1 Allgemeines

 

Rz. 1

Die Vorschrift regelt in Umsetzung des Art. 12 Abs. 1 der Amtshilferichtlinie die gleichzeitige – also simultane – Prüfung durch deutsche und ausländische Finanzbehörden jeweils im eigenen Land.[1] Dies ist eine besondere Form des Informationsaustausches, die gerade im Zusammenhang mit einer genaueren Überprüfung von Steuerfällen stattfindet. Dabei kann es sich um die gemeinsame Prüfung bei einem oder mehreren Personen handeln, die Verbindungen irgendwelcher Art wie z. B. Geschäftsverbindungen, Wohnsitze und Geschäftstätigkeiten in mehreren Mitgliedstaaten haben oder in mehreren Mitgliedstaaten ansässig sind. Solche gleichzeitigen Prüfungen sind eine besondere und häufig besonders erfolgreiche Form des Informationsaustausches zwischen deutschen und ausländischen Finanzbehörden, die es auch bereits vor dem Inkrafttreten der EU-Amtshilferichtlinie und auch vor dem EUAHiG gab. Solche international koordinierten Außenprüfungen waren bereits in Art. 8b der EG-Amtshilferichtlinie vorgesehen. Sie wurden auch bereits seit Längerem praktiziert. Im deutschen Recht fehlte es bis zum Inkrafttreten von § 12 EUAHiG allerdings an einer ausdrücklichen Regelung, die zu gleichzeitigen und abgestimmten Außenprüfungen ermächtigte.

 

Rz. 2

Die gleichzeitige Prüfung wird auf Vorschlag der Finanzbehörde eines Mitgliedstaates, der diesen über das dortige zentrale Verbindungsbüro an das BZSt leitet, durch Vereinbarung beschlossen. Macht eine deutsche Finanzbehörde den Vorschlag, so kann das zentrale Verbindungsbüro[2] die Vereinbarung mit einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten schließen. § 12 EUAHiG erfasst damit sowohl eingehende als auch ausgehende Ersuchen. Schlägt ein anderer Mitgliedstaat eine gleichzeitige Prüfung vor, so entscheidet die betroffene deutsche Finanzbehörde, ob sie an dieser Prüfung teilnehmen wird.[3] Das Einverständnis oder eine begründete Ablehnung teilt das zentrale Verbindungsbüro dem anderen, vorschlagenden Mitgliedstaat binnen 60 Tagen mit. Ein Stpfl. hat keinen Anspruch auf Durchführung eines Joint Audits. Er kann die Durchführung eines solchen jedoch anregen. Zudem hat er kein Anwesenheitsrecht bei den Prüfungshandlungen, sofern diese nicht in den Räumen des Stpfl. vorgenommen werden.[4]

[2] Bundeszentralamt für Steuern (BZSt).
[4] Vgl. § 6 BpO.

2 Vereinbarung einer gleichzeitigen Prüfung (Abs. 1)

2.1 Allgemeines

 

Rz. 3

Zwei oder mehr Mitgliedstaaten können eine gleichzeitige Prüfung einer oder mehrerer Personen im jeweils eigenen Hoheitsgebiet vereinbaren. Ein Ziel dieser gleichzeitigen Prüfung ist der Informationsaustausch. Die gleichzeitig zu prüfende Person[1] oder Personen müssen für die gleichzeitig prüfenden Mitgliedstaaten von einem gemeinsamen oder ergänzenden Interesse sein. Die Schwelle für die erforderliche voraussichtliche Erheblichkeit[2] ist derjenigen einer rein inländischen Konzernprüfung nach nationalem Recht vergleichbar.[3]

Ausreichend ist, dass zum Zeitpunkt des Ersuchens und der Informationsweitergabe aus Sicht des ersuchenden Mitgliedstaats eine vernünftige Möglichkeit besteht, dass die begehrte Information für steuerliche Zwecke relevant sein wird. Darauf, ob die Information nach ihrer Übermittlung tatsächlich relevant ist, kommt es nicht an und eine mangelnde Relevanz macht das ursprüngliche Ersuchen nicht unzulässig.[4] Eine Zustimmung des betroffenen Stpfl. zu einer Simultanprüfung ist nicht erforderlich.

 

Rz. 4

§ 12 Abs. 1 EUAHiG behandelt die gleichzeitige Prüfung auf Vorschlag einer deutschen Finanzbehörde. Die Finanzbehörden, insbesondere die FÄ als örtliche Finanzbehörden machen den Vorschlag gegenüber dem zentralen Verbindungsbüro. Sie haben nähere Kenntnisse über Einzelfälle, für die eine gleichzeitige Prüfung angebracht ist und deswegen angeregt werden sollte. Da der Amtshilfeverkehr stets über die zentralen Verbindungsbüros der Mitgliedstaaten läuft, geht der Vorschlag der deutschen Finanzbehörde an das deutsche zentrale Verbindungsbüro. Dieses prüft, ob es nach § 4 EUAHiG zulässig ist, die durch die Prüfung erlangten Erkenntnisse und Informationen sowie auch die für die Vereinbarung der Prüfung im Vorfeld erforderlichen Kenntnisse auszutauschen.

2.2 Gemeinsame Prüfungen (Joint Audits)

 

Rz. 4a

Mit der Einführung von § 12 EUAHiG hat der Gesetzgeber die Möglichkeit zur Durchführung von simultanen Prüfungen geschaffen. Damit werden in zwei oder mehr Mitgliedstaaten zeitgleich Betriebsprüfungen betreffend denselben Stpfl. oder bei nahestehenden Personen durchgeführt.

§ 12 EUAHiG schafft nur die Möglichkeit zeitgleicher Prüfungen, die Anwesenheit ausländischer Bediensteter oder die Durchführung einer gemeinsamen Prüfung, sog. Joint Audits[1], wird allein dadurch nicht geregelt. Erst zusammen mit §§ 10 und 11 EUAHiG für die Anwesenheit ausländischer Bediensteter im Inland, bzw. inländischer Bediensteter im Ausland, und §§ 4 bis 6 EUAHiG für den Informationsausta...

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