1 Allgemeines

 

Rz. 1

Mit Art. 5a Abs. 3 der Amtshilferichtlinie wird erstmals ein ausdrücklicher Rechtsrahmen für bereits zuvor praktizierte Gruppenersuchen geschaffen. § 6b EUAHiG setzt dies in nationales Recht um und benennt die Voraussetzungen, unter denen ein Gruppenersuchen gestellt werden darf. Der Rechtsrahmen orientiert sich an den Vorgaben, die der EuGH an solche Gruppenersuchen gestellt hat.[1] Insofern ist § 6b EUAHiG eher deklaratorischer Natur.[2] In Abgrenzung zu § 6a EUAHiG gelangt § 6b EUAHiG dann zur Anwendung, wenn das Ersuchen eine Gruppe von StPfl. betrifft, die namentlich nicht bekannt oder identifizierbar sind.

Wie bei dem Merkmal der voraussichtlichen Erheblichkeit nach § 6a EUAHiG entsprechen auch die Anforderungen nach § 6b EUAHiG weitgehend dem OECD-Standard zu Gruppenersuchen.[3] Für rein inländische Sachverhalte ist das Sammelauskunftsersuchen nach § 93 Abs. 1a AO mit dem Gruppenersuchen nach § 6b EUAHiG vergleichbar. Die Anwendung von § 6b EUAHiG schließt die Anwendung von § 6a EUAHiG aus und umgekehrt, da beide Vorschriften alternative Sachverhalte betreffen.

[1] EuGH v. 25.11.2021, C-437/19, ABl EU 2022, Nr. Nr. C 51, 2.
[2] Hummel/Sendke, IStR 2021, 784 (788).
[3] OECD-MK 2017, Art. 26 Nr. 5.1f.; Hummel/Sendke, IStR 2021, 784 (789).

2 Einzelne Begriffsbestimmungen

 

Rz. 2

Da sich ein Gruppenersuchen nicht auf namentlich und individuell identifizierbare Personen bezieht, ist die Voraussetzung der voraussichtlichen Erheblichkeit besonders zu prüfen. Dies kann, anders als in den Fällen einer individuellen Amtshilfe, nicht allein am Maßstab des § 6a EUAHiG erfolgen. In der Folge modifiziert § 6b EUAHiG die voraussichtliche Erheblichkeit bei Gruppenersuchen dahingehend, dass bestimmte Parameter gegeben sein müssen, die die erforderliche Erheblichkeit typisierend unterstellen.[1] Daher handelt es sich bei einem Gruppenersuchen dann, wenn die Nr. 1 bis 4 benannten Voraussetzungen in dem Ersuchen in nachvollziehbarer Weise dargelegt sind, nicht um eine "fishing expedition" im Sinne einer Beweisausforschung.[2]

Nach Nr. 1 muss die ersuchende Behörde die Gruppe beschreiben. Da eine individuelle Identifizierung nicht möglich ist, muss die Zugehörigkeit zu einer Gruppe anhand nachvollziehbarer Kriterien identifizierbar sein. Damit soll der Kreis derjenigen, über die Informationen ausgetauscht werden, eingegrenzt werden.

Überdies sieht Nr. 2 eine Erläuterung der steuerlichen Vorschriften und des Sachverhalts vor, die Anlass zu der Vermutung gegeben haben, dass die Stpfl. dieser Gruppe die steuerlichen Vorschriften nicht eingehalten haben. Damit soll die steuerliche Bedeutung der Anfrage dargestellt werden. Es kommt nicht darauf an, ob es um bereits bekannte Stpfl. mit unbekannten steuerlichen Sacherhalten oder um der jeweiligen Finanzbehörde bis dahin gänzlich unbekannte stpfl. Personen geht. Auch eine Kombination beider Sachverhalte ist denkbar.

Ebenfalls Ausfluss der voraussichtlichen Erheblichkeit ist die Erläuterung der ersuchenden Behörde gemäß Nr. 3, wie die auf das Ersuchen hin erteilten Informationen dazu beitragen würden, die Einhaltung der steuerlichen Vorschriften durch die Stpfl. dieser Gruppe festzustellen. Damit soll insbesondere die Identifizierbarkeit der betroffenen Gruppe dargestellt werden.[3]

Schließlich gibt die ersuchende Behörde nach Nr. 4 eine Erläuterung des Sachverhalts und der Umstände in Bezug auf die Beteiligung eines Dritten, der aktiv zur potenziellen Nichteinhaltung der steuerlichen Vorschriften durch die Stpfl. der Gruppe beigetragen hat. Diese Angabe steht allerdings unter dem Vorbehalt, dass die ersuchende Behörde davon ausgeht, dass ein Dritter im ersuchten Staat bei der Erfüllung der Amtshilfe zu beteiligen ist. Dies kann, sofern die entsprechende Auskunft nicht bereits vom automatischen Auskunftsersuchen erfasst ist, beispielsweise ein Kreditinstitut sein.

[1] Vgl. EuGH v. 25.11.2021, C-437/19, ABl EU 2022, Nr. C 51, 2, Rz. 64f.
[2] EuGH v. 25.11.2021, C-437/19, ABl EU 2022, Nr. C 51, 2, Rz. 71f.
[3] Hummel/Sendke, IStR 2021, 784 (789).

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