Entscheidungsstichwort (Thema)

Amtshaftung im Gewerbsteuerverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Zur (fehlenden) Drittgerichtetheit von Amtspflichten, die das staatliche Finanzamt im Gewerbesteuerverfahren gegenüber der hebeberechtigten Gemeinde wahrzunehmen hat.

 

Normenkette

GewStG §§ 14, 16; BGB § 839

 

Verfahrensgang

OLG München (Urteil vom 26.09.2002; Aktenzeichen 1 U 2430/02)

LG München I (Urteil vom 06.02.2002; Aktenzeichen 9 O 12082/01)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 1. Zivilsenats des OLG München v. 26.9.2002 - 1 U 2430/02 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Streitwert: 111.973,43 Euro

 

Gründe

Einer Zulassung der Revision bedarf es nicht. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO).

1. Beide Vorinstanzen lassen den Amtshaftungsanspruch bereits daran scheitern, dass die Amtsträger der Finanzverwaltung des Beklagten ihre Amtspflichten in der Gewerbesteuerangelegenheit der Firma A. nicht zu Gunsten der Klägerin als eines geschützten "Dritten" wahrzunehmen hatten. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Beschwerde können keinen Erfolg haben.

2. Allerdings ist in der Rechtsprechung des Senats anerkannt, dass "Dritter" i. S. d. § 839 Abs. 1 S. 1 BGB auch eine juristische Person des öffentlichen Rechts sein kann. Dies gilt jedoch nur dann, wenn der für die haftpflichtige Behörde (hier: Den beklagten Freistaat) tätig gewordene Beamte der geschädigten Körperschaft (hier: Der klagenden Gemeinde) bei Erledigung seiner Dienstgeschäfte in einer Weise gegenübertritt, wie sie für das Verhältnis zwischen ihm und seinem Dienstherrn einerseits und dem Staatsbürger andererseits charakteristisch ist. Wirken hingegen der Dienstherr des Beamten und eine andere Körperschaft des öffentlichen Rechts bei der Erfüllung einer ihnen gemeinsam übertragenen Aufgabe gleichsinnig und nicht in Vertretung einander widerstreitender Interessen derart zusammen, dass sie im Rahmen dieser Aufgabe als Teil eines einheitlichen Ganzen erscheinen, dann können jene Pflichten, die dem Beklagten im Interesse der Förderung des gemeinsam angestrebten Ziels obliegen, nicht als drittgerichtete Amtspflichten angesehen werden, deren Verletzung außenrechtliche Amtshaftungsansprüche der geschädigten Körperschaft auslöst (st. Rspr.; zuletzt BGH, Urt. v. 12.12.2002 - III ZR 201/01, BGHReport 2003, 274 = NJW 2003, 1318 [1319] m.zahlr.w.N.).

3. Wie das Berufungsgericht mit Recht ausführt, bestimmt im Gewerbesteuerverfahren zunächst das Finanzamt auf der Basis von Gewerbeertrag und Gewerbekapital den Gewerbesteuermessbetrag. Daran anknüpfend wird von der Gemeinde anhand des von ihr festgesetzten Hebesatzes die Gewerbesteuerschuld festgesetzt. Am Gewerbesteuerverfahren sind folglich sowohl staatliche Finanzbehörden als auch Kommunalbehörden beteiligt. Die Finanzämter entscheiden über alle Fragen, die mit den Besteuerungsgrundlagen zusammenhängen, während den Gemeinden die Festsetzung und Erhebung der Gewerbesteuer überlassen ist.

4. Danach mag es durchaus zutreffen, dass die Amtspflichten der Finanzbeamten auch den Zweck hatten, den Gewerbesteueranspruch der klagenden Gemeinde gegen den Steuerschuldner durchzusetzen. In diesem Sinne hatten die Finanzbeamten dementsprechend auch die finanziellen Interessen der Beklagten wahrzunehmen. Dabei handelte es sich aber nicht um solche Interessen, die denen des eigenen Dienstherrn "widerstreitend" waren. Die Klägerin und das Finanzamt standen sich gerade nicht im Hinblick auf entgegengesetzte Interessen gewissermaßen als "Gegner" gegenüber (vgl. BGH, BGHZ 32, 145 [147]; Staudinger/Wurm, BGB, 13. Bearb. 2002, § 839 Rz. 191m. w. N.). Vielmehr handelte es sich um ein gleichsinniges Zusammenwirken beider Parteien bei der Erfüllung einer ihnen gemeinsam übertragenen öffentlichen Aufgabe. Dies hat die Konsequenz, dass die Klägerin im Verhältnis zum Beklagten nicht die Stellung eines geschützten "Dritten" erlangt hat.

 

Fundstellen

BFH/NV Beilage 2004, 177

DStR 2003, 1940

HFR 2004, 265

BGHR 2003, 1398

NVwZ 2004, 127

ZKF 2004, 162

DÖV 2004, 126

VersR 2004, 1135

BayVBl. 2004, 283

DVBl. 2004, 191

GV/RP 2004, 569

KomVerw 2004, 176

BFH/NV-Beilage 2004, 177

FSt 2004, 172

FuBW 2004, 372

FuHe 2004, 396

FuNds 2004, 425

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