1.6.1 Rechtsgrundlage

 

Rz. 13

Die Buchführungs- und Aufzeichnungspflicht ist eine in Bezug auf sonstige steuerliche Pflichten selbstständige steuerrechtliche, also öffentlich-rechtliche[1] Pflicht.[2] Das Steuerpflichtverhältnis[3] entsteht gem. § 38 AO mit der Verwirklichung des Tatbestands, an den das Gesetz die Pflicht knüpft, unabhängig davon, ob auch ein Anspruch aus einem Steuerschuldverhältnis[4] entstanden ist oder entstehen wird.[5] Der Buchführungs- und Aufzeichnungspflichtige[6] ist der Stpfl. i. S. v. § 33 AO.[7]

 

Rz. 14

Die steuerliche Pflichtenstellung kann sich hierbei unter zwei Gesichtspunkten ergeben:

  • Einmal können durch zivilrechtliche oder sonstige öffentlich-rechtliche Rechtsnormen Buchführungs- oder Aufzeichnungspflichten begründet worden sein, die durch den § 140 AO dann auch zu steuerlichen Pflichten transformiert werden.[8] Dies gilt zumal für die originäre Buchführungspflicht des Kaufmanns nach HGB.[9]
  • Soweit dies nicht der Fall ist, begründet § 141 AO unter gewissen Voraussetzungen eine originäre steuerrechtliche Buchführungs- und Aufzeichnungspflicht.[10]

Beide Pflichtbegründungen sind rechtlich gleichwertig.

 

Rz. 15

Die Buchführungs- und Aufzeichnungspflicht umfasst durch ihre Zweckbestimmung (s. auch Rz. 1–3) zwingend ebenfalls die Verpflichtung zur Aufbewahrung der entsprechenden Unterlagen. Dies normiert § 147 AO ausdrücklich für das Steuerrecht.[11] Handelsrechtlich ist die Pflicht zur Aufbewahrung in den §§ 257ff. HGB geregelt. Beiden Regelungen entsprechen sich im Wesentlichen. Zu Unterschieden s. Kommentierung zu § 147 AO.[12] Eine Verkürzung der Aufbewahrungsfristen ist immer wieder in der Diskussion, wurde bislang aber nicht umgesetzt.

 

Rz. 16

Als öffentlich-rechtliche Pflicht (s. Rz. 13) wird die Buchführungs- und Aufzeichnungspflicht durch privatrechtliche Vereinbarungen nicht berührt. Sie ist unabdingbar, denn auch die Finanzbehörde kann nach § 148 AO nur Erleichterungen im jeweiligen Einzelfall gewähren, die Rechtspflicht selbst jedoch nicht endgültig beseitigen.[13]

[2] S. Rz. 1; Störk/Lewe, in Beck’scher Bilanzkommentar, 13. Aufl. 2022, § 238 HGB Rz. 57f.
[5] Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, Vor § 140 AO Rz. 4
[10] Dißars, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, § 141 AO Rz. 2; Störk/Lewe, in Beck'scher Bilanzkommentar, 13. Aufl. 2022, § 238 HGB Rz. 64.
[12] Hierzu auch Störk/Philipps, in Beck'scher Bilanzkommentar, 13. Aufl. 2022, § 257 HGB Rz. 1ff.

1.6.2 Pflichterfüllung

 

Rz. 17

Die steuerliche Buchführungs- und Aufzeichnungspflicht trifft den Normadressaten der jeweiligen gesetzlichen Regelung. Voraussetzung ist insoweit stets die Steuerrechtsfähigkeit, d. h. die Fähigkeit, Träger steuerlicher Pflichten nach der jeweiligen Norm sein zu können.[1] Die Erfüllung der jeweiligen Pflicht setzt sodann auch die steuerliche Handlungsfähigkeit[2] voraus. Fehlt diese, so haben die gesetzlichen Vertreter für den betreffenden Stpfl. zu handeln. Demgemäß treffen bei einem Einzelunternehmen den Betriebsinhaber die Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten, bei Personengesellschaften die voll haftenden Gesellschafter und bei Kapitalgesellschaften die Mitglieder der Leitungsorgane.[3] Grundsätzlich nicht verpflichtet ist ein Kommanditist. Bei stillen Gesellschaften ist der Inhaber verpflichtet. Bei einer Liquidation sind die Liquidatoren buchführungspflichtig, da diese gesetzliche Vertreter sind.

 

Rz. 18

Während des Insolvenzverfahrens ist der Insolvenzverwalter gegenüber dem Schuldner verpflichtet, für die ordnungsgemäße Erfüllung der steuerlichen Buchführungspflichten zu sorgen.[4] Mängel der Buchführung, die der Insolvenzverwalter verschuldet hat, muss sich der Schuldner zurechnen lassen.[5]

 

Rz. 19

Die steuerliche Buchführungs- oder Aufzeichnungspflicht ist indes keine höchstpersönliche Verpflichtung. Der Stpfl. kann sich deshalb zur Erfüllung seiner Verpflichtung eines Erfüllungsgehilfen bedienen, ohne allerdings die Verantwortung auf diesen abwälzen zu können.[6] Der Stpfl. ist aber in jedem Fall zur sorgfältigen Auswahl und Überwachung des Erfüllungsgehilfen verpflichtet.

 

Rz. 20

Die Führung von Büchern und Aufzeichnungen ist gem. § 1 Abs. 2 Nr. 2 StBerG Hilfeleistung in Steuersachen. Sofern der Stpfl. die Buchführung nicht im eigenen Betrieb erstellt, ist die Befugnis zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung bei der Führung von Büchern und Aufzeichnungen gem. §§ 2, 3 StBerG grundsätzlich nur für die Angehörigen der rechts- und steuerberatenden Berufe gegeben. Dies sind Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwälte, Wirtschaftsprü...

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