Rz. 3

Die Vorschrift regelt die Anwesenheit ausländischer Bediensteter anderer Mitgliedstaaten für Zwecke des Informationsaustausches. Ihre Anwesenheit ist in drei Fallgruppen möglich, nämlich zum einen durch Anwesenheit in den Amtsräumen der deutschen Finanzbehörde, in denen diese ihre Amtstätigkeit ausübt[1], zum anderen bei behördlichen Ermittlungen, die auf deutschem Hoheitsgebiet durchgeführt werden.[2], und schließlich bei Befragung von Einzelpersonen und der Prüfung von Aufzeichnungen.[3] Bei der Befragung von Einzelpersonen und der Prüfung von Aufzeichnungen sind die nationalen Verfahrensvorschriften zu beachten. Dies betrifft in erster Linie die Vorschriften der AO, sodass insbesondere Auskunfts- und Vorlageverweigerungsrechte nach §§ 101ff. AO zu beachten sind oder bei Bedarf eine rechtzeitige Belehrung nach § 393 AO erforderlich ist. Der Verweis auf die Anwendung der nationalen Verfahrensvorschriften setzt insbesondere voraus, dass im Zweifel die Amtssprache[4] zu beachten ist, eine Befragung also auf Deutsch erfolgen muss. Sofern die Beteiligten dem zustimmen, kann darauf verzichtet werden.[5] Allerdings ist sicherzustellen, dass der ausländische Amtsträger über zureichende Sprachkenntnisse verfügt, um der Befragung folgen zu können.[6] Nur so kann sichergestellt werden, dass die Verfahrensvorschriften eingehalten werden. Daher reichen die Befugnisse des ausländischen Bediensteten nicht weiter als im inländischen Recht geregelt, selbst wenn die Vorschriften des ersuchenden Staates weitergehende Befugnisse regeln.

Zu Joint Audits, also zeitgleichen Betriebsprüfungen unter Anwesenheit ausländischer Bediensteter, vgl. Klaproth, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, § 12 EUAHiG Rz. 4a.

 

Rz. 4

Die Anwesenheit ausländischer Bediensteter und die Teilnahme an Ermittlungshandlungen einer deutschen Finanzbehörde setzen voraus, dass die Ermittlungen der deutschen Behörde auf deutschem Hoheitsgebiet stattfinden. Sind also deutsche Bedienstete bei der Tätigkeit eines anderen Mitgliedstaates anwesend, so kann nicht durch Vereinbarung des zentralen Verbindungsbüros mit einem dritten Mitgliedstaat die Anwesenheit von Bediensteten des dritten Mitgliedstaates im anderen Mitgliedstaat zugelassen werden.

 

Rz. 4a

§ 10 Abs. 1 S. 2 EUAHiG eröffnet die Möglichkeit, dass der Informationsaustausch mittels elektronischer Kommunikationsmittel erfolgen kann. Dies bedeutet insbesondere die Nutzung von Telefonkontakt oder Videokonferenzsystemen. Dies kann sich bei der nach § 10 Abs. 1 S 1 Nr. 3 EUAHiG vorgesehenen Befragung von Personen anbieten. Aber auch die Übermittlung eingescannter Dokumente zum Zwecke der Prüfung fällt darunter. Voraussetzung dafür ist über den Verweis auf § 87a Abs. 1 S. 3 AO eine verschlüsselte Verbindung, sofern die Beteiligten nicht darauf verzichtet haben.

 

Rz. 4b

In § 10 Abs. 1 S. 3 und 4 EUAHiG wird das Verfahren der Gewährung der Amtshilfe geregelt. Danach bestätigt das BZSt dem ersuchenden Staat binnen 60 Tagen nach Erhalt des Ersuchens sein Einverständnis zum Informationsaustausch bzw. begründet seine Ablehnung.

Bei der Entscheidung über die Gewährung der Amtshilfe durch die Anwesenheit von Bediensteten anderer Mitgliedstaaten im Inland steht dem BZSt Ermessen gem. § 5 AO zu. Sofern die Voraussetzungen der Amtshilferichtlinie erfüllt sind, ist das Ermessen grundsätzlich vorgeprägt und dem Ersuchen in der Regel stattzugeben. Nur bei Vorliegen besonderer Gründe des Einzelfalls darf eine Ablehnung erfolgen. Reine Beschwerlichkeiten, die mit der Erfüllung des Ersuchens einhergehen, reichen dafür regelmäßig nicht aus.

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