Rz. 1

Diese Vorschrift setzt Art. 11 der Amtshilferichtlinie um. Wie § 10 EUAHiG die Anwesenheit und Teilnahme ausländischer Bediensteter an den Ermittlungen deutscher Finanzbehörden geregelt hat, sieht § 11 EUAHiG die Anwesenheit deutscher Bediensteter in anderen Mitgliedstaaten vor. Auch dieses setzt seit dem 1.1.2023 keine Vereinbarung zwischen dem deutschen zentralen Verbindungsbüro mit dem anderen Mitgliedstaat voraus, sondern bedarf lediglich eines Ersuchens des BZSt an den anderen Mitgliedstaat. Dies ergibt sich aus S. 2 der Vorschrift, der § 10 EUAHiG für sinngemäß anwendbar erklärt. Aus S. 2 i. V. m. § 10 EUAHiG ergibt sich auch, dass der inländische Bedienstete eine schriftliche Vollmacht vom zentralen Verbindungsbüro des anderen Mitgliedstaates erhält, durch die er sich stets als befugt legitimieren kann. Die Angaben zur Identität und dienstlichen Stellung wird das zentrale Verbindungsbüro des anderen Mitgliedstaates vom deutschen zentralen Verbindungsbüro erhalten. Die Befugnisse des inländischen Bediensteten bei einer Teilnahme an einer Außenprüfung in einem anderen Mitgliedstaat richten sich grundsätzlich nach §§ 193ff. AO. Gehen die Befugnisse nach dem Recht des Mitgliedstaates weiter als die inländischen, so kann sich der inländische Bedienstete bei Amtshandlungen im anderen Mitgliedstaat darauf grundsätzlich nicht berufen. Allerdings kann der Bedienstete des anderen Mitgliedstaates naturgemäß die ihm zustehenden Rechte wahrnehmen und dem inländischen Bediensteten im Rahmen des EUAHiG zur Verfügung stellen. Dabei handelt es sich um einen Informationsaustausch, der auch ohne Anwesenheit des inländischen Bediensteten zulässig gewesen wäre.

Wenn das Gesetz in § 11 EUAHiG von inländischen Bediensteten spricht, so geschieht das durch Übernahme des Begriffes des Bediensteten aus Art. 11 der Amtshilferichtlinie. Nach der Terminologie des deutschen Steuerverfahrensrechtes ist gem. § 7 AO der Begriff des Amtsträgers gemeint.

 

Rz. 2

Eine Anwesenheit von inländischen Amtsträgern in den Amtsräumen der Finanzbehörden anderer Mitgliedstaaten und die Teilnahme an Ermittlungshandlungen werden nur dann stattfinden, wenn ein ausgehendes Ersuchen vermutlich nicht zu der erforderlichen Klärung führt. Insbesondere wenn dieses wegen der Komplexität der erforderlichen Informationen der Fall ist, kommt eine Anwesenheit im anderen Mitgliedstaat in Betracht. Ob eine solche Komplexität gegeben ist, ist insbesondere eine Tatsachenfrage im Einzelfall, seltener eine Rechtsfrage. Sie kommt insbesondere bei der Prüfung grenzüberschreitender Verrechnungspreise in Betracht, bei der es neben steuerlichen Aspekten vor allem um die Aufklärung des Sachverhalts und um betriebswirtschaftliche Fragen geht. Die Entscheidung über die Entsendung eines inländischen Amtsträgers wird vor allem dann in Betracht zu ziehen sein, wenn ein Auskunftsersuchen nach § 6 EUAHiG voraussichtlich weniger geeignet ist, insbesondere wenn die Beantwortung der so gestellten Fragen voraussichtlich zu weiteren Fragen führt.[1] Zu Joint Audits, also zeitgleichen Betriebsprüfungen unter Anwesenheit inländischer Bediensteter im EU-Ausland, vgl. § 12 EUAHiG Rz. 4a.

Gemeinden und Gemeindeverbände können gem. § 3 Abs. 5 EUAHiG ebenfalls die Möglichkeit des § 11 EUAHiG wahrnehmen.

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