Rz. 50

Der Schadensersatzanspruch setzt die Verletzung einer einem Dritten gegenüber obliegenden Amtspflicht voraus. Der Amtsträger muss also die durch Gesetz, Verordnung oder Dienstanweisung begründete Pflicht zu einem bestimmten Verhalten verletzt haben. Zweck dieser Pflicht muss mindestens auch die Wahrnehmung des Individualinteresses des Beteiligten sein[1].

Zur – fehlenden – Drittgerichtetheit von Amtspflichten, die das Finanzamt im GewSt-Verfahren gegenüber der hebeberechtigten Gemeinde wahrzunehmen hat, s. BGH v. 25.9.2003, III ZR 362/02, BFH/NV Beilage 2004, 177.

 

Rz. 50a

Eine Amtspflichtverletzung liegt stets vor, wenn eine im zivilrechtlichen Sinn der §§ 823, 826 BGB unerlaubte Handlung des Amtsträgers vorliegt.

Beispiele für die Annahme einer Amtspflichtverletzung:

  • Fehlerhafte Abrechnung; vgl. LG Hannover v. 14.6.1976, 14 O 53/76, DB 1977, 1842; s. auch OLG München v. 12.7.1979, 1 U 3965/78, BB 1979, 1335 m. w. N.; Hein, BB 1978, 828; Wallner, DStR 1980, 32; Hoernicke, DStR 1979, 405; Sauer, DStR 1981, 565.
  • Nichtbeachtung der Schuldnerschutzbestimmungen bei der Vollstreckung; vgl. BGH v. 29.4.1982, III ZR 163/80, BB 1982, 1451.
  • Feststellung und Mitteilung unzutreffender Besteuerungsgrundlagen durch den Außenprüfer; vgl. BGH v. 26.6.1986, III ZR 191/85, HFR 1987, 541.
  • Rechtswidrige Eintragung einer Zwangshypothek; vgl. für den Ersatz der Löschungskosten FG Baden-Württemberg v. 26.9.1980, II 7/80 Z, DStZ/E 1981, 61.
  • Unterlassen der fristgerechten Korrektur des Folgebescheids (§ 175 Abs. 1 Nr. 1) nach Erlass des Grundlagenbescheids; vgl. LG Köln v. 20.6.1995, 5 O 67/95, n. v.
  • Verstoß gegen Richtlinien; vgl. LG Hannover v. 24.1.1991, 19 O 414/90, DStR 1992, 234.
  • Weitere Entscheidungen zu Flüchtigkeitsfehlern des Finanzamts bei Hartmann/Hübner, Stbg 1992, 349; Nissen, BB 1996, 133; s. auch Hermes, DStZ 1996, 9; Nacke, DStZ 1996, 20.
  • Die Verpflichtung zur Ankündigung der Verwertung ist eine Amtspflicht, deren Verletzung einen Schadensersatzanspruch begründen kann[2].
 

Rz. 50b

Beispiele für die Ablehnung einer Amtspflichtverletzung:

  • Unterlassung der Zurückweisung eines unbefugt in Steuersachen Hilfeleistenden (§ 80 Abs. 5); vgl. FG Baden-Württemberg v. 2.12.1983, IX 473/81, EFG 1984, 378.
  • Erlass des durch das BVerfG für verfassungswidrig erklärten Investitionshilfegesetzes v. 20.12.1982, BGBl I 1982, 1587; vgl. BGH v. 7.7.1988, III ZR 198/87, DB 1988, 1991.
  • Unterlassung eines Hinweises über eine günstigere zollrechtliche Gestaltung, wenn hiernach nicht gefragt worden ist; vgl. BGH v. 2.10.2003, III ZR 420/02, BFH/NV Beilage 2004, 93.
[1] Vgl. Sprau, in Palandt, BGB, § 839 Rz. 43.
[2] Vgl. BGH v. 3.3.2005, III ZR 273/03, BFH/NV Beilage 2005, 272; s. Vor §§ 78–133 Rz. 45.

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