesetzt wurde.[21] Eine gesonderte Wiedereinsetzung hinsichtlich des verspäteten Antrags auf Fristverlängerung sieht das Gesetz nicht vor.[22]

Wurde auch die Antragsfrist versäumt, kommt auch insoweit Wiedereinsetzung in Betracht. Das mangelnde Verschulden muss sich dann auf die Versäumung der Antragsfrist beziehen.[23]

Wiedereinsetzung kann nach der Rspr. des BFH – ebenso wie bei verspäteter Antragstellung – auch nicht gewährt werden, wenn die Begründungsfrist im Übrigen eingehalten wurde, aber eine einzelne Revisionsrüge verspätet vorgebracht wird.[24] Hiergegen wird zu Recht eingewandt, dass der Revisionskläger, der innerhalb der Frist gar keine Revisionsbegründung abgegeben hat, nicht besser stehen kann als derjenige, der lediglich einzelne Mängel verspätet vorbringt. Wiedereinsetzung kann daher auch gewährt werden, wenn der Revisionskläger ohne Verschulden gehindert war, innerhalb der Begründungsfrist einzelne Revisionsrü...

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