Rz. 4

§ 4 Abs. 3 EUAHiG legt in einer abschließenden Aufzählung[1] fest, in welchen Fällen die Erteilung von Informationen an die Steuerbehörde des ersuchenden anderen Mitgliedstaates abzulehnen ist. Die Tatbestände, bei deren Vorliegen die Auskunftserteilung zu unterbleiben hat, sind eindeutig und klarer als bisher in § 3 Abs. 1 des EGAmtshG v. 19.12.1985 umschrieben. Sie haben damit der erforderlichen Abgrenzung zwischen den öffentlichen Interessen und den schützenswerten Interessen der Stpfl. Rechnung getragen. Die Entscheidung, ob ein Ablehnungsgrund gegeben ist, trifft das zentrale Verbindungsbüro bei der Entscheidung der Frage, ob die Auskunft auf das Ersuchen des anderen Mitgliedstaates zu erteilen ist oder ob dieses unzulässig wäre. Lehnt das zentrale Verbindungsbüro das Ersuchen eines anderen Mitgliedstaates ab, so sind dem anderen Mitgliedstaat die Gründe hierfür mitzuteilen.[2]

[1] Negativkatalog.

4.1 Unmöglichkeit nach deutschem Recht (Abs. 3 Nr. 1)

 

Rz. 5

Ist die Durchführung der erforderlichen Ermittlungen oder die Beschaffung der betreffenden Informationen nach deutschem Recht nicht möglich, so erteilt das zentrale Verbindungsbüro keine Antwort. Mit dieser Regelung wird Art. 17 Abs. 2 der Amtshilferichtlinie umgesetzt. Lässt etwa die AO die Durchführung der für die Auskunftserteilung erforderlichen Ermittlungen oder die Beschaffung der Informationen nicht zu oder steht ein anderes nationales Gesetz dem entgegen, so hat dieses Vorrang gegenüber der Auskunftserteilung nach dem EUAHiG. Dies kann beispielsweise bei Auskunftsverweigerungsrechten in Betracht kommen.[1]

4.2 Nichtausschöpfung eigener Ermittlungsmöglichkeiten (Abs. 3 Nr. 2)

 

Rz. 6

Hat der ersuchende Mitgliedstaat die üblichen eigenen Informationsquellen nicht ausgeschöpft, die ihm zur Erlangung der erbetenen Informationen zur Verfügung stehen, so ist die Erteilung einer Antwort unzulässig, es sei denn, die Erreichung des Zieles des EUAHiG auf zutreffende Besteuerung würde gefährdet. Der Ablehnungsgrund des Abs. 3 Nr. 2 EUAHiG ist aus Art. 17 Abs. 1 der Amtshilferichtlinie umgesetzt worden. Zur Erleichterung eines reibungslosen Amtshilfeverkehrs wollte der Rat der EU jeden Ballast nicht erforderlicher Amtshilfetätigkeiten vermeiden und hat deswegen die vorherige Pflichterfüllung der Mitgliedstaaten zur Ausschöpfung ihrer eigenen Ermittlungsmöglichkeiten als zwingende Voraussetzung angeordnet. Ein absolutes Ausschöpfen bis zur Erschöpfung aller eigenen Erkenntnisquellen kann jedoch nicht verlangt werden. Wie die Einschränkung am Ende der Formulierung des Ablehnungsgrundes zeigt, muss der andere Mitgliedstaat alle Maßnahmen ergriffen haben, die ohne Gefährdung des Ermittlungsziels möglich waren. Personalmangel und ähnliche Gründe sind allerdings keine Fälle des Erschöpfens der Ermittlungsmöglichkeiten.

4.3 Preisgabe eines Handels-, Gewerbe- oder Berufsgeheimnisses (Abs. 3 Nr. 3)

 

Rz. 7

§ 4 Abs. 3 Nr. 3 EUAHiG setzt Art. 17 Abs. 4 1. Halbsatz der Amtshilferichtlinie um. Würde durch die Beantwortung des eingehenden Ersuchens ein Handels-, Gewerbe- oder Berufsgeheimnis oder ein Geschäftsverfahren preisgegeben, so ist die Beantwortung eines eingehenden Auskunftsersuchens abzulehnen. In Abweichung von dem vorher geltenden § 3 Abs. 1 Nr. 4 EGAmtshG und von § 117 Abs. 3 Nr. 4 AO fordert § 4 Abs. 3 Nr. 3 EUAHiG wie auch Art. 26 OECD-Musterabkommen keine Gefahr eines Schadens durch die Preisgabe eines der Geheimnisse und Verfahren.

Die Aufzählung der Geheimnisse und Verfahren enthält ausschließlich unternehmensbezogene Geheimnisse.[1] Für die Bedeutung der Geheimnisse hat der BFH zum bisherigen Recht in einem Grundsatzurteil[2] eine einengende Auffassung vertreten. Es müsse sich um Tatsachen oder Umstände handeln, die von großer wirtschaftlicher Bedeutung und praktischer Nutzbarkeit handeln. Dieser Auffassung hatte sich auch die Verwaltung angeschlossen.[3] Wenn auch damals die Gefahr eines erheblichen Schadens drohen musste, auf die es jetzt nicht mehr ankommt, kann zwar die Möglichkeit einer staatlichen Wirtschaftsspionage nicht ganz ausgeschlossen werden. Das Funktionieren des gemeinsamen Binnenmarktes der EU muss jedoch wenigstens bei der Zusammenarbeit der Finanzverwaltungsbehörden von einem größtmöglichen Vertrauen in die Integrität der Verwaltung ausgehen können. Dennoch ist trotz der engen Auslegung der geschützten Geheimnisse für den Bereich der gewichtigen Geheimnisse der Schutz durch den Ausschluss von der Erteilung von Auskünften zu beachten.

4.4 Verletzung der öffentlichen Ordnung (Abs. 3 Nr. 4)

 

Rz. 8

Der Ausschluss der Beantwortung von Amtshilfeersuchen wegen Verletzung der öffentlichen Ordnung ist nicht nur auf Art. 17 Abs. 4 2. Halbsatz der Amtshilferichtlinie zurückzuführen, sondern auf die frühere Umsetzung von Art. 8 Abs. 2 der EG-Amtshilferichtlinie in § 3 Abs. 1 Nr. 3 und 4 des EGAmtshilfeG. Die Regelung hat ihren Ursprung in der allgemeinen völkerrechtlichen Vertragspraxis.[1] Die öffentliche Ordnung wird z. B. durc...

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