1 Allgemeines

 

Rz. 1

Die Vorschrift setzt Art. 11 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. a und b, Unterabs. 2 und Abs. 2 und 3 der Amtshilferichtlinie in der Fassung der DAC 7-Richtlinie[1] um. Sie sieht die Anwesenheit ausländischer Bediensteter anderer Mitgliedstaaten für Zwecke des Informationsaustauschs im Inland vor. § 10 Abs. 1 EUAHiG setzt für die Anwesenheit Bediensteter anderer Mitgliedstaaten nur deren Ersuchen voraus. Damit wird ein Gleichklang zu den übrigen Formen des Informationsaustauschs auf Ersuchen hergestellt.[2] Die noch bis zum 31.12.2022 erforderliche Vereinbarung zwischen dem BZSt als zentralem Verbindungsbüro und dem ersuchenden Mitgliedstaat ist damit entfallen.

 

Rz. 2

Der Begriff der ausländischen Bediensteten ist bewusst in Abweichung vom Begriff des Amtsträgers verwendet worden. Diese Bediensteten sind nämlich keine Amtsträger i. S. d. § 7 AO, da sich der Amtsträgerbegriff an das deutsche Recht anlehnt wie z. B. bei Beamten und öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnissen nach deutschem Recht. Bei den Bediensteten des anderen Mitgliedstaates muss es sich um befugte Bedienstete handeln. Wie § 10 Abs. 4 EUAHiG bestimmt, müssen diese sich jederzeit mit einer schriftlichen Vollmacht legitimieren können, aus der sich ihre Identität und dienstliche Stellung ergibt. Nur solche Bedienstete, die sich so legitimieren können, sind befugte Bedienstete.

Auch Gemeinden und Gemeindeverbänden steht die Möglichkeit offen, ausländischen Bediensteten die Anwesenheit in den Fällen des § 10 Abs. 1 EUAHiG zu gestatten. Die dazu erforderliche Voraussetzungen prüft das zentrale Verbindungsbüro.

[1] Klaproth, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, Vorbem. zum EUAHiG Rz. 3.
[2] BT-Drs. 20/3436, 81.

2 Informationsaustausch durch Anwesenheit ausländischer Bediensteter (Abs. 1)

 

Rz. 3

Die Vorschrift regelt die Anwesenheit ausländischer Bediensteter anderer Mitgliedstaaten für Zwecke des Informationsaustausches. Ihre Anwesenheit ist in drei Fallgruppen möglich, nämlich zum einen durch Anwesenheit in den Amtsräumen der deutschen Finanzbehörde, in denen diese ihre Amtstätigkeit ausübt[1], zum anderen bei behördlichen Ermittlungen, die auf deutschem Hoheitsgebiet durchgeführt werden.[2], und schließlich bei Befragung von Einzelpersonen und der Prüfung von Aufzeichnungen.[3] Bei der Befragung von Einzelpersonen und der Prüfung von Aufzeichnungen sind die nationalen Verfahrensvorschriften zu beachten. Dies betrifft in erster Linie die Vorschriften der AO, sodass insbesondere Auskunfts- und Vorlageverweigerungsrechte nach §§ 101ff. AO zu beachten sind oder bei Bedarf eine rechtzeitige Belehrung nach § 393 AO erforderlich ist. Der Verweis auf die Anwendung der nationalen Verfahrensvorschriften setzt insbesondere voraus, dass im Zweifel die Amtssprache[4] zu beachten ist, eine Befragung also auf Deutsch erfolgen muss. Sofern die Beteiligten dem zustimmen, kann darauf verzichtet werden.[5] Allerdings ist sicherzustellen, dass der ausländische Amtsträger über zureichende Sprachkenntnisse verfügt, um der Befragung folgen zu können.[6] Nur so kann sichergestellt werden, dass die Verfahrensvorschriften eingehalten werden. Daher reichen die Befugnisse des ausländischen Bediensteten nicht weiter als im inländischen Recht geregelt, selbst wenn die Vorschriften des ersuchenden Staates weitergehende Befugnisse regeln.

Zu Joint Audits, also zeitgleichen Betriebsprüfungen unter Anwesenheit ausländischer Bediensteter, vgl. Klaproth, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, § 12 EUAHiG Rz. 4a.

 

Rz. 4

Die Anwesenheit ausländischer Bediensteter und die Teilnahme an Ermittlungshandlungen einer deutschen Finanzbehörde setzen voraus, dass die Ermittlungen der deutschen Behörde auf deutschem Hoheitsgebiet stattfinden. Sind also deutsche Bedienstete bei der Tätigkeit eines anderen Mitgliedstaates anwesend, so kann nicht durch Vereinbarung des zentralen Verbindungsbüros mit einem dritten Mitgliedstaat die Anwesenheit von Bediensteten des dritten Mitgliedstaates im anderen Mitgliedstaat zugelassen werden.

 

Rz. 4a

§ 10 Abs. 1 S. 2 EUAHiG eröffnet die Möglichkeit, dass der Informationsaustausch mittels elektronischer Kommunikationsmittel erfolgen kann. Dies bedeutet insbesondere die Nutzung von Telefonkontakt oder Videokonferenzsystemen. Dies kann sich bei der nach § 10 Abs. 1 S 1 Nr. 3 EUAHiG vorgesehenen Befragung von Personen anbieten. Aber auch die Übermittlung eingescannter Dokumente zum Zwecke der Prüfung fällt darunter. Voraussetzung dafür ist über den Verweis auf § 87a Abs. 1 S. 3 AO eine verschlüsselte Verbindung, sofern die Beteiligten nicht darauf verzichtet haben.

 

Rz. 4b

In § 10 Abs. 1 S. 3 und 4 EUAHiG wird das Verfahren der Gewährung der Amtshilfe geregelt. Danach bestätigt das BZSt dem ersuchenden Staat binnen 60 Tagen nach Erhalt des Ersuchens sein Einverständnis zum Informationsaustausch bzw. begründet seine Ablehnung.

Bei der Entscheidung über die Gewährung der Amtshilfe durch die Anwesenheit von Bediensteten anderer Mitgliedstaaten im Inland steht dem BZSt Ermessen gem. § 5 AO zu. Sofern die Voraussetzungen der Amtshilferichtlinie erfüllt sind, ist das Ermessen ...

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