Rz. 2

Die Selbstanzeige nach §§ 371, 378 Abs. 3 AO und die strafbefreiende Erklärung stehen als eigenständige Regelungsbereiche selbstständig nebeneinander und schließen sich daher grundsätzlich nicht gegenseitig aus (vgl. Joecks/Randt, Steueramnestie, Rz. 492; Tormöhlen/Klepsch, wistra 2003, 362, 368; Randt/Schauf, DStR 2003, 1369, 1374; Klengel/Mückenberger, BB 2003, 2094, 2097), insbesondere ist die strafbefreiende Erklärung gegenüber der Selbstanzeige keine diese verdrängende Spezialregelung. Der gegenseitige Ausschluss der beiden Institute richtet sich vielmehr nach § 7 Nr. 3 StraBEG: Soweit der Erklärende schon eine Selbstanzeige oder eine Berichtigungserklärung nach § 153 AO eingereicht hat, ist die strafbefreiende Erklärung – und zwar soweit – ausgeschlossen (vgl. § 7 StraBEG Rz. 12ff., 19f.; Sell/Schenking/Derlien, Steueramnestie 2004/2005, 13.1.2., 108). Ob dies allerdings auch dann gilt, wenn innerhalb eines Lebenssachverhalts verschiedene Steueransprüche ausgelöst werden[1] oder innerhalb einer Steuerart teilweise strafbefreiende Erklärung und teilweise Selbstanzeige vorliegen, ist höchst fraglich (vgl. Joecks/Randt, Steueramnestie, Rz. 494; Joecks, in F/G/J, Steuerstrafrecht, § 1 StraBEG Rz. 13). Innerhalb desselben Lebenssachverhalts ist jedoch eine Differenzierung ausgeschlossen (ebenso BMF v. 20.7.2004, IV A 4 – S 1928 – 94/04, DStR 2004, 1387, Frage 16; Joecks/Randt, Steueramnestie, Rz. 495 unter Hinweis auf den Willen des Gesetzgebers, eine Gesamtregelung zu schaffen). Andererseits soll nach Joecks/Randt, DStR 2004, 1461, 1464 wegen des Unterschieds zwischen Lebenssachverhalt und "Taten" z. B. i. S. d. § 8 Abs. 3 StraBEG eine Differenzierung innerhalb desselben Lebenssachverhalts jedenfalls dann möglich sein, wenn verschiedene Steuerarten berührt sind, und selbst dann, wenn diese tateinheitlich hinterzogen wurden. Für diese Auffassung spricht zwar, dass Gegenstand einer strafbefreienden Erklärung nach dem Wortlaut des StraBEG Taten und nicht Lebenssachverhalte sind. Auf der anderen Seite ist höchst zweifelhaft, wie der Begriff der Tat in diesem Zusammenhang auszufüllen ist, nämlich durch den materiell-rechtlichen, den strafprozessualen oder durch einen eigenständigen Begriff (vgl. zur Parallelproblematik bei der Selbstanzeige Joecks, in F/G/J, Steuerstrafrecht, § 371 AO Rz. 180).

Eine Günstigerprüfung durch die Finanzbehörde erfolgt nicht. Dazu ist diese weder aus § 89 AO verpflichtet noch wird sie dazu aufgrund der Angaben des Erklärenden in der Lage sein.

[1] Z. B. ESt = strafbefreiende Erklärung; USt = Selbstanzeige; ablehnend BMF v. 3.2.2004, IV A 4 – S 1928 – 18/04, BStBl I 2004, 225, Tz. 15.2.

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