Rz. 10

Die Revision ist[1] bedingungsfeindlich, darf also nicht unter einer Bedingung eingelegt werden.[2] Dies erfordert die im Prozessrecht unabdingbare Klarheit über das Schweben oder Nichtschweben eines Rechtsstreits oder eines Rechtsmittels bzw. über die Rechtskraft einer finanzgerichtlichen Entscheidung. Ob eine Bedingung vorliegt, ist durch Auslegung zu ermitteln.[3]

Eine unzulässige Bedingung liegt vor, wenn die Revision nur für den Fall ihrer Zulassung, z. B. für den Fall des Erfolgs einer zusätzlich erhobenen Nichtzulassungsbeschwerde, eingelegt wird;[4] ebenso, wenn die Revision vom Erfolg eines Prozesskostenhilfegesuchs abhängig gemacht wird.[5] Eine solche Bedingung liegt aber nicht bereits dann vor, wenn gleichzeitig Prozesskostenhilfe beantragt wird.[6] Nach der Rspr. des BFH ist auch bei einer nur "vorsorglich" eingelegten Revision ein unzulässiges Bedingungsverhältnis gegeben.[7] Im Allgemeinen wird indes eine vorsorgliche Rechtsmitteleinlegung dahin zu verstehen sein, dass das Rechtsmittel lediglich zur Fristwahrung – unbedingt – eingelegt ist und möglicherweise wieder zurückgenommen wird.[8] Dies kann ausnahmsweise auch bei der Verwendung des Wortes "hilfsweise" der Fall sein.[9] Jedenfalls sollten missverständliche Formulierungen vermieden werden.

 

Rz. 11

Keine unzulässige Bedingung liegt vor, wenn der Revisionskläger bei gleichzeitiger Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde und einer Revision lediglich auf die innerprozessuale Bedingung hinweist, dass die Zulässigkeit der Revision vom Erfolg der Nichtzulassungsbeschwerde abhängt.[10]

Die Revision wird auch dann für zulässig gehalten, wenn die beigefügte Bedingung zwar nach Einlegung, aber vor Ablauf der Revisionsfrist eindeutig auch für den Prozessgegner feststellbar eingetreten ist, da dann dem Erfordernis der Klarheit über die Anhängigkeit des Rechtsmittels genügt ist.[11]

Da eine bedingte Revisionseinlegung zur unkorrigierbaren Unzulässigkeit des Rechtsmittels führt, ist bei einer Revisionsschrift, die im Übrigen den gesetzlichen Anforderungen entspricht, von einer bedingten Einlegung nur dann auszugehen, wenn dies den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit zu entnehmen ist. Im Zweifel ist daher von einer unbedingten Revisionseinlegung auszugehen, sofern nicht ein entgegenstehender Wille des Rechtsmittelführers deutlich erkennbar wird. Für die Annahme einer Bedingung ist daher eine ausdrückliche und zweifelsfreie Erklärung erforderlich.[12] Bei einem gleichzeitig gestellten Prozesskostenhilfe-Antrag ist daher nicht anzunehmen, die Revision werde unter der Bedingung eingelegt, dass Prozesskostenhilfe gewährt wird.

Unzulässig ist auch die alternative Einlegung von Rechtsmitteln, z. B. wenn "Nichtzulassungsbeschwerde bzw. Revision" eingelegt wird.[13] Nach der Abschaffung der zulassungsfreien Revision ist hier indes eine weniger strenge Beurteilung angebracht, wenn hinreichend zum Ausdruck kommt, dass der Rechtsmittelführer das allein statthafte Rechtsmittel einlegen will (Rz. 5).

[1] Wie die Klage und die Nichtzulassungsbeschwerde, Dürr, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, § 116 FGO Rz. 13.
[5] Gräber/Ratschow, FGO, 9. Aufl. 2019, § 120 Rz. 18.
[8] S. entsprechend zur Nichtzulassungsbeschwerde Dürr, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, § 116 FGO Rz. 13.
[10] Gräber/Ratschow, FGO, 9. Aufl. 2019, § 116 Rz. 17.
[11] Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 120 FGO Rz. 11; a. A. Rüsken, in Gosch, AO/FGO, § 120 FGO Rz. 10.3 mit Hinweis auf die Eindeutigkeit prozessualer Bewirkungshandlungen.
[13] BFH v. 6.9.1993, VIII R 41–42/93, VIII R 65-66/93, BFH/NV 1994, 53.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge