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Besteht die Möglichkeit, den Schuldner des zugrunde liegenden Anspruchs heranzuziehen, so hat die Finanzbehörde neben dem Handlungsermessen auch noch das Auswahlermessen zwischen Schuldner und Haftungsschuldner auszuüben. Hier ist zu beachten, dass grundsätzlich die Haftung subsidiär ist[1] , zunächst also der eigentliche Schuldner in Anspruch zu nehmen ist. Das gilt grundsätzlich, obwohl der Gesetzgeber die Vorrangpflicht für die eigentliche Schuld in § 219 AO (mit Durchbrechungen für wichtige Bereiche) ausdrücklich nur gegenüber der Inanspruchnahme auf Zahlung, nicht dagegen gegenüber der bloßen Haftungsinanspruchnahme ohne Zahlungsaufforderung angeordnet hat. Der Vorrang ergibt sich vielmehr schon aus dem begrifflichen Inhalt der Haftung.

Bei der Entscheidung über das Auswahlermessen zwischen Schuld und Haftungsschuld kann der Vorrang der Schuld zurücktreten, wenn die Haftung auf grobe Pflichtverletzungen zurückzuführen ist. So ist die Haftungsinanspruchnahme auf Grund einer Steuerhinterziehung grundsätzlich nicht ermessensfehlerhaft.[2] Das betrifft sowohl die Inanspruchnahme dem Grunde als auch der Höhe nach.[3] Dagegen ergibt eine grob fahrlässige Pflichtverletzung einer der unter§§ 34, 35 AO fallenden Personen keine Vorprägung für die Haftung nach § 69 AO, sondern lässt die Vorrangstellung des Schuldners selbst für die Inanspruchnahme bestehen.[4] Im Übrigen hat der Steuerschuldner keinen Anspruch auf Ausübung des Auswahlermessens im Verhältnis zum Haftungsschuldner. Auch wenn die Finanzbehörde den Haftungsschuldner wegen dessen deliktischen Verhaltens sofort in Anspruch nehmen könnte, ist die Inanspruchnahme des Steuerschuldners nicht ermessensabhängig.[5]

Der Grundsatz der Subsidiarität gilt auch sonst nicht uneingeschränkt. Das gilt vor allem für die Abzugsteuern. So ist z. B. in den Fällen des Steuerabzugs vom Arbeitslohn[6], vom Kapitalertrag[7] und in den Fällen des früheren § 51 UStDV[8] zunächst der Haftungsschuldner, hingegen der Steuerschuldner nur in Ausnahmefällen in Anspruch zu nehmen.[9]

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